Jk-11 - PREVIEW

nr-Jahreskonferenz 2011

Referenten
Susanne Glasmacher
Mod.: Steffi Radke
Programm
Tag Samstag - 2011-07-02
Raum K7
Beginn 16:00
Dauer 01:00
Info
ID 34
Track Lessons: Rechercheberufe
Sprache der Veranstaltung deutsch
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Rechercheberufe XIII

Die EHEC-Vermittlerin

Susanne Glasmacher, Pressesprecherin Robert Koch-Institut

Fragen an Susanne Glasmacher

Wie definieren Sie die Art der Recherchearbeit, die das Robert Koch-Institut bei der Aufklärung von Krankheiten leistet?

  • Es gibt unterschiedliche wissenschaftliche Methoden. Die epidemiologischen Methoden, die bei einem Krankheitsausbruch eingesetzt werden, sind in den Erläuterungen zur Durchführung epidemiologischer Studien beschrieben, die auch im Internet abrufbar sind (siehe Links) Eine wichtige Grundlage liefern auch die Meldedaten gemäß Infektionsschutzgesetz. Bei den aktuellen epidemiologischen Analysen wurden alle HUS- und EHEC-Erkrankungsfälle, die ab dem 1. Mai 2011 erkrankt waren ‑ aber in der Regel erst später gemeldet wurden ‑ mit einbezogen. Hierbei muss zwischen Datum des Erkrankungsbeginns, dem Datum der Krankenhausaufnahme und dem Datum der Meldung an das Gesundheitsamt unterschieden werden. Ein Fall muss vom diagnostizierenden Arzt, ein Erregernachweis vom Labor innerhalb von 24 Stunden an das Gesundheitsamt übermittelt werden. Das Gesundheitsamt überprüft die Information und gibt sie in eine elektronische Datenbank ein. Spätestens am dritten Arbeitstag der folgenden Woche wird die Information an die zuständige Landesbehörde elektronisch übermittelt, spätestens innerhalb einer weiteren Woche elektronisch an das RKI (gemäß Infektionsschutzgesetz § 11). Nach Bekanntwerden des EHEC/HUS-Ausbruchs bat das RKI die zuständigen Behörden in der Woche vom 23. Mai 2011 um tägliche Übermittlung. Momentan liegt die Zeitdauer zwischen Eingang der Meldung im Gesundheitsamt bis zum Eingang im RKI meist zwischen ein bis vier Tagen. Der Meldeweg ist ausführlich erläutert im Infektionsepidemiologischen Jahrbuch, siehe www.rki.de -> Infektionsschutz -> Infektionsepidemiologisches Jahrbuch. Bei besonderen Ereignissen kann man davon ausgehen, dass die erste Kontaktaufnahme in der Regel auch telefonisch erfolgt (auch im Infektionsepidemiologischen Jahrbuch). Außerdem werden bedarfsorientiert neue meist zeitlich begrenzte Datenerhebungen durchgeführt. Epidemiologen bezeichnen das als Surveillance-System (englisch für „Überwachung“) oder Sentinel, ein englischer Begriff, der „Wächter“ bedeutet. Beim aktuellen EHEC/HUS-Ausbruch wurden zum Beispiel Notaufnahmen von Krankenhäusern gebeten, Daten zu neu aufgenommenen blutigen Durchfällen zu erheben und dem RKI rasch und regelmäßig (täglich, auch Wochenenden) zu übermitteln. Eine Übersicht über langfristig angelegte Sentinels ist auf den RKI-Internetseiten in der Rubrik Infektionsschutz abrufbar („Sentinels“). Eine Übersicht über die Arbeiten der Abteilung Infektionsepidemiologie ist zu finden unter www.rki.de > Das Institut > Abteilung 3. Neben den infektionsepidemiologischen Arbeiten sind die Laborarbeiten sehr wichtig. Am RKI ist das Nationale Referenzzentrum für Salmonellen und andere bakterielle Enteritiserreger angesiedelt, in dem Patientenproben und die Eigenschaften des Erregers untersucht werden. Außerdem arbeitet das RKI auf dem Gebiet der Krankenhaushygiene und veröffentlicht Empfehlungen für die Fachöffentlichkeit (die generell die wichtigste Zielgrppe des RKI ist). Die Infektionsepidemiologen, Laborwissenschaftler und Krankenhaushygieneexperten arbeiten eng zusammen.

