Es gibt zu wenige fest angestellte Auslandskorrespondentinnen. Doch sind dafür verkrustete, männliche Machtstrukturen verantwortlich? Oder müssen die Frauen lauter Wort ergreifen, wenn sie ins Ausland möchten? 

Unter den leitenden Auslandsreportern der ARD sind nur 20 Prozent Frauen, beim ZDF ist es gerade mal jede Sechste. Das ist problematisch, findet Spiegel-Redakteurin und ProQuote-Vorsitzende Annette Bruhns, würden doch gerade im Ausland „Karrieren gestartet und gemacht“. Antonia Rados kann das bestätigen. Als sie in den 1970er-Jahren beim ORF einstieg, seien für Frauen in den Medien Karrieren nicht vorgesehen gewesen. „Als ich jung war, musste man sich als Frau Lücken schaffen, seinen eigenen Job kreieren.“ Rados ging auf eigene Faust ins Ausland, wurde Korrespondentin in Südamerika, Afrika und im Nahen Osten. Dort wurde sie zur preisgekrönten Kriegsreporterin. Dass die Auslandspositionen im Journalismus auch heute noch eine Männerdomäne sind, hat für Rados eine klare Ursache: „Im Kreis der Macht“, wo Personalentscheidungen getroffen werden, seien noch immer hauptsächlich Männer vertreten. „Seilschaften spielen eine große Rolle“, sagt Rados.

Joachim Knuth, Hörfunkdirektor des NDR, beteuert, dass die Machtstrukturen beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht mehr „so maskulin geprägt sind“ wie noch vor Jahren. Es gebe viele Chefredakteurinnen und die Entscheidung, welche KollegInnen ins Ausland entsandt werden, liege mehrheitlich bei Frauen. Trotzdem sei man noch nicht da, wo man hinwolle. „Frauen springen nicht als erste auf, wenn ein Posten frei wird“, stellt Knuth fest. Auch wollten sie sich oft nicht für die nächsten fünf Jahre festlegen. Einige Frauen hätten ein halbes Jahr vor Amtsantritt wieder abgesagt.

Antonia Rados wird wütend, wenn sie das hört: „’Wir bemühen uns so sehr, aber die Frauen wollen nicht‘, das höre ich seit 20 Jahren“, sagt sie. Die Medienunternehmen müssten über ihren eigenen Schatten springen und Jobs schaffen, die zu Frauen passen. Knuth ist beim NDR zuletzt einen Schritt in diese Richtung gegangen und versucht, neue Arbeitsmodelle zu etablieren. Vor kurzem ging ein Ehepaar gemeinsam als Korrespondenten ins Ausland. Außerdem will er möglich machen, dass sich zwei Frauen mit kleinen Kindern eine Stelle teilen. Und: Er frage gezielt zuerst Kolleginnen bei freien Stellen in Auslandsstudios, bevor sie ausgeschrieben werden.

Frauen, die als Auslandskorrespondentinnen arbeiten wollen, empfiehlt Spiegel-Reporter Christoph Reuter, für die Quote zu kämpfen. Ein anderer Weg könne es sein, nicht zuerst bei Medienunternehmen anzuheuern, sondern sich auf eine Region zu spezialisieren und dort als freie Journalistin auf eigene Faust hinzugehen. Diesen Weg ist Susanne Knaul gegangen, die für verschiedene Printmedien aus Israel berichtet. Es erfordere allerdings Mut, das soziale Netz zuhause hinter sich zu lassen. Außerdem sei es sehr arbeitsintensiv, ohne festen Arbeitgeber finanziell über die Runden zu kommen. Wer deshalb doch lieber als feste Mitarbeiterin im Ausland Karriere machen will, sollte gegenüber der Chefetage frühzeitig Interesse bekunden, rät NDR-Mann Knuth.

Einig sind sich alle: Frauen haben es noch immer schwer, als Auslandskorrespondentin Fuß zu fassen. „Machen Sie sich klar, was Sie wollen und wohin Sie wollen. Seien Sie lästig und arbeiten Sie sehr, sehr viel“, fasst Antonia Rados zusammen.

nr14-Panelbeschreibung hier: „Auslandsreporter – Wo sind die Frauen?