Wie baue ich rund um mein journalistisches Angebot eine Community auf? Und wie bringe ich die Mitglieder meiner Community dazu, aktiv zu werden? Diese Fragen standen im Mittelpunkt eines Workshops für die Stipendiaten im Grow-Programm für Gründerinnen und Gründer im gemeinnützigen Journalismus. Bei dem Treffen in Hamburg tauschten sich die Grow-Gewinner untereinander aus, berichteten über den Fortschritt ihrer Projekte und erhielten hilfreiche Tipps und Anregungen zum Community Building von drei Expertinnen aus der Praxis.
Zwei der geförderten Projekte stehen noch ganz am Anfang und müssen ihr Publikum erst noch finden. So möchten Michaela Haas und Lisa Urlbauer im Rahmen des Stipendiums den lösungsorientierten Journalismus in Deutschland stärken und dafür die umfangreichen kostenlosen Ressourcen des US-amerikanischen Solutions Journalism Network (z. B. Recherche-Trainings und Webinare) für deutschsprachige Journalisten übersetzen und anpassen. Und Simon Jockers und sein Team entwickeln derzeit die Plattform „Datenguide“, die amtliche Statistiken leicht auffindbar machen und verständlich aufbereiten soll. Sie richten sich mit dem Recherchewerkzeug vor allem an Datenjournalisten, Statistiker und Civic-Tech-Akteure.
Das Hamburger Flüchtling-Magazin hat dagegen schon eine große Leserschaft und zahlreiche ehrenamtliche Helfer. Allerdings versucht das Team um Hussam Al Zaher, Sahar Reza, Melina Seiler und Franziska Bauer die Reichweite im Netz und auf Papier mit rechercheintensiven Beiträgen auszubauen und so noch mehr Austausch zwischen Geflüchteten und Deutschen zu ermöglichen.
Olalla Tuñas Martínez von der Vernetzungsplattform Hostwriter berichtete den Stipendiaten, welche Lehren sie aus dem Aufbau ihrer Community für Cross-Border-Recherchen gezogen haben. Ihr Rat: Mit dem eigenen Netzwerk beginnen, an so viele Türen wie möglich klopfen, sich austauschen, mit ähnlichen Projekten kooperieren und vor allem: sich mit dem Publikum auseinandersetzen, on- wie offline. Sie riet den Teilnehmenden, für die Community Veranstaltungen und Treffen jenseits des Internets zu organisieren, um dort Feedback und Anregungen für das eigene Angebot zu sammeln.
Diese Empfehlung werden die Grow-Stipendiaten in den nächsten Wochen und Monaten umsetzen: Lisa Urlbauer und Tina Rosenberg, die Mitgründerin vom Solutions Journalism Network in den USA, sind z.B. im Februar 2019 beim Constructive Journalism Day in Hamburg dabei. Die Datenguide-Macher bereiten Workshops vor, die bei der Jahreskonferenz von Netzwerk Recherche in Hamburg oder beim Campfire-Festival in Düsseldorf angeboten werden könnten. Und das Flüchtling-Magazin schmiedet Pläne, neue Leser zu gewinnen und neue Kooperationspartner zu finden.
Miriam Richter und Marlene Borchardt vom HHLab, der Forschungs- und Entwicklungsredaktion der medien holding:nord (u.a Flensburger Tageblatt, Schweriner Volkszeitung) und NOZ Medien (u.a. Neue Osnabrücker Zeitung), erklärten den Stipendiaten, wie sie mit Facebook-Gruppen oder WhatsApp-Kanälen relativ schnell aktive Communities zu bestimmten Themen aufbauen können. Auch dafür sei der ständige Austausch mit den Lesern wichtig. Weil das viel Arbeit sei, solle man sich vorher gut überlegen, in wie vielen sozialen Netzwerken man wirklich aktiv sein wolle.
Die Grow-Stipendien werden seit 2016 von Netzwerk Recherche und der Schöpflin Stiftung vergeben. Die Gewinner erhalten neben der finanziellen Starthilfe Know-how- und Vernetzungsangebote im Nonprofitjournalismus. Zu den bisherigen Stipendiaten zählen zum Beispiel Frag den Staat, das Online-Portal für Informationsfreiheit, das lokaljournalistische Pilotprojekt „Einfach Heidelberg“ mit Nachrichten in leichter Sprache sowie das Online-Magazin MedWatch, das sich auf das Enttarnen von dubiosen Heilsversprechen im Gesundheitswesen konzentriert.
Der Grow-Workshop für die im Herbst 2018 gekürten Stipendiaten fand im LeetHub in Hamburg statt, einem gemeinnützigen Gründerzentrum für Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund. Das LeetHub dient auch als Redaktionssitz des Flüchtling-Magazins.