  • Eine stichwortartige Übersicht über die RKI-Aktivitäten insgesamt enthält das Faltblatt „Das Robert Koch-Institut im Überblick“, siehe www.rki.de -> Das Institut oder direkt (siehe Links). Nützlich ist vielleicht auch die RKI-Institutsbroschüre, wo es auch ein Kapitel zu den infektionsepidemiologischen Arbeiten gibt, siehe www.rki.de -> Das Institut.

Mit welchen Mitteln recherchieren welche Mitarbeiter(Experten) (wieviele?) -Stichwort: Notfall-Teams-Ausbruchs-Teams ... ?

  • Die Infektionsepidemiologen sind in der Regel Human- oder Veterinärmediziner mit Berufserfahrung und spezieller Ausbildung in Epidemiologie. Es gibt auch ein spezielles Trainee-Programm, in dem epidemiologische Methoden und Ausbruchsuntersuchungen vermittelt werden. Eine wichtige Methode sind Fallkontrollstudien, das sind standardisierte Befragungen von Patienten und geeignteten gesunden Vergleichspersonen. Weiteres siehe auch Antwort auf Frage 1, erster Teil.

Mit welchen anderen Instituten arbeitet das RKI zum Beispiel im Fall Ehec zusammen?

  • Im Lebensmittelbereich: Bundesinstitut für Risikobewertung und Bundesamt für Verbraucherschutz. Gesundheitsseite: Landesgesundheitsministerien (vor allem „Seuchenreferenten“); Wissenschaftliche Fachgesellschaften (z.B. Deutsche Gesellschaft für Nephrologie, Deutsche Gesellschaft für Infektiologie), Krankenhäuser, Europäisches Zentrum für Krankheitskontrolle und Prävention, Weltgesundheitsorganisation, weitere internationale Experten z.B. CDC, Konsiliarlabor für HUS, Bundesministerium für Gesundheit, Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung,

Gab es konkrete Störfaktoren, sei es von Seiten der Medien oder anderer Institute, die die Arbeit , die Recherche des RKI im Falle Ehec behindert haben?

  • Es gab bei dem Ausbruch keine Institute, die die Arbeit behindert hätten. Ansonsten ähneln die Störfaktoren frühereren Ereignissen (siehe z.B. den Beitrag „Erster Erfahrungsaustausch zur H1N1-Pandemie in Deutschland 2009/2010“ im Bundesgesundheitsblatt Mai 2010, siehe Links). Nennen könnte man hier z.B.
  • Experten, die sich mit infektionsepidemiologischen Arbeiten nicht auskennen,
  • Journalisten, die den Pförtner bzw. den Wachschutz an der Pforte zitieren
- die Medienmechanismen insgesamt

Wie groß ist der Verbesserungsbedarf bei der (von den Medien manchmal kritisierten) Zusammenarbeit der jeweilig zuständigen Stellen und der Veröffentlichung der Ergebnisse?

  • Die Zusammenarbeit der Bundesinstitute im Gesundheits- und im Lebensmittelbereich ist eng und gut, auch die Zusammenarbeit innerhalb der Gesundheitsseite. Hier ist in den vergangenen Jahren ein gut funktionierendes Netzwerk entstanden, insbesondere mit den Seuchenreferenten der Bundesländer, das sich auch bei Ereignissen wie SARS oder Influenza bewährt hat. Zur Zusammenarbeit innerhalb des Lebensmittelbereichs kann ich nichts sagen. Was die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern betrifft: Die Bundesländer sind für Infektionsschutz zuständig, es gibt regelmäßige Koordinierungsrunden auf verschiedenen Hierarchieebenen. Einzelne Aktivitäten der Länder kommentieren wir generell nicht.