SEED-Newsletter Nr. 19, Juni 2023
HERZLICH WILLKOMMEN BEIM SEED-NEWSLETTER!
Liebe Leser:innen,
was für ein Theater! Und damit meine ich nicht den Politzirkus in unserem Nachbarland Österreich, der manchmal wirkt, als hätte ihn Karl Kraus ersponnen. Ich meine ein echtes Theater. Das Volkstheater in Wien. Dort, genauer gesagt im wienerisch dekadenten dezenten Ambiente der Roten Bar, waren wir Mitte Mai zu Gast bei der Dossier-Konferenz und haben über den öffentlichen Mehrwert von Journalismus und internationale Recherchen gesprochen (siehe Auslese). Den Besuch in der Heimat unserer Kollegin Evangelista Sie haben wir als Team außerdem genutzt, um uns ein Bild von der Lage der Medienförderung und des gemeinnützigen Journalismus in Österreich zu machen (Erkenntnis: ausbaufähig). Die zahlreichen Treffen und Gespräche – mit der Wirtschaftsagentur Wien, dem fjum, dem Verlag der traditionsreichen aber Ende des Monats abzuwickelnden Wiener Zeitung u.v.m. – sowie das obligatorische Stück Sachertorte bildeten den Auftakt zu einer Art Nonprofit-Roadtrip, der uns in diesem Jahr einmal quer durch Europa führen wird.
Zweite Etappe: Mechelen, Belgien. Auf der diesjährigen Dataharvest-Konferenz gab es nicht nur spannende Diskussionen darüber, wie die Journalismusförderung in Europa flexibler und nachhaltiger gestaltet werden kann. Die Tagung bildete auch den Rahmen für den inoffiziellen Start unseres Großprojekts Monetising Value, das wir in den kommenden zwei Jahren zusammen mit vier europäischen Partnern umsetzen werden. Auch dort geht es um den öffentlichen Mehrwert von Journalismus und die Frage, wie sich dieser Wert ökonomisch und gesellschaftlich auszahlt. Unsere Rolle in dem Konsortium ist die Erforschung des gemeinnützigen Journalismus in Europa – aufbauend auf unserem The New Sector-Report. Dafür wird unser Team in Kürze noch einmal wachsen (Yay!).
Der offizielle Kickoff von Monetising Value findet Mitte Juli in Lissabon statt – der vierten Station auf unserer Tour. Zuvor sind wir, na klar, noch in Hamburg bei unserer Jahreskonferenz (leider schon ausverkauft!) mit etlichen Veranstaltungen zum Nonprofitjournalismus am Start. Nach einer kurzen Sommerpause endet unser Europa-Trip im September mit der Global Investigative Journalism Conference (es gibt noch ein paar Tickets) im schwedischen Göteborg. Sehen wir uns dort?
Einen schönen Sommer wünscht
Malte Werner
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Grow-Stipendien: Jetzt bewerben!
Förderprogramm für Gründer:innen im gemeinnützigen Journalismus
Das Grow-Förderprogramm für Gründer:innen im gemeinnützigen Journalismus geht ins achte Jahr! Grow passt zu dir, wenn du eine spannende Idee für ein journalistisches Projekt hast und wissen möchtest, wie du es finanzieren und realisieren kannst. Wir suchen Projekte, bei denen nicht der maximale Profit, sondern das Gemeinwohl und die Recherche im Mittelpunkt stehen. Bei Grow erfährst du von anderen Gründer:innen, wie sie ihre Idee erfolgreich umgesetzt haben und lernst von Fachleuten, wie du das Publikum für deine journalistische Idee begeistern kannst.
Bewerbungen sind ab sofort möglich – bis zum 17. September. Ermöglicht wird das Stipendium durch die Schöpflin Stiftung.
