Von Katja Engel, Studentin der TU-Dortmund

Der Sand knirscht zwischen den Zähnen, wenn der Wind weht. Der Wind bringt aber nicht nur einfach Sandkörner, er trägt radioaktiv belasteten Abraumstaub von einer Uranhalde in Südafrika zu den Menschen, die ganz nahe an der Halde leben. Katja Becker, Filmemacherin, reist in dieser Geschichte über den Uranabbau vom niedersächsischen Wendland, wo der Atomabfall begraben werden könnte, bis nach Südafrika, wo gerade eine Renaissance der Atomkraft beginnt. Seit sieben Jahren berichtet Katja Becker regelmäßig über afrikanische Länder, in denen sie inzwischen ein gut funktionierendes Netzwerk aufgebaut hat. Ursprünglich ist Katja Becker gelernte Krankenschwester mit tropischer Zusatzausbildung und einem Studium in Projektmanagement. Selbstorganisiert arbeitete sie 2005 für sieben Monate in einem Kinderkrankenhaus in Nigeria.

Von Krankenschwester zu Filmemacherin

Katja Becker im Interview. (Foto: www.ujuzi.de)

Katja Becker im Interview. (Foto: www.ujuzi.de)

Damit begann ihre Leidenschaft für den Kontinent Afrika. Hier sieht sie die Themen, die in der westlichen Welt kaum beachtet werden, von den Folgen des Palmölabbaus bis zur ländlichen Wasserversorgung. „Das sollte die Welt erfahren, was dort passiert. Dort, wo die Welt nicht hinguckt.“ Das ist ihre Motivation als Journalistin und Filmemacherin zu arbeiten. Sie reist in Länder wie Kenia und Tansania, Länder, denen der Verein Reporter ohne Grenzen erkennbare Probleme mit der Pressefreiheit bescheinigt. Ihr ist es „wichtig zu zeigen, dass das, was die Regierungen in diesen Ländern versprechen, nicht die ganze Seite zeigt. Wir wollen einen Teil dazu beitragen auch die andere Seite zu zeigen.“ Das neue Denken in Afrika beginnt gerade, das Einfordern von Bürgerrechten, Demonstrationen, auf denen Afrikaner lautstark und mit Musik aufbegehren. Die Filme von Katja Becker dokumentieren dies nicht nur, sie ergänzen das journalistische Angebot vor Ort.

Recherchieren in Afrika

2nd Nuclear Industry Congress Africa 2015 (Foto: www.ujuzi.de)

2nd Nuclear Industry Congress Africa 2015 (Foto: www.ujuzi.de)

So wie eben „Legacy Warnings“, ein Film über die radioaktiven und chemischen Hinterlassenschaften des Uranabbaus in Südafrika und Tansania. Der Film läuft in Deutschland auf Veranstaltungen und Festivals, aber auch im südafrikanischen Fernsehen. „Legacy Warnings“ haben Katja Becker, Jonathan Happ und Jean Jacques Schwenzfeier gemeinsam geplant, gedreht und geschnitten. Doch die Recherchen dazu waren nicht einfach. Zu Regierungssprechern bekamen sie keinen Zugang, medizinische Studien zu ihren Themen gibt es so gut wie nicht. Also nutzten sie eine Vielzahl anderer Quellen: betroffene Menschen, NGO’s, örtliche Umweltorganisationen, Schulleiter, traditionelle Heiler, Umweltaktivisten, Arbeiter, Wissenschaftler, Manager der GTZ (deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit) und Archivmaterial. Und die Gegenseite? Die Aussagen einer Energieministerin und von Präsidenten übernehmen sie aus tagesaktuellen Nachrichtensendungen.

Luftbild Abraumhalde (Foto: www.ujuzi.de)

Luftbild Abraumhalde (Foto: www.ujuzi.de)

Außerdem treffen sie die Anbieter von Atomtechnologie und Organisationen wie die Dekra auf zahlreichen Industriemessen in den afrikanischen Ländern. Sie waren überrascht, als sie zu den in Tansania und Südafrika stattfindenden Konferenzen zu Atomenergie ganz offiziell akkreditiert wurden. Denn als kritische Reporter in Afrika sind sie bekannt. Sie bleiben die einzigen Journalisten überhaupt, die dort erscheinen. Hier guckt die Welt anscheinend tatsächlich nicht hin.
„Legacy Warnings“ zeigt aber auch die Schwierigkeiten einer Reportage in Ländern mit begrenzter Pressefreiheit. Am Ende“, sagt sie, „können wir keine ganz klare Antwort darauf geben, ob die Menschen aufgrund der Radioaktivität krank geworden sind.“ Der Film zeigt aber die verwüsteten Landschaften nach dem Abbau, die wirtschaftliche Zerstörung nach einem zeitlich begrenzten Aufschwung und die Menschen, die so viele unbeantwortete Fragen zu ihren Krankheiten haben.

Wie finanziert man das?

Kinder in Tudor Shaft in der Nähe einer Halde. (Foto: www.ujuzi.de)

Kinder in Tudor Shaft in der Nähe einer Halde. (Foto: www.ujuzi.de)

Katja Becker bedauert trotz all der Mühen nur eines: „die geringen eigenen finanziellen Mittel und nur zeitlich begrenzte Ressourcen nutzen zu können.“ Der Film über den Uranabbau wurde von Olin mit einem Stipendium unterstützt und hat eine professionelle Postproduktion mit Musik, Sprecherin und Tonmischung ermöglicht. Netzwerkrecherche hat mit dem Mentor Egmont Koch, der selber Filmemacher ist, beratend zur Seite gestanden
Aber die nächsten Recherchen stehen für Katja Becker schon fest: Die Wasserversorgung in Kenia für ländliche Bauern. „Wir suchen halt Themen aus, die uns unter den Nägeln brennen. Das machen wir dann.“ Da halten sie die finanziellen geringen Mittel nicht ab.