Interview Kevin Davis

Nonprofit-Journalismus in den USA

Aus dem Archiv (2014): Interview mit Kevin Davis, dem damaligen Direktor des Investigative News Network (heute Institute for Nonprofit News)

Kevin Davis
Kevin Davis

nr: Das Investigative News Network und die meisten seiner Mitglieder sind als gemeinnützige Organisationen anerkannt. Welche Bedeutung hat dieser Status?

Davis: Der Nonprofit-Status ist aus zwei Gründen entscheidend für unsere Arbeit: Erstens signalisiere die Kennzeichnung Spendern wie Lesern, dass sich die Organisationen an einem höheren Ziel orientieren und sich niemand daran bereichert: kein Einzelner, kein Unternehmen und auch keine Bank. Zweitens ist der Steuerabzug, der auf die meisten Spenden gewährt wird, ein motivierender Faktor für ein erhebliches Maß an Wohltätigkeit.

Gibt es in den USA eine klare Gesetzgebung, wonach journalistische Projekte als gemeinnützig anerkannt werden können? Also eine Klausel im Steuerrecht, die sich explizit mit Journalismus befasst?

Davis: Nein! Der Bericht der Nonprofit-Media-Arbeitsgruppe beim Council on Foundations, deren Mitglied ich war, berichtet detailliert über dieses umstrittene Thema.

Welche Voraussetzungen müssen in den USA von einem Recherchejournalismus-Projekt erfüllt werden, um die Steuerbegünstigung zu erhalten?

Davis: Um den Status zu erhalten, muss es als ein selbstloses Projekt gegründet werden und einen Bildungsauftrag erfüllen: Seine Aufgabe muss darin bestehen, mit der Berichterstattung auf eine gut informierte Öffentlichkeit in einer freien und funktionierenden Demokratie hinzuwirken.

Auf der INN-Website finden sich Berichte von Projekten, die Schwierigkeiten hatten, den Nonprofit-Status zu erhalten – ist das nach wie vor ein Problem?

Davis: Grundlegend hat sich daran nichts geändert: Die Abgabenordnung erwähnt Journalismus nicht als anerkennungswürdige Aufgabe – und sie umschreibt ihn auch nicht in angemessener Weise. Allerdings scheint es so, als habe der IRS [die US-Steuerbehörde] die Dinge etwas beschleunigt, sodass die Organisationen ihre Anerkennungsbescheide ungefähr innerhalb von 6 Monaten erhalten. Gleichwohl gibt es noch immer Organisationen, bei denen es viel länger dauert.

Wie kann das INN Organisationen dabei unterstützen, den Nonprofit-Status zu erlangen?

Davis: Wir helfen an mehreren Fronten: Während der Bewerbungsphase helfen wir Organisationen dabei, erfahrene Rechtsberater zu finden. Über Fiscal Sponsorship: Das heißt, wir verleihen unseren Gemeinnützigkeitsstatus an Organisationen, die den Status noch nicht selbst erhalten haben – sofern sie die Voraussetzungen dafür erfüllen.

Wir verbreiten „Best Practices“ und die Erfahrungen anderer Organisationen, die das Verfahren gerade abgeschlossen haben oder noch dabei sind. Wir beraten Organisationen dahingehend, typische Fallstricke zu umgehen, an denen eine Bewerbung scheitern könnte.

Eine Frage zur Transparenz: Gibt es Verpflichtungen für Nonprofits, ihre Finanzen zu veröffentlichen?

Davis: Um Mitglied im INN werden zu können, muss sich die Organisation einverstanden erklären, alle Spenden von 1.000 Dollar aufwärts öffentlich zu machen. Oder sie muss, wenn sie eine anonyme Spende annehmen möchte, erklären, dass diese Spende die Inhalte nicht beeinflusst. Für uns ist das unverzichtbar für die Aufklärung der Bürger darüber, wer hier Journalismus betreibt und welche Geldquellen dahinter stehen.

Was denken konventionelle, profitorientierte Medienunternehmen über die wachsende Zahl von Nonprofit-Konkurrenten? Oder nutzen sie den Nonprofit-Status gar selbst?

Davis: Ich kenne kein bedeutendes profitorientiertes Medienunternehmen, das sich um einen Nonprofit-Status bemüht oder ihn bekommen hätte. Die Antwort hängt jedoch sehr von der Perspektive der Redakteure ab, die den Laden schmeißen. Häufig bemühen sich die Profitorientierten, mit Nonprofits zu kooperieren („ProPublica“ ist dafür ein bedeutendes Beispiel). Andere bezahlen für Storys von Nonprofits und behandeln Nonprofits wie Freelancer. Wieder andere lehnen es ab, für eine Kollaboration mit Nonprofits zu bezahlen – aus Angst der Konkurrenz zu helfen, oder sogar aus Angst, dass Nonprofits den Abbau der journalistischer Arbeitsstellen befördern könnten – ein Argument, dem ich selbstverständlich vollkommen widerspreche.