NEWS
+++ Meet and Greet: Wir sind in diesen Tagen in Hamburg, denn ab morgen begegnen sich wieder rund 900 Journalist:innen bei der Jahreskonferenz von Netzwerk Recherche (16./17. Juni). Seid ihr auch dabei? Dann sagt uns gerne Hallo und kommt zu unseren Veranstaltungen, zum Beispiel zu unserem Meet-up zum gemeinnützigen Journalismus am Samstag um 9:15 Uhr. Im Mittelpunkt des Vernetzungstreffens stehen eure Fragen, Wünsche und Erfahrungen. Wir laden gemeinsam mit dem Projekt NPJ.news von Vocer zur Runde ein. Außerdem könnt ihr bei der Tagung unsere aktuellen Grow-Stipendant:innen treffen, sei es beim Reporter Slam am Freitag um 19:30 Uhr oder beim Workshop zum Inklusiven Journalismus am Samstag um 12:15 Uhr. +++
+++ Forschung hoch drei: Genug Lesestoff für den Sommer liefert die Journalismusforschung. In England wurde jüngst der PINF Index veröffentlicht, der eine steigende Professionalisierung des gemeinwohlorientierten Mediensektors beschreibt. Auch das Institute for Nonprofit News (INN) gewährt erste Einblicke in seinen Jahresbericht und beschreibt den Zustand des US-amerikanischen Nonprofitjournalismus als „robust“. Ganz frisch draußen ist der neue Reuters Digital News Report und liefert leider keine guten Nachrichten in Sachen Zahlungsbereitschaft. +++
+++ Geballtes Gründungswissen: Correctiv baut mit seinem neuen StartHub eine Plattform für Gründer:innen von community-zentrierten Medienprojekten auf. Dort werden unter anderem bereits vorhandene Angebote – etwa von der Reporterfabrik oder beabee – gebündelt und Vernetzungsmöglichkeiten geschaffen. Wer sich mit anderen Gründer:innen aus dem Lokaljournalismus vernetzen möchte, kann sich noch bis zum 23. Juni für die zweite Ostsee-Werkstatt für neue Lokalmedien anmelden. Correctiv.Lokal und Netzwerk Recherche laden euch in Kooperation mit der Alfred Toepfer Stiftung vom 6. bis 8. September in das Seminarzentrum Gut Siggen in Schleswig-Holstein ein. +++
+++ Ein bisschen Weltuntergang: In der neunten Ausgabe des transform Magazins spielt die Redaktion mit der Idee, was eine „ernstgemeinte Transformation von Gesellschaft und Wirtschaft“ für einen Teil der Welt, wie wir sie kennen, bedeuten würde (Spoiler: Das Ende). Damit das 160 Seiten starke Heft gedruckt werden kann, hat das Team des gemeinnützigen Magazins ein Crowdfunding gestartet, das noch bis zum 7. Juli läuft. +++
+++ Zauberwort Innovation: Gleich drei Institutionen suchen derzeit nach Zukunftsideen für den Journalismus. Zum einen vergibt der WPK Innovationsfonds in seiner dritten Förderrunde wieder bis zu 75.000 Euro für Projekte im Wissenschafts- und Datenjournalismus; Bewerbungen sind bis zum 16. August möglich. Zum anderen gibt es zwei regionale Ausschreibungen: Das Journalismus Lab der Landesanstalt für Medien NRW unterstützt mit dem Förderprogramm Media Innovation etablierte Medienunternehmen und Start-ups bei ihren Vorhaben (Frist: 14. Juli). In Berlin und Brandenburg werden Gründer:innen mit dem Media Founders Program, einer Kooperation des MIZ und des MediaTech Hub Accelerator Babelsberg, auf ihrem Weg begleitet (Frist: 25. Juni). Wenn ihr die Einrichtungen besser kennenlernen möchtet: Beim Media Innovation Breakfast in Berlin haben sie jüngst ihre Arbeit vorgestellt. +++
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Greenhouse Fellowship: Bewerbungsfrist endet in Kürze!
