Jk-11 - PREVIEW

nr-Jahreskonferenz 2011

Referenten
Jürgen Diessl
Regina Carstensen
Tina Klopp
Tobias Korenke
Mod.: Gottlob Schober
Programm
Tag Samstag - 2011-07-02
Raum K3
Beginn 12:45
Dauer 01:00
Info
ID 108
Track Debatte
Sprache der Veranstaltung deutsch
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Fremde Federn

Wie arbeiten Ghostwriter?

Das Bücher von Ghostwritern geschrieben werden, ist gängige Praxis, Ghostwriting ist ein nicht zu unterschätzender Markt geworden. Der Auftraggeber hat die Idee, das Konzept, der Ghostwriter das schriftstellerische Know-how. Üblicherweise überträgt der Ghostwriter seine Verwertungsrechte an den Auftraggeber; Urheber, hier greift das Schöpferprinzip, bleibt jedoch der Ghostwriter. Der steht aber in der Regel nicht auf dem Cover, sondern der Auftraggeber - als Autor - für den Leser des Buches ist das meistens nicht nachzuvollziehen. Ist das schon Betrug am Leser, oder legitime Inanspruchnahme von Hilfe? Welche Fertigkeiten braucht ein Ghostwriter um erfolgreich zu sein und wird das Ghostwriting weiterhin Konjunktur haben?

Leitfragen

  • Welche besonderen journalistischen Fähigkeiten muss ein Ghostwriter haben?
  • Wird das Ghostwriting weiterhin Konjunktur haben? Warum?
  • Ist das nicht Betrug am Leser? Schmücken sich die "Autoren" nicht "mit der Feder" des Ghostwriters? Wird immer darauf hingewiesen, dass ein Ghostwriter am Werk war?
  • Wird die Arbeit des Ghostwriters ausreichend honoriert - wird es als "Ihr/Sein" Buch angesehen?

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REGINA CARSTENSEN:

Welche besonderen journalistischen Fähigkeiten muss ein Ghostwriter haben?

  • Journalistischen Fähigkeiten: Recherchieren können, ansonsten ist die Dramaturgie entscheidend, der lange Atem, erzählerisches Schreiben, was nicht unbedingt immer im Journalismus verlangt wird. Auch: große Empathie, wer die nicht hat, sollte es gleich sein lassen.

Wird das Ghostwriting weiterhin Konjunktur haben? Warum?

  • Sicherlich noch eine Weile; solange das Interesse an Personen groß ist, die nicht schreiben können - das müssen nicht nur prominente Menschen sein.

Ist das nicht Betrug am Leser? Schmücken sich die "Autoren" nicht "mit der Feder" des Ghostwriters? Wird immer darauf hingewiesen, dass ein Ghostwriter am Werk war?

  • Ghostwriting ist ein Handwerk und keine hehre Kunst - schmücke ich mich mit einem Klempner, wenn ich ihn brauche? Es gibt die unterschiedlichsten Vereinbarungem, wie der Names des Geistes auftaucht. Im Französisches werden Ghostwriter zwar les negres genannt, aber ich bin der Meinung: Man kann ein tolles Team sein, bei dem beide Partner profitieren.

Wird die Arbeit des Ghostwriters ausreichend honoriert - wird es als "Ihr/Sein" Buch angesehen?

  • Es ist höchstens "unser Buch", mehr nicht, wenn man die Sache gerecht sieht. Bezahlung kann man vergessen, außer man hat Bestseller hinbekommen - und das hängt weniger vom Schreiben, sondern von der Person ab, die auf dem Titel steht ganz oben steht.

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JÜRGEN DIESSL:

Welche besonderen journalistischen Fähigkeiten muss ein Ghostwriter haben?

  • Er muss die Langstrecke beherrschen. Es ist ein deutlicher Unterschied in der Struktur und der Dramaturgie, ob Sie eine Reportage über drei bis sechs Seiten schreiben oder 220 Seiten aufwärts füllen sollen.

Wird das Ghostwriting weiterhin Konjunktur haben? Warum?

  • Ja, das Ghostwritig wird weiter Konjunktur haben, weil auch immer mehr "Autoren" es als Dienstleistung verstehen und einkaufen. Auch die Verlage schätzen die Zusammenarbeit mit Ghostwritern, weil sich damit die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie fristgerecht ein brauchbares bis gutes Manuskript bekommen.

