### Newsletter Netzwerk Recherche . ISSN 1611-8871 . Ausgabe 18 vom 09.01.2005 . ## Inhalt. Abschnitt Eins: In Eigener Sache 01: Editorial. 02: Mangelware Recherche 03: Mitarbeiter willkommen: Seminar zu neuen Formen der Oeffentlichkeit im Netz Abschnitt Zwei: Veranstaltungen 04: Impuls-Treffen, Vorbereitung der NR-Jahrestagung 05: nr-Werkstatt: Presserecht in der Praxis - Chancen und Grenzen fuer den Recherche-Journalismus 06: Luxusgut Recherche? Engagierter Journalismus in Zeiten knapper Kassen Abschnitt Drei: Nachrichten 07: Informationsfreiheitsgesetz: Bundestag debattierte Gesetzentwurf 08: Medien Monitor der Columbia University Graduate School of Journalism Abschnitt Vier: Stipendien Und Preise 09: Finnland-Stipendium fuer junge Journalisten 10: Leipziger Medienpreis 2005 Abschnitt Fuenf: Artikel 11: RWE und Lobbyismus Abschnitt Sechs: Pressespiegel 12: Informationsfreiheitsgesetz. 13: Link-Index 14: Technische Hinweise 15: Impressum [Ende Inhaltsverzeichnis]. ## Abschnitt Eins: In Eigener Sache. # 01: Editorial. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das neue Jahr brachte schon Erfreuliches: Der Leipziger Medienpreis (siehe # 11) geht 2005 - neben anderen - an Hans-Martin Tillack, ein Mitglied des netzwerk recherche e.V. Wir gratulieren ihm herzlich zu dieser Ehrung; den beiden anderen Preistraegern selbstverstaendlich auch! Und das neue Jahr wirft seine Schatten voraus; in knapp fuenf Monaten (03./04.06.2005) werden wir uns wieder zum Jahrestreffen des netzwerk recherche im NDR in Hamburg treffen. Der nr-Vorstand hat beschlossen, fuer die inhaltliche Gestaltung dieser "Medienkonferenz von Journalisten fuer Journalisten" moeglichst viele Ideen aller Interessenten zu integrieren. Um diesen Prozess zu organisieren, findet am Sonntag, den 16.01. in der Evangelischen Medienakademie in Berlin (ab 10.00 Uhr) ein Impulstreffen zusammen mit dem nr-Vorstand statt (siehe # 04). Ideen, Anregungen, Konzepte und Programmpunkte werden hier gesammelt, strukturiert und formatiert. Wir hoffen auf zahlreiche Impulse, damit wir auch in diesem Jahr die in drei Jahren gewachsenen Ansprueche einloesen koennen. Es gruessen, Thomas Leif, Albrecht Ude # 02: Mangelware Recherche. Die journalistische Recherche muesste eigentlich auf die Liste der "aussterbenden Disziplinen" gesetzt werden - Recherche ist eine Seltenheit in deutschen Redaktionen. Das zeigt die Studie von Sven Preger, die unter dem Titel "Mangelware Recherche" erschienen ist. Sie ist der erste Band der neuen Serie "Recherche-Journalismus und kritische Medienpolitik", die vom netzwerk recherche herausgegeben wird. Sven Preger: "Mangelware Recherche" Muenster : LIT Verlag 176 S., ISBN 3-8258-8254-3, 9.90 EUR, http://www.lit-verlag.de/isbn/3-8258-8254-3 Presseinfo: http://www.netzwerkrecherche.de/newsletter/18/041212-nr-pm-mangelware-recherche.pdf {PDF-Datei, 3 S., 15 KB} # 03: Mitarbeiter willkommen: Seminar zu neuen Formen der Oeffentlichkeit im Netz. Das netzwerk recherche e.V. plant am Sa./So., 07./08. Mai in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale fuer politische Bildung (bpb) ein Fachseminar in Wiesbaden oder in Berlin. Thema: "Von neuen Oeffentlichkeiten zur heimlichen Medienrevolution - Welche Chancen hat eine kritische Internetkultur". Angesprochen sind Akteure in den Projekten, Medien-Macher, Medien-Kritiker und die interessierte