Vor einigen Jahren bereits wurde in den USA und in Deutschland der Tod des Investigativjournalismus‘ vorhergesagt. Bis Wikileaks und die Snowden-Dokumente veröffentlicht wurden. Heute liegt im Investigativen Journalismus die große Hoffnung der Journalismus. Vier Größen beider Länder blicken zurück und nach vorn.

Panel „Was ist uns Recherche wert? – USA und Deutschland im Vergleich“ mit Georg Mascolo, Seymour Hersh, Moderatorin Brigitte Alfter, Monika Bäuerlein und Andrew Lehren (Foto: Wulf Rohwedder)

Deutsche Investigativjournalisten haben einen guten Ruf als die ‚vierte Macht‘, sind untereinander aber gnadenlos. Dagegen heisst es von den US-Amerikanern, sie wühlten im Dreck und hinterließen verbrannte Erde – allerdings würden sie untereinander stärker zusammenhalten. So weit die Vorurteile.

Trotz der verschiedenen Kulturen war die Tendenz in beiden Ländern lange Zeit eindeutig: Wer investigativ arbeiten wollte, musste es entweder in seiner Freizeit tun oder seine Arbeit im Hamsterrad verringern, um recherchieren zu können. Wegen Geldmangels und großer Orientierungslosigkeit verblasste der Recherchejournalismus neben vermeintlich ertragreicheren Gattungen. Sowohl in Deutschland, als auch in den USA lagen die Grabreden für den „research journalism“ bereits in den Schubladen.

Doch Coups wie Wikileaks und spätestens die NSA-Dokumente zeigten zum ersten Mal seit Watergate, dass journalistische Enthüllungen doch die Welt verändern können. Redaktionen gründeten oder erweiterten in den letzten Jahren zunehmend ihre Investigativteams. First look media in den USA wird mit 250 Millionen Dollar privatfinanziert und gilt als großer Hoffnungsträger. Deutsche Pendants wie Correktiv oder Krautreporter sind kleiner, ziehen aber viel Aufmerksamkeit auf sich.

Es sieht also nach hohen Überlebenschancen für den investigativen Journalismus aus. Bedingung sei, so die Runde, dass die Formate sich an die Inhalte anpassen. Vor allem Printprodukte könnten gegen die Online-Konkurrenz nur bestehen, wenn sie die großen Enthüllungen liefern. Vielleicht werde es sogar so sein, dass irgendwann die Onlineauftritte den investigativen Printjournalismus – und nur ihn, nicht die reinen Nachrichten – querfinanzieren.  Denn Investigativrecherche ist zeitaufwendig und teuer. Durch das Internet würden die Kosten zwar gesenkt, trotzdem bleibe der Erfolgsdruck groß.

Pulitzer-Preisträger Seymour Hersh (Foto: Wulf Rohwedder)

Gleichzeitig sei der Investigativjournalismus eines der mühsamsten Felder. Wer sich daran wage, dürfe nicht erwarten, sofort in die Fußstapfen der großen NSA-Aufdecker zu treten. Andrew Lehren sagt, dass auch die alltäglichen Geschichten über Einzelschicksale der Recherche bedürfen. Die Journalistinnen und Journalisten im Großen wie im Kleinen hätten die gleiche DNA: Sie würden dort rumschnüffeln, wo es stinke. Die Frage danach, ob die eigene Arbeit Journalismus oder Aktivismus ist, solle nachrangig sein. “Wissen wird Wandel bringen, dazu wird es generiert.”- “Selbstzensur ist das schlimmste, das wir unserem Beruf antun können”, sagt Seymour Hersh und setzt nach: “unabhängiges Denken gibt es ohnehin nicht.”

Was geben die Redner jungen Journalistinnen und Journalisten mit?

„Think for yourself and out of the box. Keep digging.”  (Lehren)

“Be sure you want to do this.”  (Bäuerlein)

“Read before you write. Get the fuck out of the way of the story.”  (Hersh)

“Love what you are doing.“  (Mascolo)