Ist das nicht Betrug am Leser? Schmücken sich die "Autoren" nicht "mit der Feder" des Ghostwriters? Wird immer darauf hingewiesen, dass ein Ghostwriter am Werk war?

  • Es ist kein Betrug am Leser. Der Ghostwriter formuliert ja "nur" die Gedanken, Inhalte und Aussagen des Autors. Was der Leser bekommt ist eindeutig das, was der Autor sagen möchte. In der Regel wird auf dem Schmutztitel mit der Bemerkung "Unter Mitarbeit von" oder im Nachwort auf die Unterstützung hingewiesen. Nur sehr sehr wenige Autoren möchten ausdrücklich nicht, dass der Ghostwriter nicht erwähnt wird. In jedem Fall wird das bei der Vertragsgestaltung im Vorfeld berücksichtigt.

Wird die Arbeit des Ghostwriters ausreichend honoriert - wird es als "Ihr/Sein" Buch angesehen?

    1. Beim Ghostwriting ist alles verhandelbar. 2. Übersetzer würden sich freuen, wenn Sie solche Honorare verhandeln könnten. 3. Das Spektrum wie wir im Verlag Ghostwriter honorieren ist so unterschiedlich wie die Autoren. In etlichen Fällen wird der Ghost auch direkt vom Autor bezahtl. Ich gehe davon aus, dass die Ghostwriter dann einen noch größeren Verhandlungsspielraum haben. Wenn Sie Summen hören wollen: zwischen 10 und sogar 80.000 Euro ist viel Platz. Ein Ghostwriter prägt ein Buch, aber es ist niemals sein. Wenn er diesen Anspruch hätte, wäre er für diesen Job vollkommen ungeeignet.

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TINA KLOPP

Welche besonderen journalistischen Fähigkeiten muss ein Ghostwriter haben?

  • Einfühlungs- und Vorstellungsvermögen, Rücksichtnahme, Intelligenz.

Wird das Ghostwriting weiterhin Konjunktur haben? Warum?

  • Könnte schon sein. Immerhin gibt es eine große Nachfrage nach Geschichten, die authentisch klingen oder Fachwissen vermitteln. Viele Leser haben den Wunsch, einmal hinter die Fassade eines fremden Lebens gucken zu dürfen oder ganz andere Lebensmodelle kennenzulernen. Ein Ghostwriter kann davon in der Regel ein wenig besser erzählen als der, von dem die Geschichte eigentlich handelt. Das liegt zum einen an der Distanz, die ein Außenstehender viel leichter entwickeln kann. Und natürlich auch daran, dass viele Menschen nicht so geübt darin sind, sich schriftlich auszudrücken - oder schlicht Nützlicheres zu tun haben, als Bücher zu schreiben.

Ist das nicht Betrug am Leser? Schmücken sich die "Autoren" nicht "mit der Feder" des Ghostwriters? Wird immer darauf hingewiesen, dass ein Ghostwriter am Werk war?

  • Es gibt da einen kleinen Widerspruch: Zum einen ist kein Leser wirklich so dumm, anzunehmen, dass die Bücher von prominenten und interessanten Menschen auch alle von ihnen selbst geschrieben wurden. Es ist ja auch schwer vorstellbar, dass jemand, der verdammt gut aussieht UND gut Fußball spielt UND ein toller Schauspieler UND ein grandioser Sänger ist, auch noch anständig schreiben kann. Dennoch wollen die Verlage das ihren Kunden immer wieder weiß machen.

Wird die Arbeit des Ghostwriters ausreichend honoriert - wird es als "Ihr/Sein" Buch angesehen?

  • Als Ghostwriter darf man sicherlich nicht eitel sein. Schwieriger finde ich aber, damit zu leben, wenn man etwas inhaltlich oder sprachlich ganz anders machen würde. Da muss man professionell sein und sich in den Dienst des Auftraggebers stellen. Selbst dann, wenn man eine Formulierung einmal ganz und gar nicht mag – dann darf man beraten, letztlich aber hat der Auftraggeber immer das letzte Wort. Natürlich ist das okay so, schließlich muss er am Ende ja auch seinen Kopf dafür hinhalten.