Kampagne für ein Informationsfreiheitsgesetz des Bundes
Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) auf Bundesebene war das letzte von der rot-grünen Bundessregierung beschlossene Gesetz. Dafür hatten sich vorher in einer langen Kampagne zahlreiche Organisationen der Zivilgesellschaft, darunter auch das Netzwerk Recherche e.V., engagiert. Sie legten sogar einen eigenen Gesetzesentwurf vor. Hier finden Sie einige Dokumente über die Vorgeschichte des wichtigen Gesetzes.
Ziel dieser Initiative für ein Informationsfreiheitsgesetz
Unter “Informationsfreiheit” versteht man das Prinzip, dass die Unterlagen und Daten öffentlicher Stellen im Regelfall für jeden Bürger zugänglich sind. Deutschland ist neben Luxemburg das letzte Land in der Europäischen Union, das diese Offenheit nicht praktiziert, sondern am obrigkeitsstaatlichen Prinzip des sogenannten „Amtsgeheimnisses” festhält: Bei uns gilt bisher der Grundsatz, dass Informationen der Verwaltung nur im Ausnahmefall an interessierte Bürger weitergegeben werden, z. B.wenn die Antragsteller Akteneinsicht in eigener Sache begehren. Ein Informationsfreiheitsgesetz würde dagegen einen Informationsanspruch für jeden schaffen – unabhängig von der direkten Betroffenheit und sogar ohne dass ein solcher Antrag begründet werden müsste. Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) würde die Beweislast umkehren: Nicht mehr die Antragsteller müssten ihren Informationsanspruch begründen, sondern die Ämter oder Behörden müssten darlegen, warum sie im Ausnahmefall etwas nicht herausgeben können,weil z.B. der Datenschutz dem entgegensteht oder der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen.
Bisher wurden Informationsfreiheitsgesetze in den Bundesländern Brandenburg, Berlin, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen eingeführt. Die Erfahrungen dort zeigen, dass die meisten Bürger die Transparenzverpflichtung nutzen, um ganz naheliegende Dinge aus ihrem Wohnumfeld oder Interessengebiet zu erfragen: So kann man per Akteneinsicht oder durch eine schriftliche Auskunft (Aktenkopien) z. B. in Erfahrung bringen,was die Brandschutzbegehung im Kindergarten um die Ecke ergeben hat, wie die jüngste Verkehrszählung ausgefallen ist, oder was bei der Lebensmittelkontrolle gefunden wurde. Die befürchtete „Antragsflut” und zusätzliche Bürokratie, die die Gegner der Informationsfreiheit gerne ins Feld führen, ist nirgendwo eingetreten. Im Gegenteil: Das Mehr an Demokratie, das mit einer bürgernahen und offenen Verwaltung einhergeht, wurde mit dem IFG „günstig eingekauft”, so der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Fritz Behrens, über die Praxiserfahrungen auf Länderebene.
Auf Bundesebene kommt der Versuch, ein IFG einzuführen, trotzdem bisher nicht voran: Obwohl dieses Reformprojekt in den Koalitionsverträgen von 1998 und 2002 enthalten ist, scheiterte schon die Vorlage eines abgestimmten Gesetzentwurfes an Widerständen aus der Ministerialbürokratie und der Wirtschaft.
Um die Debatte über Informationsfreiheit zu beleben, hat sich ein Bündnis von fünf Organisationen zusammengefunden, das einen eigenen Gesetzesvorschlag zur Diskussion stellt: Die Journalistenorganisationen Deutscher Journalisten-Verband,Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di und Netzwerk Recherche sowie die Nichtregierungsorganisation Transparency International und die Bürgerrechtsgruppe Humanistische Union präsentieren hiermit einen eigenen Vorschlag für ein modernes, bürgerfreundliches und weitreichendes Informationsfreiheitsgesetz. Wir sehen in einem solchen Gesetz einen wichtigen Schritt zur Stärkung der demokratischen Mitwirkungsrechte der Bürger.Außerdem bauen wir auf einen Kulturwandel in Politik und Verwaltung, der durch dieses Gesetz angestoßen werden kann – hin zu mehr Transparenz und Bürgernähe. Für Journalisten würde das IFG die Recherchemöglichkeiten verbessern, vor allem indem Originaldokumente eingesehen werden können. Ferner trägt die Informationsfreiheit zur Korruptionsprävention bei, wie sich in den Staaten gezeigt hat, die auf eine lange Tradition der Behördentransparenz zurückblicken können.
