Jk-11 - PREVIEW

nr-Jahreskonferenz 2011

Referenten
Klaus Kocks
Nils Klawitter
Robert Ardelt
Tobias Korenke
Mod.: Gottlob Schober
Programm
Tag Freitag - 2011-07-01
Raum K3
Beginn 17:30
Dauer 01:00
Info
ID 6
Veranstaltungstyp Podium
Track Debatte
Sprache der Veranstaltung deutsch
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Schön, Euch zu haben

Was Pressesprecher über Journalisten denken

Journalisten kommen ohne Vorbereitung zu Pressekonferenzen, hinterfragen die Sprechblasen der Pressesprecher nicht, wollen lieber Kugelschreiber als Antworten auf kritische Fragen. Wie viel Wahrheit steckt in diesem Klischee vom bequemen Informationsempfänger? Welche Beispiele und Gegenbeispiele gibt es? Ist die Schwäche der Journalisten die größte Stärke der PR-Profis? Pressesprecher berichten - und halten Journalisten den Spiegel vor.

Leitfragen

  • Frei nach dem Motto "Schön Euch zu haben" - Welche Charakteristika prägen Ihrem Erleben nach die Beziehung zwischen Journalisten und PR-Profis?
  • Wie hat sich das Verhältnis beider Professionen aus Ihrer Wahrnehmung in den vergangenen Jahren entwickelt bzw. verändert?
  • Das Klischee: Journalisten kommen ohne Vorbereitung zu Pressekonferenzen, hinterfragen die Sprechblasen der Pressesprecher nicht, wollen lieber Kugelschreiber als Antworten auf kritische Fragen. Wie viel Wahrheit steckt in diesem Klischee vom bequemen Informationsempfänger?
  • Mit welchen Beispielen lassen sich – Ihrer Erfahrung nach – professionelle Schwächen der Journalisten veranschaulichen?
  • Inwiefern lassen sich auch auf der Seite der Public Relations Fehlentwicklungen beobachten – und welche Gründe sehen Sie dafür?
  • Wenn es nach Ihnen ginge: Welche drei Regeln für das Mit- und Gegeneinander würden Sie aufstellen bzw. wünschen Sie sich?

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ROBERT ARDELT, Director Corporate Communications APCO Worldwide

Frei nach dem Motto "Schön Euch zu haben" - Welche Charakteristika prägen Ihrem Erleben nach die Beziehung zwischen Journalisten und PR-Profis?

  • Vorurteile, Respekt, offene Ablehnung, notwendiges Übel, hilfreiche Vorarbeiter, gute Quellen – die ganze Bandbreite eben. Eine leicht (selbst?)ironische Gelassenheit bei professioneller Zusammenarbeit – das sollten wir anstreben.

Wie hat sich das Verhältnis beider Professionen aus Ihrer Wahrnehmung in den vergangenen Jahren entwickelt bzw. verändert?

  • „Früher war alles besser“ ist natürlich Unsinn. Im Gegenteil, nie war es so spannend Kommunikation zu „machen“. PR hat sich emanzipiert, kann eigene Kanäle eröffnen, braucht den Journalisten nach wie vor, aber eben nicht mehr so sehr wie vor Facebook und Co. Nicht alle Journalisten freut dies. Auf der anderen Seite hat auch PR an Gestaltungsmöglichkeit verloren, die Öffentlichkeit 2.0 zeigt eine ganz eigene Realität, nur noch extreme Steuerungsoptimisten können glauben, dass PR Wahrnehmung gestaltet/beeinflusst.

Das Klischee: Journalisten kommen ohne Vorbereitung zu Pressekonferenzen, hinterfragen die Sprechblasen der Pressesprecher nicht, wollen lieber Kugelschreiber als Antworten auf kritische Fragen. Wie viel Wahrheit steckt in diesem Klischee vom bequemen Informationsempfänger?

  • Die Wahrheit ist noch viel schlimmer: Journalisten antworten nicht auf Einladungen, dürfen/können nicht mehr reisen (oder lassen sich eben solche Reisen bezahlen) und begeistern sich nicht einmal mehr für liebevoll gestaltete Kugelschreiber und Blöcke – keine gute Zeiten für Pressekonferenzen. Im Ernst: Viele Journalisten sind sehr gut informiert. Wissen, worum es geht, sind für das Ressort schon lange zuständig. Und ich denke, Journalisten sind weiterhin sehr interessiert an Antworten: Viel zu oft ist es jedoch notwendig erst einmal die Grundlagen einer Branche oder einer Entwicklung zu erklären und längst wiederlegte Mythen ad acta zu legen. Insofern führt immer noch kein Weg an einem offenen Vier-Augen-Gespräch vorbei. Eine Pressekonferenz bietet für beide Seiten nur begrenzte Möglichkeiten, seinen Job zu machen.   Mit welchen Beispielen lassen sich – Ihrer Erfahrung nach – professionelle Schwächen der Journalisten veranschaulichen?

  • Ressourcenknappheit: Ein Experte in der Redaktion für den Nahen Osten, Terrorismus, Militär, Öl und Gas. Wettbewerbsdruck und Beschäftigung der Medien mit sich selbst: Jeden Tag eine Sau durchs Dorf treiben – aber auch wirklich nur die Eine. Sobald ein Top-Thema läuft, wird der Fokus so eng, dass für alles andere keine Aufmerksamkeit mehr da ist. Permanenter Skandalisierungsdruck: Manchmal ist aber eine Maus auch einfach nur eine Maus …

Inwiefern lassen sich auch auf der Seite der Public Relations Fehlentwicklungen beobachten – und welche Gründe sehen Sie dafür?