Freiraum für Recherche und Forschung: Wie steht es um die journalistische Unabhängigkeit?
Ein paar Tage habt ihr noch Zeit, um euch für das Greenhouse Fellowship von NR und Schöpflin Stiftung zu bewerben. Wir bieten wieder Freiraum für journalistische Recherchen und praxisnahe Forschung zu einer Zukunftsfrage des Journalismus. Dieses Mal geht es um die journalistische Unabhängigkeit in Zeiten von Big Tech, Mäzenatentum und Stiftungsförderung. Neben einer finanziellen Förderung in Höhe von 2.500 Euro umfasst das Fellowship fachliche Beratung und Zugang zu Netzwerken im gemeinnützigen Journalismus. Am Ende steht eine Veröffentlichung (wie der erste Greenhouse Fellowship Report). Die Bewerbungsfrist endet am 20. Juni!
AUSLESE
Dossier-Konferenz zu Public Value
Oida, ur-leiwand!
Dass uns die oben erwähnte Konferenz von Dossier zum öffentlichen Mehrwert des Journalismus gefallen hat, ist kein Geheimnis. Wer nachempfinden möchte, warum das so ist, dem sei die kurze Rückschau auf den Tag im Wiener Volkstheater empfohlen. Ein Highlight: Der aufrüttelnde Bericht des Investigativreporters Ilya Lozovsky (OCCRP) über Recherchen zur Korruption in Zentralasien, die kurz vor Veröffentlichung einer Informationsquelle das Leben kosteten. Für Podcast-Fans gibt es Teile der Veranstaltung auch zum Nachhören. Habe die Ehre!
The Bruno and Dom Project
Wie 50 Journalist:innen die Recherchen eines getöteten Kollegen fortsetzen
„Killing the journalist won’t kill the story.“ Diesem Credo von Forbidden Stories folgend haben 50 Journalist:innen die Arbeit von Reporter Dom Phillips fortgesetzt, der zusammen mit seinem Kollegen Bruno Pereira im vergangenen Jahr bei Recherchen zu illegaler Fischerei am Amazonas getötet wurde. Das Projekt, an dem 16 internationale Medien beteiligt waren, beleuchtet die Hintergründe ihres gewaltsamen Todes und deckt darüber hinaus kriminelle Machenschaften ihrer mutmaßlichen Mörder auf.
Was der Lokaljournalismus vom Steakhouse lernen kann
Zuhören
Ein Witz: „How do you like your local news, Sir?“ „Well done.“ Leider nicht zum Lachen. Denn gut gemacht ist Lokaljournalismus vielerorts nicht mehr. Das liegt neben diversen Sparrunden vielleicht auch daran, dass uns der obige Dialog in leicht abgewandelter Form zwar aus dem Steakhouse bekannt ist, nicht aber aus Redaktionen. Geradezu lachhaft war lange der Gedanke, Journalist:innen würden sich ernsthaft für ihr Publikum interessieren. Das American Journalism Project möchte das ändern und hat deshalb 5.000 Menschen gefragt, was sie vom Lokaljournalismus erwarten. Eine Antwort (von vielen): Sie möchten über kommunale Entscheidungen informiert werden, bevor sie getroffen werden. Mit einer ähnlichen Fragestellung hat sich übrigens auch Dörthe Ziemer im Greenhouse Fellowship Report beschäftigt.
Hör-Tipps
Welche Bezahlmodelle den Journalismus retten könnten
Auf der Digitalkonferenz re:publica diskutierten der Medienökonom Lukas Erbrich, Jonathan Sachse von Correctiv.Lokal und die Medienjournalistin Annika Schneider über alternative Finanzierungsmöglichkeiten im Journalismus wie ein Netflix für News oder Spendenmodelle. Nachzuhören beim Deutschlandfunk. Und der Bayerische Rundfunk hat die „Unendliche Geschichte“ neu vertont … Ach nee, es geht nur wieder einmal um die Presseförderung und die Frage: Muss der Staat den Verlagen helfen?