Wir halten es für überfällig, dass die deutsche Verwaltung endlich ihr obrigkeitsstaatliches Erbe hinter sich lässt und mehr Offenheit gegenüber den Bürgern wagt. Es geht dabei nicht mal um einen “mutigen Reformschritt”, sondern letztlich nur darum, den Anschluss an längst erreichte Standards anderer westlicher Demokratien wiederzuerlangen.
Zentrale Punkte des IFG-Gesetzentwurfs von Netzwerk Recherche u.a.
- Öffentlichkeit von Informationen wird von der Ausnahme zur Regel
Bisher gilt in Deutschland das Prinzip des Amtsgeheimnisses. Danach haben Behördeninformationen internen Charakter, sofern sie nicht aufgrund besonderer Regelungen zugänglich sind. Durch das Informationsfreiheitsgesetz wird die Öffentlichkeit von Informationen bei staatlichen Stellen zur Regel und die Verweigerung des Zugangs zu Informationen die begründungsbedürftige Ausnahme. Diese Öffentlichkeit macht die Verwaltung transparenter und beugt Korruption vor.
- Weit gefasster Anspruch auf Zugang zu Informationen
Zu diesem Zweck wird ein weit gefasster Anspruch auf Zugang zu Informationen konstituiert. Jeder Person und Organisation steht dieser Anspruch als subjektives Recht zu.Der Nachweis eines Interesses oder sonst eine Begründung des Anspruches ist nicht erforderlich.
- Weit gefasster Anwendungsbereich des Gesetzes
Die Verpflichtung, Zugang zu Informationen zu gewährleisten,trifft alle öffentlichen Stellen des Bundes einschließlich solcher Privater, auf die der Bund Einfluss nehmen kann. Ausgenommen sind nur der Bundestag als Gesetzgeber sowie die Gerichte und sonstige Stellen, die in richterlicher Unabhängigkeit handeln.
- Eng gefasste Ausnahmeklauseln
Der erforderliche Schutz gewisser öffentlicher Interessen und privater Rechte wird gewährleistet. Regelungstechnisch wird der – international verankerte – Ansatz der „eng begrenzten, genau bestimmten” Ausnahmen zu Grunde gelegt. Das höchste Schutzniveau gilt für personenbezogene Informationen. Auch Betriebsund Geschäftsgeheimnisse werden einschließlich der Rechte am geistigen Eigentum streng geschützt. Die Ermittlungstätigkeiten von Polizei und Ordnungskräften sowie ein Kernbereich des behördlichen Entscheidungsprozesses behalten einen angemessenen Schutz. Das Informationsfreiheitsrecht vermittelt vor allem einen Rechtsanspruch des Bürgers gegenüber dem Staat. Entsprechend sind die Ausnahmeklauseln zum Schutz öffentlicher Interessen besonders eng gefasst.
- Einfache, aber strenge Verfahrensregelungen
Ohne strenge Verfahrensregelungen kann ein Informationszugangsrecht nicht wirksam werden. Der Gesetzentwurf trifft solche Regelungen in knapper und auch für die Allgemeinheit verständlichen Form. Es gelten enge Fristen für den Informationszugang. Antragsteller haben die Wahl hinsichtlich der Form des Informationszugangs (Auskunft, Einsicht in Unterlagen, Überlassung von Kopien). Bei teilweiser Unzugänglichkeit von Informationen müssen Restinformationen zugänglich bleiben.
Die Kosten für den Informationszugang werden bewusst niedrig angesetzt. Erstattet werden muss höchstens der Materialaufwand, nicht der Arbeitsaufwand öffentlicher Stellen.