Oeffentlichkeit. Es geht um neue Formen der Oeffentlichkeit im Netz und deren wichtigste Initiativen und Projekte; um deren kritische Wuerdigung, Rahmenbedingungen und Zukunftsperspektiven. Fuer die Planung und fuer die Durchfuehrung sind Mitarbeiter willkommen. Wer Lust und Interesse hat, melde sich bitte per E-Mail bei Albrecht Ude: mailto:albrecht [at] ude.de . [Ende der Mitteilungen In Eigener Sache]. ## Abschnitt Zwei: Veranstaltungen. # 04: Impuls-Treffen, Vorbereitung der NR-Jahrestagung. So. 16.01.2005, 10.00 Uhr, Berlin, Evangelische Medienakademie Berlin, Jebenstr. 3 An diesem Tag werden die wichtigen Programmelemente fuer das Jahrestreffen bestimmt und die jeweiligen Verantwortungsbereiche koordiniert. Wir sind auf die konzeptionelle Mitwirkung und verlaessliche Mitarbeit von moeglichst vielen angewiesen. Programmpunkte: - Was sind die wichtigsten Konferenz-Themen 2005? Welche Themen muessen befoerdert und debattiert werden? Was thematisieren wir - in Abgrenzung zu anderen Medien-Messen? Welche Personen koennen diese Themen wirkungsvoll praesentieren? - Welche Arbeitsgruppen sind dringend geboten? - Welche neuen Programm-Elemente koennen wir generieren? - Wie soll ein Programmheft zur Jahrestagung ausschauen? - Wer soll 2005 die 'Verschlossene Auster' bekommen? Programm zum Herunterladen: http://www.netzwerkrecherche.de/newsletter/18/050116-nr-impulstreffen.pdf {PDF-Datei, 2 S., 141 KB} Anmeldungen an: mailto:Thomas.Leif [at] faberdesign.de Mobil: 01 71 / 932 18 91 # 05: nr-Werkstatt: Presserecht in der Praxis - Chancen und Grenzen fuer den Recherche-Journalismus. Sa. 15.01.2005, Berlin, Evangelische Medienakademie Berlin, Jebenstr. 3 Auf dieser Fachkonferenz treffen Profis des Presserechts aus unterschiedlichen Bereichen Journalisten, die sich der intensiven Recherche verpflichtet fuehlen. Es geht um einen moeglichst praxisnahen "Know-how-Transfer", der die Arbeit kuenftig erleichtern und sensibilisieren soll, wie man gefaehrliche Klippen geschickt umschiffen kann. Es sind noch wenige Plaetze frei. Als Referenten werden u.a. teilnehmen: - Heike Gaertner, Cato-Justitiarin - Michael Fricke,CMS, Presseanwalt - Christoph Bach, Justitiar ZDF - Klaus Siekmann, NDR-Justitiar - Eberhard Kempf, RA - Hans Leyendecker - Dr. Christian Schertz, RA - Dr. Job Tilmann, Ex-Staatsanwalt - Dr. Hohmann, RA - Prof. Dr. Klaus Kocks (Cato) Programm: http://www.netzwerkrecherche.de/newsletter/18/050115-nr-presserecht.pdf {PDF-Datei, 2 S., 170 KB} Anmeldung: Netzwerk Recherche c/o Christoph Maria Froehder Roseggerstr. 8 60320 Frankfurt / M Tel. 069 / 56 38 65 Fax 069 / 56 22 11 mailto:Cmf-tv [at] t-online.de Fuer Mitarbeiter von ARD/ZDF gilt die Veranstaltung als ZFP-Fortbildung ohne Teilnehmergebuehr bei Anmeldung ueber die hauseigene Aus- und Fortbildung bzw. bei der ZFP. Kontakt: Stefan Ronbine Tel. 05 11 / 099 20 40 mailto:s.robine [at] zfp.de # 06: Luxusgut Recherche? Engagierter Journalismus in Zeiten knapper Kassen. Mi., 23.02.2005, 19:00 Uhr, Saarbruecken. Posiumsdiskussion von ver.di im Grossen Sitzungssaal des Konferenzgebaeudes des Saarlaendischen Rundfunks. Als Teilnehmer haben zugesagt: - Peter Stefan Herbst, der neue Chefredakteur der Saarbruecker Zeitung, - Inez Kuehn vom Bundesvorstand der Gewerkschaft ver.di, - Thomas Leif, netzwerk recherche e.V. - Fritz Raff, Intendant des Saarlaendischen