  • Internetjournalismus, Blogger, Leserreporter – in dem Maße, in dem professionelle Medien die Grenzen verwischen (müssen), wird dies auch auf Seiten der PR getan. Im Netz herrscht oft Wildwuchs, die Qualitätsunterschiede sind gigantisch und die Überprüfbarkeit vermeintlich gering. Dabei muss für die PR gelten: Keine Standards, aber ein fester Wertekodex. Nicht akzeptabel ist beispielsweise der Versuch, den Auftraggeber zu verschleiern. Hier ist Transparenz absolut notwendig. Und ob jedes Unternehmen twittern muss, weil die PR-Agentur jetzt auch social media entdeckt hat, wage ich zu bezweifeln.

Wenn es nach Ihnen ginge: Welche drei Regeln für das Mit- und Gegeneinander würden Sie aufstellen bzw. wünschen Sie sich?

  • 1.) Professionelle Zusammenarbeit: Keine Fraternisierung, keine Ablehnung. 2.) Gelassenheit statt ideologischer Grabenkämpfe: Bei allem Verständnis für Kritik und der öffentlichen Kontrollfunktion von Medien – es ist durchaus der Fall, dass in Unternehmen Entscheidungen auf der Grundlage ethischer Standards getroffen werden und nicht immer das Bild von „gewissenloser Profitgier“ zutrifft. 3.) Respekt und fairer Umgang: Absprachen einhalten und, ergänzend ein Vorschlag: Wir verzichten auf anonyme Massenemails, Cold Calls und Marketinggewäsch und ihr versucht nicht jede Aussage zu skandalisieren oder als „PR-Sprech“ zu beklagen.

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DR. TOBIAS KORENKE, Lehrbeauftragter Öffentlichkeitsarbeit an der IfKW Jena

Frei nach dem Motto "Schön Euch zu haben" - Welche Charakteristika prägen Ihrem Erleben nach die Beziehung zwischen Journalisten und PR-Profis?

  • Gegenseitige Abhängigkeit, mehr Gemeinsamkeiten als beiden Seiten bewusst (und häufig auch lieb) ist, wohliges Grausen

Wie hat sich das Verhältnis beider Professionen aus Ihrer Wahrnehmung in den vergangenen Jahren entwickelt bzw. verändert?

  • So viel hat sich nicht verändert. Ob Bonner „Champagner-PR“ oder Berliner „Hinterzimmer-PR“– die Nähe zwischen Journalisten und Politik/Wirtschaft war immer groß. Die Annahme, dass Journalisten aufgrund der Einsparung von Redakteursstellen heute stärker unter Druck stehen als früher, weniger Zeit für Recherche hätten und deshalb auf die „Zuarbeit“ von PR-Leuten angewiesen sind, halte ich für falsch.

Das Klischee: Journalisten kommen ohne Vorbereitung zu Pressekonferenzen, hinterfragen die Sprechblasen der Pressesprecher nicht, wollen lieber Kugelschreiber als Antworten auf kritische Fragen. Wie viel Wahrheit steckt in diesem Klischee vom bequemen Informationsempfänger?

  • Es gibt natürlich alles: Engagierte kritische Geister, denk- und schreibfaule Kopfnicker und alle Schattierungen dazwischen. Auffallend ist aber schon, wie viele glatte Journalisten vor allem in den Wirtschaftsressorts anzutreffen sind, die sich letztlich nur für eines zu interessieren scheinen: ihr eigenes Fortkommen.

Mit welchen Beispielen lassen sich – Ihrer Erfahrung nach – professionelle Schwächen der Journalisten veranschaulichen?

  • Verlängerung der AKW-Restlaufzeiten, Guttenberg, Finanzkrise, Hochtief.
  • Ein wichtiger Punkt: Die Sensibilität für die Gefahren einer Durchlässigkeit zwischen Journalismus und PR sinkt. Dass Journalisten Kommunikationschef von Unternehmen oder Sprecher von Ministerien werden, hat es immer schon gegeben; dass das problematisch sein kann, wird kaum reflektiert. Mit großer Selbstverständlichkeit lassen sich gar nicht so wenige Journalisten z.B. auch als Moderatoren oder Berater für Unternehmen oder Verbände verpflichten. Heute kommentiere ich die Börsenkurse im TV und morgen moderiere ich eine FK-Veranstaltung in einem DAX-Konzern. Dass die Unabhängigkeit der Berichterstattung gefährdet sein könnte – wen interessiert’s? Ein weiteres Indiz für diese These: Viele Hochschulen bieten seit einiger Zeit kommunikationswissenschaftliche/Publizistik-/Journalistik-/PR-Studiengänge mit gemeinsamen Lehrveranstaltungen und sich überschneidenden Curricula an.

Inwiefern lassen sich auch auf der Seite der Public Relations Fehlentwicklungen beobachten – und welche Gründe sehen Sie dafür?

  • Zunehmende Verwischung der Grenzen zwischen PR und Lobbyismus
  • Journalisten prägen (immer noch und immer wieder) mit ihren häufig eindimensionalen Kommunikationsverständnis die Kommunikationsarbeit von Unternehmen
  • Pseudo-Professionalisierung der PR-Branche durch eigene Studiengänge, Akademien, Hochschule (Quadriga)
  • Essing und Konsorten ...

Wenn es nach Ihnen ginge: Welche drei Regeln für das Mit- und Gegeneinander würden Sie aufstellen bzw. wünschen Sie sich?

  • 1.) Wir trennen die Ausbildung von Journalisten und PR-Profis an den Hochschulen. 2.) Wir halten uns strikt an Ethik-Standards und sanktionieren einen Verstoß dagegen spürbar. 3.) Wir kennen unsere Rollen und Interessenlagen und begegnen uns in professioneller Distanz.