- Wegbereitung für die Informationsgesellschaft
Der Gesetzentwurf trägt der steigenden Nutzung elektronischer Medien, insbesondere des Internets, Rechnung. Als Anreiz, die Verwaltung auf die Informationsgesellschaft vorzubereiten, sieht der Gesetzentwurf vor, dass individuelle Auskunftspflichten staatlicher Stellen entfallen, wenn diese auf einschlägige Veröffentlichungen im Internet verweisen können. Der Gesetzentwurf beschreibt außerdem einen Kernbestand an Informationen, die im Internet veröffentlicht werden müssen.
- Anpassung der Vorschriften über den Rechtsschutz
Das gerichtliche Verfahren im Streit um den Zugang zu Informationen weist viele Eigenheiten auf, die eine Anpassung des geltenden Rechtsschutzsystems erforderlich machen. Der Gesetzentwurf verfolgt eine „mittlere” Linie: Ergänzend zum gerichtlichen Rechtsschutz erhält der Bundesbeauftragte für Datenschutz die Rechte und Pflichten eines Informationsfreiheitsbeauftragten.
Erfahrungen in anderen Bundesländern haben gezeigt, dass dies nicht nur die Gerichte entlastet, sondern in hohem Maße dazu beiträgt, den betroffenen Bürgern rasch und unbürokratisch zu ihrem Recht zu verhelfen. Die Verwaltungsgerichtsordnung wird angepasst, damit Prozesse um Informationszugangsrechte zügig und kostengünstig durchgeführt werden können. Insbesondere wird der Rechtsweg schon dann eröffnet, wenn die öffentliche Stelle auf einen Antrag nicht rechtzeitig reagiert.
- Beobachtung der Erfahrungen mit dem Gesetz
Die Erfahrungen mit dem Gesetz sollen, teilweise als Statistiken, festgehalten werden, um insbesondere einen Verbesserungsbedarf für die Zukunft ausloten zu können.
- Verhältnis zu anderen Informationszugangsrechten
Das Gesetz definiert einen Mindeststandard der Zugänglichkeit von Informationen. Andere Gesetze können einen weitergehenden Informationszugang erlauben, weiter einschränken dürfen sie ihn nicht.
Der Entwurf für ein Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (PDF, 20 S., 771 KB) wurde im im April 2004 vorgelegt von Netzwerk Recherche, Deutscher Journalisten-Verband, Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union, Humanistische Union und Transparency International
Ausführliche Stellungnahme zum Gesetzentwurf von SPD und Grünen
Leider ist das jetzt in Kraft getretene IFG nicht so bürgerfreundlich ausgefallen, wie vom Netzwerk Recherche angestrebt wurde. Welche Kritikpunkte wir an dem Gesetz haben, ist der Stellungnahme zu entnehmen, die Netzwerk-Vertreter Dr. Manfred Redelfs im März 2005 im Namen des Bündnisses für Informationsfreiheit bei der Sachverständigenanhörung im Bundestagsinnenausschuss abgegeben hat.
Sachverständigenanhörung zum Informationsfreiheitsgesetz – IFG am 14.03.2005:
Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und Bündnis90/Die Grünen
Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG) Bundestagsdrucksache 15/4493 vom 14.12.2004
Autor: Netzwerk Recherche / Datum: 06.10.2022 /
Genau zehn Jahre nach der Einführung des bundesweit fortschrittlichsten Transparenzgesetzes in Hamburg hat ein zivilgesellschaftliches Bündnis, dem auch Netzwerk Recherche angehört, seinen Entwurf für ein Bundestransparenzgesetz vorgelegt. Der IT-Beauftragte der Bundesregierung und Staatssekretär im Innenministerium Markus Richter nahm den Gesetzentwurf des Bündnisses am 6. Oktober 2022 entgegen.
„In Sachen Transparenz und Informationsfreiheit hinkt der Bund den Ländern deutlich hinterher“, sagt Daniel Drepper, Vorsitzender des Netzwerk Recherche. „Bislang ist das Informationsfreiheitsgesetz für Bürger:innen und Journalist:innen abschreckend. In der Praxis merken wir jeden Tag, wie weit wir von einer echten Informationsfreiheit entfernt sind. Bisher ist zu diesem demokratisch wichtigen Vorhaben aber offenbar nichts passiert, deshalb greifen wir der Regierung gerne unter die Arme“, sagt Drepper. Mit dem Entwurf sollen Behörden verpflichtet werden, von sich aus Informationen wie Gutachten und Studien oder Verträge der öffentlichen Hand online zu veröffentlichen.