Rundfunks, - Wilfried Voigt, freier Journalist aus Mainz. Die Moderation uebernimmt Wolfgang Wirtz-Nentwig, Plusminus-Redakteur des Saarlaendischen Rundfunks. [Ende der Veranstaltungen]. ## Abschnitt Drei: Nachrichten. # 07: Informationsfreiheitsgesetz: Bundestag debattierte Gesetzentwurf. In der letzten Bundestagssitzung des alten Jahres ist der Gesetzentwurf fuer ein Informationsfreiheitsgesetz (IFG) in erster Lesung behandelt worden. Kurz vor diesem Beratungstermin stand die Debatte sogar wieder auf der Kippe: Das Bundeskanzleramt und Innenminister Schily hatten kurzfristig von den Fraktionen verlangt, den Gesetzentwurf von der Tagesordnung herunter zu nehmen. Ihnen geht der Entwurf noch immer zu weit. Trotzdem haben die Fraktionen an diesem Tagesordnungspunkt festgehalten. Die Intervention aus dem Kanzleramt zeigt nochmals, wie hartnaeckig der Widerstand gegen dieses Transparenzgesetz nach wie vor ist. Die Plenardebatte verlief ausgesprochen lebhaft und ueberschritt die dafuer eingeplante Zeit deutlich. Redner aus allen Parteien bezogen sich auf den Verbandsentwurf von netzwerk recherche, DJV, dju, Transparency International sowie Humanistischer Union, wobei die Koalitionsfraktionen diese Initiative als wichtigen Anstoss wuerdigten, waehrend die Opposition der Regierung vorhielt, mit der eigenen Vorlage wesentlich zoegerlicher gewesen zu sein als die Verbaende. Innenminister Schily fuehlte sich durch den Hinweis der CDU, ihm sei vom netzwerk recherche fuer seine Informationsblockaden bereits die "Verschlossene Auster" verliehen worden, zu einem Statement von der Regierungsbank herausgefordert. Schily formulierte nochmals seine grundsaetzlichen Bedenken gegen das Reformprojekt. Ihm missfaellt die Tatsache, dass klare Antwortfristen vorgesehen sind, dass jeder Buerger ohne Begruendungspflicht ein Informationsrecht haben soll und dass vorgesehen ist, dem Datenschutzbeauftragten in Personalunion die Zustaendigkeit fuer das IFG zu uebertragen. Das IFG wird jetzt von den zustaendigen Ausschuessen beraten. Um die Position des Netzwerks Recherche einzubringen, werden wir zusammen mit den anderen Verbaenden die Fraktionsvorsitzenden anschreiben sowie alle Mitglieder des Innenausschusses und nochmals ausfuehrlich darlegen, in welchen Punkten wir die Regierungsvorlage fuer verbesserungswuerdig halten (vgl. Newsletter 17) und wie unsere Antwort auf die Kritik des Innenministers lautet. {Manfred Redelfs} Das Plenarprotokoll (Stenografischer Bericht, 149. Sitzung, 17.12.2004): http://www.g-bettin.de/cms/default/dokbin/52/52569.plenarprotokoll_erste_lesung_ifg.pdf {PDF-Datei, 116 S., 853 KB} "Informationsfreiheitsgesetz: Journalisten- und Buergerrechtsorganisationen begruessen den geplanten Abschied vom Amtsgeheimnis" Gemeinsame Pressemitteilung von netzwerk recherche, DJV, dju, Humanistische Union und Transparency International: http://www.netzwerkrecherche.de/newsletter/18/041217-pm-informationsfreiheit.pdf {PDF-Datei, 2 S., 68 KB} Vgl. auch den Pressespiegel (# 12). # 08: Medien Monitor der Columbia University Graduate School of Journalism. Das US-amerikanische Medienmagazin "Columbia Journalism Review" bietet auf einer speziellen Internetseite genannt "CJR Daily" Daten, Analysen und Kritik zur Berichterstattung der US-Medien. Die Redaktion des "CJR Daily" untersucht Berichterstattung aus Gebieten