Die Finalisten im Grow-Wettbewerb 2019 stehen fest
Wir stellen die Projekte der Gründerinnen und Gründer im gemeinnützigen Journalismus vor:
Plastisphere – Podcast über Plastikmüll
Mit der Recherche- und Podcast-Serie Plastisphere taucht die freie Journalistin Anja Krieger tief in das Umweltthema Plastik ein. Sie macht sich auf die Suche nach Hintergründen, Fakten und Lösungen für das wachsende Mülllproblem. Worauf fußt unsere Beziehung zu Plastik, wohin steuert sie? Was wissen wir über die Auswirkungen des Kunststoffkonsums – und wie können wir seine Folgen lindern? Das sind die Fragen, die sie Episode für Episode aus einem anderen Winkel beleuchtet.
Bisher sind sechs Folgen erschienen. Dort untersucht die Autorin etwa die Zusammenhänge zwischen Klimawandel und Plastikkonsum, die Rolle von Müllsammler*innen bei der Abfallverwertung, die Folgen von Kunststoffmüll für die Gesundheit von Böden, die Geschichte viraler Fotos und das neue Forschungsfeld Nanoplastik. Krieger besucht vermüllte Strände ebenso wie Chemiefabriken, sie spricht mit Expert*innen aus Wissenschaft, Kunst, Aktivismus und anderen Feldern und verfolgt die Entwicklungen in Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Geschichte und Gesellschaft.
Die Autorin nutzt die hohe mediale Aufmerksamkeit für das Thema Plastikmüll, um über weitere wichtige globale Herausforderungen zu berichten, wie den Schutz der Meere, die Linderung des Klimawandels, das Thema Bodendegradation oder extreme Armut. Sie behandelt Müll in der Umwelt als das sichtbarste Symptom einer Gesellschaft, die die Tragfähigkeit des Planeten überschreitet, und richtet den Blick sowohl auf gemeinsame Wurzeln verschiedener Probleme wie Zielkonflikte bei dem Versuch, sie zu lösen.
Der englischsprachige Podcast ist kosten- und werbefrei auf der Projektwebseite und den meisten Podcast-Plattformen zu hören. In der journalistischen Genossenschaft RiffReporter veröffentlicht Anja Krieger dazu deutschsprachige Artikel. Ausgewählte Folgen produziert sie in Zusammenarbeit mit dem Deutschlandfunk Kultur in deutscher Sprache. Ein Projekt von Anja Krieger.
dis:orient – Online-Magazin für Nordafrika und Westasien (WANA)
Das Interesse am „Nahen Osten” ist riesig. Leider meist nur dann, wenn Krieg, Terror und Migration die Schlagzeilen bestimmen. Die scheinbar ewige Unruhe der Region wird zu oft über Religion, Kultur oder Ethnie erklärt. dis:orient will zwei Dinge: Bessere Analysen zur Region liefern und orientalistische Klischeebilder einreißen.
14 Jahre lang haben wir dieses Ziel unter dem Namen Alsharq verfolgt: 2005 als Blog gegründet, sind wir zu einer unabhängigen Plattform für junge Journalist*innen, Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen geworden, die zu und in Nordafrika und Westasien (WANA) arbeiten. Neben Analysen zum aktuellen Zeitgeschehen finden bei uns Themen Platz, die in den etablierten Redaktionen oft als zu nerdig, komplex oder schlichtweg nicht relevant genug gelten. Wir sind aber der Meinung, dass es all das braucht, um WANA im globalen Kontext zu betrachten und in den fundierten Austausch zu treten. Dazu dient auch unser zweiter Schwerpunkt der Bildungsarbeit, mit dem wir die Öffentlichkeit und den politischen Diskurs über die WANA in Deutschland mitgestalten.
Hintergründig. Ehrenamtlich. Und zugegeben manchmal etwas unkoordiniert.