Dem Bündnis sei es wichtig gewesen, einen Entwurf aus der Zivilgesellschaft vorzulegen. „Das Transparenzgesetz ermöglicht die wirksame Kontrolle der Exekutive“, erklärt Arne Semsrott von der Transparenzplattform FragDenStaat. Es sei daher wichtig für die Demokratie, dass die Transparenzregeln nicht von der Ministerialbürokratie selbst kämen. „Die Erfahrungen aus Hamburg zeigen aber auch, dass die Behörden selbst von klaren Transparenzregeln profitieren.“ Weiterlesen
Autor: Netzwerk Recherche / Datum: 07.06.2022 /
Gemeinsam mit Mehr Demokratie, FragDenStaat, Transparency International Deutschland, der Deutschen Gesellschaft für Informationsfreiheit, Lobbycontrol und abgeordnetenwatch.de legt Netzwerk Recherche am 7. Juni einen Entwurf für ein Bundestransparenzgesetz vor.
Ein zivilgesellschaftliches Expertengremium hat einen Gesetzesentwurf für ein Bundestransparenzgesetz erarbeitet, der ab 7. Juni einen Monat lang (bis zum 8. Juli) von allen Bürger:innen online kommentiert werden kann. Die Ampel-Regierung hatte sich im Koalitionsvertrag verpflichtet, in dieser Legislaturperiode ein Transparenzgesetz für die Bundesebene auf den Weg zu bringen. Mit der Beteiligungsphase soll nun allen Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gegeben werden, ihre Meinungen und Wünsche zum Gesetz zu äußern.
Ein Transparenzgesetz ermöglicht allen Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu Unterlagen der Verwaltung, mit Ausnahme von besonders geschützten Informationen, für die z.B. der personengebundene Datenschutz greift. Im Unterschied zu Informationsfreiheitsgesetzen verpflichten Transparenzgesetze die Behörden nicht nur zur Freigabe auf Antrag, sondern zur bürgerfreundlichen automatischen Veröffentlichung im Internet.
„Normalerweise schreibt die Ministerialbürokratie die Gesetzentwürfe. Aber die ist es ja gerade, die transparenter werden soll“, erklärt Dr. Manfred Redelfs von der Journalistenorganisation Netzwerk Recherche. „Deshalb ist es gut, wenn die Zivilgesellschaft die Ausarbeitung eines Entwurfs nicht allein denen überlässt, die sich in der Vergangenheit an das Prinzip des Amtsgeheimnisses gewöhnt haben.“ Weiterlesen
Autor: Netzwerk Recherche / Datum: 23.08.2021 /
Gemeinsam mit mehr als 50 zivilgesellschaftlichen Organisationen fordert Netzwerk Recherche strengere Lobbyregeln. Der Appell richtet sich an die Parteien im Bundestagswahlkampf. Bisher benachteiligte Interessen müssten stärker in politische Entscheidungen einbezogen, der Einfluss finanzkräftiger Interessen begrenzt werden, heißt es in dem heute veröffentlichten Aufruf „Gemeinwohl stärken – Lobbytransparenz schaffen“. An der Initiative von LobbyControl beteiligen sich Organisationen aus den Bereichen Klima-, Umwelt- und Naturschutz, Entwicklungszusammenarbeit, Verbraucherschutz, Tierschutz, Seenotrettung, Demokratieförderung, Digitalrechte sowie Kinderhilfswerke und Sozialverbände. Unterzeichnet haben u.a. der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Campact, Oxfam, Mehr Demokratie, der Sozialverband Deutschland, das Deutsche Kinderhilfswerk, der Deutsche Tierschutzbund und der Deutsche Naturschutzring.