wie Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Technik und Recht. Die Aufgabe des CJR sei es, besseren Journalismus zu foerdern, schreibt das Team. "Die Zeit ist reif fuer eine solche Aufgabe. Nie zuvor war das Mediengetoese lauter, nie zuvor war der Besitzstand an Medien in so wenigen Haenden konzentriert, nie zuvor hat es so sehr danach ausgesehen, dass unzureichende Berichterstattung so viel Schaden ausrichten kann, nie zuvor waren die Medien essentieller fuer das politische Leben in Amerika." Die "CJR Daily" ging aus dem Projekt "Campaign Desk" hervor. Dabei hatte das CJR-Team die Wahlberichterstattung ueber die vergangene US-Praesidentenwahl analysiert und auf einer Internetseite kommentiert. Die "Columbia Journalism Review" wird von der "Graduate School of Journalism" der "Columbia University" in New York herausgegeben. Sie ist nach eigener Angabe Amerikas "Nr. 1-Medienbeobachter". "CJR Daily": http://www.campaigndesk.com/ Columbia Journalism Review: http://www.cjr.org/ Columbia Graduate School of Journalism: http://www.jrn.columbia.edu/ [Ende der Nachrichten]. ## Abschnitt Vier: Stipendien Und Preise. # 09: Finnland-Stipendium fuer junge Journalisten. Das Ministerium fuer Auswaertige Angelegenheiten Finnlands bietet jungen Journalisten und Journalistikstudenten im Alter zwischen 20 und 30 Jahren Stipendien fuer eine Recherchereise ("The Foreign Correspondents Program") nach Finnland. Das Stipendium beinhaltet Hin- und Rueckreise nach Finnland, Unterbringung in Einzelzimmern in einem Studentenwohnheim, Verpflegung sowie Transporte innerhalb Helsinkis. Bewerber sollten ueber gute Kenntnisse der englischen Sprache verfuegen. Das Programm beginnt am 1. August und endet am 31. August 2005. Die Bewerbungen werden an die Botschaft von Finnland in Berlin gerichtet. Dort erhaelt man auch naehere Auskuenfte ueber die Stipendien. Die Bewerbungsfrist endet am 15. Maerz 2005. Weitere Informationen zu Finnland, Stipendium und Bewerbung: Botschaft von Finnland: http://www.finnland.de/ Finnlands Ministerium fuer Auswaertige Angelegenheiten: http://formin.finland.fi/english/ Informationen ueber Finnland vom finnischen Ministerium fuer Auswaertige Angelegenheiten: http://virtual.finland.fi/ # 10: Leipziger Medienpreis 2005. Zum fuenften Mal ist der mit insgesamt 30 000 Euro dotierte Leipziger "Preis fuer die Freiheit und Zukunft der Medien" verliehen worden. 2005 geht er zu gleichen Teilen an den amerikanischen Journalisten Seymour M. Hersh, die deutschen Korrespondenten Britta Petersen und Hans-Martin Tillack sowie die russische Tschetschenien-Expertin Anna Politkowskaja. Dies entschied der Stiftungsrat der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig als Jury. Die Preise werden am 28. April 2005 in Leipzig uebergeben. Zu der Veranstaltung und begleitende Symposien werden die aktuellen und die bisherigen Preistraeger erwartet. http://www.leipziger-medienstiftung.de/ Presseinformationen (deutsch): http://www.netzwerkrecherche.de/newsletter/18/pm-leipziger-medienpreis-2005.pdf {PDF-Datei, 3 S., 75 KB} Presseinformationen (englisch): http://www.netzwerkrecherche.de/newsletter/18/pm-leipzig-media-award-2005.pdf {PDF-Datei, 2 S., 73 KB} [Ende der Stipendien Und Preise]. ## Abschnitt Fuenf: Artikel. # 11: RWE und Lobbyismus. {Diesen Text finden Sie auch als PDF-Datei (3 S., 15 KB) unter: http://www.netzwerkrecherche.de/newsletter/18/rwe-und-lobbyismus.pdf } "Fuer Geld kann man den Teufel tanzen lassen." Deutsches Sprichwort Lobbyismus: Fast ein Drittel der Parlamentarier haben Nebenjobs - Die Faelle Meyer und Arentz sind nur die Spitze der Intransparenz - Auskunftspflicht der Politiker muss nun umfassend geregelt werden. "Wenn sich jemand als Lobbyist bezeichnet, weist er sich als Dilettant aus", so charakterisierte der "Kommunikationsberater" Klaus Kocks vor wenigen Tagen in der Wiener Wirtschaftskammer sein Geschaeft. "Natuerlich mache ich Lobbyismus", ergaenzte Kocks kokett, "aber zugeben wuerde ich das nie." Klaus Kocks folgt der gaengigen parlamentarischen Leitkultur. Demnach ist "Lobbying das Durchsetzen von Interessen gegen den Widerstand anderer." Kocks sprach aus, was auch fuer den frueheren Vorsitzenden der christlich-demokratischen Arbeitnehmer (CDA) und den noch amtierenden CDU-Generalsekretaer gilt: Lobbyismus macht man, aber man spricht nicht drueber. Hermann-Joseph Arentz musste seine politische Karriere beenden, weil er 60.000 Euro im Jahr von der RWE Power AG kassierte, o h n e dafuer eine Gegenleistung erbracht zu haben. Diese Legende verbreiten selbst Eingeweihte in Politik und Medien. Die Empoerung galt vor allem dem suessen Nichtstun, der Abzocker-Mentalitaet eines moralisierenden Politikers ausgerechnet vom Sozialfluegel der Union. Der Gedanke, dass RWE gezielt fuer einen Lobbyisten zahlte, beziehungsweise diesen "anfuetterte", hat die Kommentatoren bisher noch nicht bewegt. Dabei erfuellt Arentz nahezu das Idealprofil eines Lobbyisten. Als Mitglied in den Spitzengremien der CDU verfuegte er ueber alle relevanten internen Vorlagen und Informationen zur Personal und Strategieplanung. Ein ideales Fruehwarnsystem fuer einen grossen Energiekonzern, der von Lobbyisten den wertvollen Rohstoff "Information" aus erster Hand kauft. Arentz kannte auch den parlamentarischen Betrieb wie seine Westentasche. Er konnte also die "richtigen Leute" im Parlament und der Ministerialbuerokratie zum "richtigen Zeitpunkt" vermitteln. Und schliesslich legen grosse Unternehmen Wert auf Direkt-Kontakte zum politischen Spitzenpersonal. Arentz verfuegte auch ueber die Faehigkeit, die gewuenschten Kontakte schnell und geraeuschlos herzustellen. Drei Schluesselqualifikationen, die der RWE 60 000 Euro wert waren. Aehnlich gelagert ist der Fall des CDU-Generalsekretaers, der seine fein abgestuften RWE-Zahlungsmodalitaeten nach und nach der Oeffentlichkeit praesentiert. Auf die drei genannten zentralen Lobby-Leistungen konnte RWE auch bei Laurenz Meyer zurueckgreifen. Mit gezielten Indiskretionen konnte ja niemand rechnen. Von den RWE-Geld-Transfers erfaehrt der interessierte Buerger unter der Rubrik "Veroeffentlichungspflichtige Angaben" des Bundestages nichts. Immerhin informiert Meyer freiwillig ueber seine Aufsichtsrats-Mitgliedschaft beim "Dachdecker Einkauf West eG, Hamm" und seine Geschaeftsfuehrer-Taetigkeit bei der "Gesellschaft zur Verwertung von Grundbesitz der Erben Christian Noelle mbH". Der Fall Arentz sei, so RWE Vorstandschef Harry Roels "nicht optimal behandelt worden." Ein Aergernis, zumal der Energiekonzern die Klaviatur des politischen Lobbying nahezu perfekt beherrscht. Mehr als 200 RWE-Mitarbeiter sind in der Politik aktiv; wer im Europaparlament, dem Bundestag oder den Landtagen dient und durch die Uebernahme