JOBS
Cybercrime Journalist
OCCRP
Jung-Redakteur:in – Energie, Mobilität und Technologie
SCIENCE MEDIA CENTER
Redakteur:in für Zukunft
Ressortleiter:in taz berlin
TAZ
Freie Mitarbeit
WDR INNOVATION HUB
Terminkalender
NR-Jahreskonferenz, 16./17. Juni, Hamburg (ausverkauft!)
Wer kein Ticket mehr ergattern konnte, kann einen Teil der Konferenz im Live-Stream verfolgen.
Neue Lausitz Workation, 12.-22. Juli, Herzberg
10 Tage Arbeitsurlaub in der Lausitz für alle, die über den Strukturwandel recherchieren und berichten wollen. Organisiert von der Neue Lausitz-Redaktion. Unkostenbeitrag: 125 Euro. Hier bewerben
FragDenStaat-SummerSchool, 3.-5. August, Berlin
Fortbildung zum Thema Informationsfreiheit mit Inputs, Praxisbeispielen und Gruppenarbeit. Achtung: Die Anmeldefrist endet schon am 16. Juni.
Ostsee-Werkstatt, 6.-8. September, Gut Siggen
Zweite Auflage des Vernetzungstreffens für Gründer:innen im Lokaljournalismus auf Gut Siggen in Schleswig-Holstein von Correctiv.Local, NR und Alfred Toepfer Stiftung. Hier bewerben
Exile Media Forum, 12./13. September, Hamburg
Bei der Fachkonferenz für Exiljournalismus geht es unter anderem um die Frage, wie sich ein Medien-Outlet im Exil erfolgreich etablieren kann.
b future festival für Journalismus und konstruktiven Dialog, 15./16. September, Bonn
Fachkonferenz und Bürger:innenfest zur konstruktiven Weiterentwicklung des Journalismus. Achtung: Der Call for Participation läuft nur noch bis zum 16. Juni.
Reporter:innen-Workshop 2023, 15./16. September, Hamburg
Workshops zum journalistischen Handwerk, Besprechungen eurer eigenen Texte und Diskussionsrunden. Programm folgt.
Inspiration Day – Praxistag für Innovationen im Journalismus, 5. Oktober, Potsdam-Babelsberg
In insgesamt sechs Workshops arbeitet Ihr an eigenen Ideen. Mit dabei sind unsere Grow-Projekte: Reporter Slam, bloq Magazin und andererseits. Zur kostenlosen Anmeldung.
Netzwerk-Festival für Nonprofit-Journalismus, 6./7. Oktober, Berlin
Kostenlose Konferenz im Rahmen des NPJ.news-Projekts von Vocer, die in Kooperation mit der taz Panter Stiftung stattfinden wird.
CORRECTIV.Lokal Konferenz, 21./22. Oktober, Erfurt
Correctiv erwartet rund 200 Lokaljournalist:innen, um mit ihnen über Recherchen zu sprechen und über die Zukunft des Lokaljournalismus zu diskutieren. Weitere Infos folgen in Kürze!
Hast Du kürzlich eine spannende Recherche von einer gemeinnützigen Redaktion gelesen? Hast Du Ideen, wie wir SEED weiterentwickeln können? Fehlt etwas? Schreib uns dazu eine E-Mail, wir freuen uns über Hinweise und Feedback.
IMPRESSUM
Netzwerk Recherche e. V. • Greifswalder Straße 4 • 10405 Berlin
Redaktion: Dr. Thomas Schnedler (ts), Evangelista Sie (es), Malte Werner (mw)
Der SEED-Newsletter ist Teil des Grow Greenhouse, dem Zentrum für gemeinnützigen Journalismus und Medienvielfalt, das von der Schöpflin Stiftung gefördert wird.