Aus Sicht der Organisationen sind mehr Transparenz und ein fairer Interessenausgleich „notwendiger als je zuvor“, um gesamtgesellschaftliche Herausforderungen wie die Klimakrise und die Folgen der Corona-Pandemie zu bewältigen.
Konkret fordert das Bündnis die Parteien auf, drei Maßnahmen in einen neuen Koalitionsvertrag aufzunehmen:
- Lobby-Fußspur für alle Gesetze: Ministerien sollen verpflichtet werden, bei Gesetzentwürfen alle Lobby-Einflussnahmen zu dokumentieren, um eine aufgeklärte öffentliche Debatte und parlamentarische Entscheidung zu ermöglichen.
- Reform der Parteienfinanzierung: Großspenden sorgen für ungleiche Einflussmöglichkeiten auf politische Entscheidungen. Parteispenden und Parteisponsoring müssen deshalb begrenzt und die Offenlegungsschwellen für Spenden drastisch gesenkt werden. Anonyme Wahlkampffinanzierung muss unterbunden werden.
- Offenlegung von Lobbykontakten: Exklusiv-Veranstaltungen der Bundesregierung mit Industrie-Lobbyist:innen wie der „Autogipfel“ müssen endgültig der Vergangenheit angehören. Um sicherzustellen, dass Zivilgesellschaft und Wissenschaft bei wichtigen Zukunftsfragen mit am Tisch sitzen, müssen Mitglieder der Bundesregierung verpflichtet werden, ihre Lobbykontakte offenzulegen, wie es für EU-Kommissionsmitglieder bereits Standard ist.
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Autor: Manfred Redelfs / Datum: 18.01.2017 /
Der Gesetzgeber muss die immer noch großzügigen Sonderregeln für den Bundesnachrichtendienst im Reformentwurf des Bundesarchivgesetzes streichen. Das fordern der Deutsche Journalisten-Verband (DJV), die dju in ver.di und Netzwerk Recherche aus Anlass der morgigen Abstimmung über den Gesetzentwurf im Deutschen Bundestag. Die drei Journalistenorganisationen kritisieren, dass Geheimdienste auch nach der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kultur und Medien weiterhin Ausflüchte nutzen können, um zu verhindern, dass Unterlagen an das Bundesarchiv übergeben werden müssen und damit der Öffentlichkeit zugänglich sind. „Das macht eine lückenlose journalistische Recherche unmöglich“, erklärt DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall.
„Es liegt auf der Hand, dass der deutsche Auslandsgeheimdienst kein Interesse an der journalistischen Aufbereitung seiner früheren Aktivitäten hat“, betont Manfred Redelfs aus dem Vorstand von Netzwerk Recherche. „Das Gesetz liefert jetzt einen Freibrief zur Informationsverweigerung – gegen die einhelligen Empfehlungen aus der Expertenanhörung.“
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Autor: Netzwerk Recherche / Datum: 03.12.2016 /
Initiative Transparenzklagen.de setzt Informationsfreiheit durch
Berlin, 3. Dezember 2016. Die Initiative Transparenzklagen.de, ein Gemeinschaftsprojekt der Gesellschaft für Freiheitsrechte und der Open Knowledge Foundation, wird künftig die gerichtliche Durchsetzung von Auskunftsansprüchen gegen Behörden und sonstige staatliche Institutionen unterstützen. Damit soll den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und der Länder zu mehr Wirksamkeit verholfen und auf diese Weise die demokratischen Mitwirkungsrechte der Bürger gestärkt werden.
In Ergänzung zur Plattform von FragDenStaat.de, über die bereits jetzt Auskunftsanfragen an Behörden gerichtet werden können, wird Transparenzklagen.de ausgewählte Anträge, die nicht oder nicht im gebotenen Umfang beantwortet wurden, gerichtlich weiterverfolgen. Die damit verbundenen Kosten werden im Rahmen von Patenschaften übernommen, außerdem organisiert Transparenzklagen.de die Rechtsvertretung, das heißt, für die einzelnen Verfahren werden jeweils kompetente Rechtsanwälte ausgewählt.