des Mandats hinter der RWE-Einkommensentwicklung zurueckbleibt, erhaelt sogar einen Finanzausgleich. RWE bessert die Diaeten auf. Auf solch grosszuegige Verguenstigungen koennen sich auch Hunderte von Landraeten, (Ober)-Buergermeistern und andere hauptamtliche Kommunalbeamte verlassen. Etwa dreimal jaehrlich kommen sie regional gestaffelt im "Beirat RWE Energie AG" zusammen und kassieren dafuer rund 4000 Euro. Hier sprechen sie ueber Tarifsysteme, Fusionen, Rabatte, Strombezugspflichten und Sammelleitungs-Vertraege. Ganz privat. So sieht das jedenfalls das rheinland-pfaelzische Innenministerium. Dies seien "Nebentaetigkeiten im privaten Bereich". Die kommunalen Spitzenpolitiker seien als "Privatpersonen und nicht als Vertreter ihrer Dienstherren Mitglied im Beirat der RWE Energie AG." Es existiere deshalb keine Ablieferungspflicht, urteilt das fuer die Kommunalaufsicht zustaendige Innenministerium. (Landtag RLP, Drucksache 13/5586 vom 28.3.2000) Formal wird diese Praxis damit begruendet, dass "die Mitglieder aufgrund ihrer besonderen Kenntnisse und Erfahrungen "ad personam" berufen" werden. Ueber diese Grauzonen-Interpretation kann ein Landrat, selbst Mitglied in diesem Beirat, nur schmunzeln. "Umsonst ist der Tod" fasst der Landrat zusammen. "RWE investiert nur, wenn sich dadurch ein Vorteil erzielen laesst. Alles andere widerspricht der Lebenspraxis." Die dienstliche "Beteiligungsverwaltung" wird hier kurzerhand als "Privatangelegenheit" etikettiert. Auch in den "Regionalausschuessen des Verbandes kommunaler Aktionaere RWE" wird Politik gemacht. Die Oberbuergermeister von Essen, Dortmund und Oberhausen sitzen im Aufsichtsrat von RWE. Uebrigens auch der ver.di-Chef und der IG Metall-Vize. Die politische Landschaftspflege laesst sich RWE etwas kosten. Ueber das System schweigt der Konzern sich allerdings aus. RWE ist kein Einzelfall. Nur durch gezielte Indiskretion aus dem Unternehmen kam das Thema in die Schlagzeilen. Ansonsten gilt branchenintern der von einem Altana-Manager gepraegte Leitsatz: "Unsere Lobbyarbeit ist nicht oeffentlichkeitsfaehig." An diesen Grundsatz halten sich auch die meisten Bundestagsabgeordneten. Die woechentliche Arbeitszeit von 67 Stunden in Sitzungswochen hindert fast 30 Prozent der Parlamentarier nicht daran, Nebenjobs auszuueben. Dies ergab eine aktuelle, gross angelegte Studie der Universitaet Jena. Die Auskunftsbereitschaft ueber diese opulenten Nebenjobs haelt sich allerdings in engen Grenzen. Die entsprechenden Verhaltensregeln, die sich der Deutsche Bundestag auferlegt hat, sind so unverbindlich und unkontrollierbar wie Bankgeschaefte in Lichtenstein. Im Internet wird die offizielle Begruendung des Bundestages praesentiert: "Verbindungen zur Berufswelt sind im uebrigen auch gut fuer das Parlament." "Abgeordnete mit `Nebenjobs´ bringen Farbe ins Parlament." Solche naiven Begruendungen fuer die Nebenjobs der Abgeordneten spiegeln das Verhaeltnis des Parlaments zu den Lobbyisten. Viele Abgeordnete geniessen besonderes Ansehen, wenn das Parlament fuer sie nur ein Spielbein und die Wirtschaft das Standbein ist. Dies widerspricht allerdings dem selbst zugeschriebenen Berufsethos als professionelle Politiker, die laut Grundgesetz (Art. 38) an Auftraege und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind. Dafuer haben sie Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhaengigkeit sichernde Entschaedigung. (Art. 48) Das Bundesverfassungsgericht sah die Gefahr der Instrumentalisierung schon 1975. Die "Gefahr einer Beeintraechtigung der Unabhaengigkeit des Abgeordneten" droht "vor allem von einflussreichen Gruppen der Gesellschaft." Seit 30 Jahren hat sich in dieser Frage nichts mehr bewegt; vor allem CDU und FDP blockieren klare Verhaltensregeln und einen ueberpruefbaren Veroeffentlichungszwang aller Abgeordneten-Einkuenfte. Aber selbst Bundestags-Praesident Wolfgang Thierse (SPD) zoegert und zaudert, wenn es um glasklare Transparenzregeln geht. Die populaeren Faelle Arentz und Meyer haben nun sogar zwei amtierende Ministerpraesidenten auf den Plan gerufen. Kurt Beck und Peer Steinbrueck haben sich zu Wortfuehrern fuer eine Offenlegung von Politiker-Einkuenften gemacht. Sie fordern den glaesernen Abgeordneten, um den Buergern das Gefuehl der Transparenz zu vermitteln. Abzuwarten bleibt, ob auf diesen politischen Zwischenruf weitere Initiativen und dann eine nachvollziehbare Gesetzesaenderung folgen wird. Beck und Steinbrueck muessen sich gegen eine starke Lobby im Parlament durchsetzen. Denn wie heisst es so selbstbewusst und gleichzeitig verschleiernd auf der Homepage des Bundestages zu den fraglichen Nebenjobs: "Nebeneinkuenfte unterliegen strengen Verhaltensregeln. (...) Es gibt keine andere Berufsgruppe in Deutschland, die sich aehnliche Verpflichtungen auferlegt hat." Auf diese Bundestags-Prosa hatten sich auch Arentz, Meyer und die RWE verlassen. {Thomas Leif} Buchempfehlung zum Thema: Die stille Macht : Lobbyismus in Deutschland / herausgegeben von Thomas Leif und Rudolf Speth. - 2. Aufl. - Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, 2004. - 385 Seiten. - Broschur. - 32,90 Euro ISBN 3-531-14132-5 [Ende der Artikel]. ## Abschnitt Sechs: Pressespiegel. # 12: Informationsfreiheitsgesetz. Kanzleramt will Recht auf Akteneinsicht stoppen Sigrid Averesch. - Berliner Zeitung, 11.12.2004 http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2004/1211/politik/0061/ Ein bisschen Informationsfreiheit Steffen Grimberg. - Die Tageszeitung, 15.12.2004 http://www.taz.de/pt/2004/12/15/a0139.nf/text.ges,1 Das Ende der Amtsgeheimnisse? Stefan Uhlmann, ddp. - Der Spiegel, 17.12.2004 http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,333323,00.html Abschied vom Prinzip Staatsgeheimnis Steffen Grimberg. - Die Tageszeitung, 17.12.2004 http://www.taz.de/pt/2004/12/17/a0102.nf/text Bundestag debattiert ueber Informationsfreiheitsgesetz Stefan Krempl. - heise.de, 17.12.2004 http://www.heise.de/newsticker/meldung/54406 Informationsfreiheitsgesetz kommt Helmut Lorscheid. - telepolis, 17.12.2004 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/19/19036/1.html "Das koennte fuer uns schaedlich sein" : Interview mit Sigrid Hintzen, BDI Steffen Grimberg. - Die Tageszeitung, 23.12.2004 http://www.taz.de/pt/2004/12/23/a0159.nf/text.ges,1 [Ende des Pressespiegel]. # 13: Link-Index. Hyperlinks im Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 18 02: Mangelware Recherche http://www.lit-verlag.de/isbn/3-8258-8254-3 http://www.netzwerkrecherche.de/newsletter/18/041212-nr-pm-mangelware-recherche.pdf 04: Impuls-Treffen, Vorbereitung der NR-Jahrestagung http://www.netzwerkrecherche.de/newsletter/18/050116-nr-impulstreffen.pdf 05: nr-Werkstatt: Presserecht in der Praxis