Panel „Pressefreiheit in Zeiten der Massenüberwachung – Netzdissidenten im Exil berichten” mit Alexa O’Brien, Moderator Christian Mihr und Sarah Harrison (v.l.n.r., Foto: Raphael Hünerfauth)

Eine Veranstaltung, zwei Frauen, zwei Fragen und das Thema Pressefreiheit in Zeiten der Massenüberwachung. Alexa O’Brien und Sarah Harrison sind Expertinnen auf einem Gebiet, das zum Thema einer ganzen Generation geworden ist: Staatliche Massenüberwachung. Ihre Namen sind aufs Engste verbunden mit Wikileaks und den beiden prominentesten Whistleblowern unserer Zeit: Chelsea Manning und Edward Snowden.

Die Britin Harrison arbeitet für Wikileaks und begleitete Snowden mehrere Monate lang, bis er in Russland Asyl erhielt. Die US-Amerikanerin O’Brien machte sich unter anderem durch ihre Berichterstattung über den Gerichtsprozess gegen die Soldatin Manning einen Namen. Heute leben O’Brien und Harrison in Berlin.

Sarah Harrison (Foto: Raphael Hünerfauth)

Warum haben sie sich ausgerechnet Deutschland ausgesucht? Und sind sie überhaupt Journalistinnen oder doch eher Aktivistinnen? Für viele Journalisten besteht hier ein Widerspruch. Sie tragen wie eine Monstranz den Hajo-Friedrichs-Grundsatz vor sich her, sich mit einer Sache niemals gemein zu machen – auch nicht mit einer guten. Harrison sagt, sie sei genervt von dieser Diskussion. Sie erwidert: „If you are not working to change something, I don’t think you should be a journalist.“ Bereits wenige Sekunden später wird der Satz von Teilnehmern der Konferenz vielfach in die Welt hinausgetwittert. Auch O’Brien scheint kein Problem damit zu haben, dass man sie als Aktivistin bezeichnet: Sie setze sich schließlich dafür ein, die Öffentlichkeit mit Informationen zu versorgen.

Alexa O’Brien (Foto: Raphael Hünerfauth)

Für ihren aktuellen Wohnort Berlin haben die beiden Frauen unterschiedliche Gründe. O’Brien arbeitet gerade an Projekten, die ihre Anwesenheit in Deutschland erfordern. Sarah Harrison hingegen kann nicht nach England zurückkehren, weil sie in ihrem Heimatland staatliche Repressionen zu erwarten hat. Aber sie lobt auch die Haltung der deutschen Medien: Bei ihrer Ankunft in Berlin habe sie das Cover des „Spiegel“ gesehen, der Asyl für Snowden forderte, das habe ihr gefallen. Und allgemein gebe es in der deutschen Öffentlichkeit viel Verständnis und Unterstützung für den Whistleblower. Ganz sicher, das sagen sowohl Harrison als auch O’Brien, fühlen sie sich in der Bundesrepublik allerdings nicht – die deutsche Regierung sei nicht in der Lage, sich den USA gegenüber durchzusetzen.

Gegen Ende kommen Fragen aus dem Publikum. Der Journalist und Blogger Richard Gutjahr will wissen, „was das alles eigentlich soll“ mit der NSA-Überwachung – schließlich wisse man doch, dass diese nicht wirklich aus Gründen der Terrorabwehr geschehe. Warum also dann? Sarah Harrison antwortet mit einer Binsenweisheit: Wissen ist Macht. Je mehr Informationen angehäuft würden, desto mehr Macht habe die jeweilige Regierung. Schließlich wisse man nie, wofür einmal gespeicherte Daten später benutzt werden könnten. Betretene Blicke im Publikum. Obwohl das eigentlich auch schon jeder wusste.