Um die Übernahme eine Patenschaft kann sich jeder bewerben, dessen Antrag auf Auskunft nach den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes oder eines Landes abgelehnt wurde – unabhängig davon, ob es sich um eine Privatperson, einen Journalisten/eine Journalistin oder einen Verein beziehungsweise Verband handelt. Ausgewählt werden die Fälle dann unter dem Gesichtspunkt der strategischen Rechtsverfolgung, das heißt, das Verfahren muss über den konkreten Fall hinaus grundsätzliche Bedeutung haben. Bisher wurde beispielsweise für eine Klage gegen das Bundesministerium für Gesundheit auf Herausgabe einer Liste der von ihr registrierten Top Level Domains die Patenschaft übernommen.
Die Finanzierung der Initiative erfolgt durch Spenden und die Förderung durch die Bewegungsstiftung Außerdem unterstützt die Rudolf Augstein Stiftung das Projekt im Rahmen der Kampagne „Informationen befreien“, die über das Thema Informationsfreiheit und über die Nutzung und Durchsetzung von Informationsfreiheitsrechten aufklärt.
Autor: Manfred Redelfs / Datum: 28.09.2016 /

Ausschnitt Tabelle 1 „Vergleich der Auskunftsgesetze in den Bundesländern.“ aus der OBS Studie 23
Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) des Bundes ist nun seit zehn Jahren in Kraft. Dieses allgemeine Recht auf Akteneinsicht ist u.a. auf Druck der Journalistenverbände und unter massgeblicher Beteiligung von Netzwerk Recherche zustande gekommen. Allerdings war es von Anfang an ein eher ungeliebtes Kompromissgesetz, mit vielen Ausnahmeklauseln vom Grundsatz der Transparenz, langen Antwortfristen und dem Risiko, dass für die Antragsteller hohe Kosten entstehen. Der Widerstand der Verwaltung gegen die neue Regelung und auch die Skepsis bei vielen Parlamentariern, ob denn eine solche Reform sinnvoll sei, war somit von Anfang an aus den mitunter restriktiven Bestimmungen herauszulesen.
Pünktlich zum Jubiläum hat nun die Otto-Brenner-Stiftung zusammen mit der Initiative “Frag den Staat” eine Analyse des IFG veröffentlicht, mit einer Zusammenfassung der Anwendungserfahrungen, einem Überblick zu den landesgesetzlichen Regelungen und Empfehlungen, wie das IFG zu einem echten Transparenzgesetz weiterentwickelt werden könnte. Der Autor, Arne Semsrott von Frag den Staat, selbst ein eifriger Nutzer des IFG, wendet sich dabei auch an die Zielgruppe der Journalisten. Er regt an, dass sie erstens dieses Rechercheinstrument häufiger nutzen und dies wie in Grossbritannien oder den USA dann auch bei den Artikeln kenntlich machen sollten. Zweitens appelliert er an die Verlage, gegen abschlägige Bescheide oder hohe Kostenforderungen juristisch vorzugehen, weil nur durch Musterentscheidungen eine Weiterentwicklung der Informationsfreiheit erreicht werden könne. Die lesenswerte Studie, die sich weitgehend mit der nr-Position zum Thema deckt, steht hier zum kostenlosen Download bereit.
Ein deutlich positiveres Fazit nach zehn Jahren IFG hat dagegen die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit, Andrea Vosshoff, Mitte September auf einer Tagung ihres Amtes in Berlin gezogen. Sie wertet die deutlich gestiegenen Antragszahlen von jährlich rund 9.000 für 2014 wie 2015 gegenüber unter 5.000 im Jahr 2013 als Indiz, dass das IFG sich seinen Platz erobert habe und zu einem immer wichtigeren Transparenzinstrument geworden sei. Allerdings ist hierzu kritisch anzumerken, dass die quantitative Steigerung in erster Linie auf Massenanträge an das Bundesfinanzministerium zurückgeht und mit Klagen gegen die Bafin in Zusammenhang steht, was die Bilanz etwas relativiert. Vosshoff forderte, die Ombudsrolle ihrer Behörde auch auf den Anwendungsbereich des Verbraucherinformationsgesetzes und Umweltinformationsgesetzes auszudehnen. Weiterlesen