http://www.netzwerkrecherche.de/newsletter/18/050115-nr-presserecht.pdf 07: Informationsfreiheitsgesetz: Bundestag debattierte Gesetzentwurf http://www.g-bettin.de/cms/default/dokbin/52/52569.plenarprotokoll_erste_lesung_ifg.pdf http://www.netzwerkrecherche.de/newsletter/18/041217-pm-informationsfreiheit.pdf 08: Medien Monitor der Columbia University Graduate School of Journalism http://www.campaigndesk.com/ http://www.cjr.org/ http://www.jrn.columbia.edu/ 09: Finnland-Stipendium fuer junge Journalisten http://www.finnland.de/ http://formin.finland.fi/english/ http://virtual.finland.fi/ 10: Leipziger Medienpreis 2005 http://www.leipziger-medienstiftung.de/ http://www.netzwerkrecherche.de/newsletter/18/pm-leipziger-medienpreis-2005.pdf http://www.netzwerkrecherche.de/newsletter/18/pm-leipzig-media-award-2005.pdf 11: RWE und Lobbyismus http://www.netzwerkrecherche.de/newsletter/18/rwe-und-lobbyismus.pdf 12: Informationsfreiheitsgesetz (Pressespiegel) http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2004/1211/politik/0061/ http://www.taz.de/pt/2004/12/15/a0139.nf/text.ges,1 http://www.spiegel.de/netzwelt/politik/0,1518,333323,00.html http://www.taz.de/pt/2004/12/17/a0102.nf/text http://www.heise.de/newsticker/meldung/54406 http://www.heise.de/tp/r4/artikel/19/19036/1.html http://www.taz.de/pt/2004/12/23/a0159.nf/text.ges,1 [Ende des Link-Index]. # 14: Technische Hinweise. Der Aufbau dieses Newsletters folgt dem 'Text E-Mail-Newsletter Standard' (TEN S). Der TEN S wurde entwickelt, um in textbasierten E-Mail-Newslettern die Orientierung zu vereinfachen. Speziell fuer jene Nutzer, die Geraete und Programme zur Sprachausgabe oder andere spezielle Zugriffstechniken verwenden. Die Startseite des TEN S ist: http://www.headstar.com/ten/ . Die deutsche Uebersetzung des TEN S finden Sie hier: http://www.ude.de/ten/ . Als Navigationshilfe fuer Screen Reader beginnen alle Ueberschriften mit einem Doppelkreuz "#" und enden mit einem Punkt "." Die Inhalte sind nummeriert, die Nummern folgen direkt nach dem Doppelkreuz. Einige lange Hyperlinks in diesem Newsletter werden durch Ihr E-Mail-Programm moeglicherweise auf mehrere Zeilen umgebrochen, so dass sie nicht funktionieren. Kopieren Sie in diesem Fall bitte die komplette Zeichenkette des Hyperlinks in die Adresszeile Ihres Webbrowsers. Um PDF-Dateien ('Portable Document File' der Firma Adobe, Dateiendung '.pdf') zu oeffnen, benoetigen Sie den 'Acrobat Reader'. Sie koennen ihn kostenlos hier herunterladen: http://www.adobe.de/products/acrobat/readstep.html [Ende Technische Hinweise]. # 15: Impressum. Newsletter Netzwerk Recherche . ISSN 1611-8871 . Dieser Newsletter wird herausgegeben vom Netzwerk Recherche e.V. c/o Dr. Thomas Leif Marcobrunner Str. 6 65197 Wiesbaden http://www.netzwerkrecherche.de/ . Das netzwerk recherche e.V. ist eine Lobby fuer den investigativen Journalismus. Es vertritt die Interessen jener Kollegen, die (oft gegen Widerstaende in Verlagen und Sendern) intensive Recherche durchsetzen wollen. Ausserdem foerdert das netzwerk recherche die Verbesserung von Aus- und Fortbildung im Bereich Recherche. Der Newsletter Netzwerk Recherche ist urheberrechtlich geschuetzt. Das Copyright liegt beim netzwerk recherche e.V. Das Urheberrecht namentlich gekennzeichneter Artikel liegt bei deren Verfassern. 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