Das soll sich ändern! Dank der Fusion mit dem Verein Liqa e.V. und unter unserem neuen Label dis:orient, schlagen wir seit Mai 2019 gemeinsam ein neues Kapitel auf. Unser Blog entwickelt sich mehr und mehr zum Online-Magazin. Dafür wünschen wir uns mehr Reichweite, mehr globale und postkoloniale Vernetzung und mehr Einfluss auf die öffentliche Debatte in Deutschland. Kurzum: Wir wollen uns professionalisieren und brauchen dazu professionelle Unterstützung. Ein Projekt von Anna-Theresa Bachmann und Daniel Walter.
next media makers – Netzwerk für Berufseinsteiger
next media makers ist ein Netzwerk für Berufseinsteiger in den diversen Branchen der Medienproduktion. Der Verein bietet für seine Mitglieder Workshops zu allen Themen der Freiberuflichkeit. Eine spannende Reportage schreiben oder umwerfende Fotos schießen? Wir sind uns sicher: Ihr beherrscht euer Handwerk – und seid auf dem besten Weg zum Profi. Doch es gibt noch viele weitere Hürden in der Freiberuflichkeit und wir wollen euch dabei begleiten. Sollte ich diese Rahmenvereinbarung wirklich unterschreiben? Wie komme ich an neue Kontakte in Redaktionen? Und vor allem: Wie viel ist meine Arbeit wirklich wert? Mit günstigen Workshops bietet next media makers erste Hilfen zu praktischen Fragen rund um den Berufseinstieg.
Außerdem ist das Netzwerk ein Kreativzentrum über alle Medienbranchen hinweg: Ihr erarbeitet gerade eine aufregende Fotoreportage und braucht noch einen Journalisten, der dazu einen Artikel schreibt, sodass ihr beides zusammen verkaufen könnt? Ihr dreht gerade einen Film und braucht noch einen Produzenten im Team? Bei next media makers findet ihr bestimmt die richtige Person dafür.
Und bei unseren Ask-me-Anything-Abenden bringen wir euch in Kontakt mit interessanten Persönlichkeiten aus der Medienbranche. Von den alten Hasen kann man schließlich nie genug lernen. Und wer weiß: Vielleicht ergibt sich ja aus dem Abend ein Auftrag oder eine neue Zusammenarbeit… Ein Projekt von Chiara Thies, Filipa Lessing und Linda Fischer.
Follow the Grant – Datenbank zu Interessenkonflikten in der Wissenschaft
Interessenkonflikte in Forschung und Medizin sind ein wichtiges Problem, das zudem einen lohnenden Gegenstand von investigativ- und wissenschaftsjournalistischer Recherche darstellt. Darunter versteht man, dass Forscher geldwerte Leistungen (etwa von Pharmafirmen) erhalten, was wiederum ihre Entscheidungen beeinflusst, oftmals unbewusst. In der Medizin belegen wissenschaftliche Studien etwa, dass Zahlungen von Pharmafirmen mit einem veränderten Verschreibungsverhalten einhergehen, das heißt, Ärzte können andere Medikamente verschreiben (für die sie gesponsert werden), als etwa für Patienten optimal sind.
Diese Interessenkonflikte sind mehrheitlich nicht transparent, doch es gibt Ansätze dazu. Zum Beispiel fordern wissenschaftliches Journals von ihren Autoren, solche Interessenkonflikte bei der Publikation wissenschaftlicher Artikel offenzulegen.
Follow the Grant erstellt eine Datenbank aus solchen Interessenkonfliktangaben, in der Journalisten leicht nach Namen von Forschern und auch Geldgebern suchen können. Damit schaffen wir erstmal ein Werkzeug, das die Basis für automatisierte investigativjournalistische Recherche in dem Bereich ermöglicht. Wir sehen das Projekt als gemeinnütziges Tool für die Community, das die Hürden für investigative Recherchen im Wissenschaftsjournalismus senkt. Im ersten Schritt wollen wir in Kooperation mit Massenmedien journalistische Recherchen veröffentlichen, langfristig soll Follow the Grant über Partner wie Journalistenverbänden betrieben werden. Gefördert wird das Projekt vom Medieninnovationszentrum Babelsberg (MIZ) und vormals vom Prototype Fund. Ein Projekt von Hristio Boytchev.
NLNS – Nalans Late Night Show
„NLNS – Nalans Late Night Show“ ist eine Nachrichtensatire. Als „Infotainment Format“ orientieren sich die Themen der Sendung an der Lebensrealität der deutsch-türkischen Jugendlichen sowie der herkunftsdeutschen Bevölkerung. Die Sendung hat drei Ziele:
- Deutsch-türkischen Jugendlichen eine lebhafte Social-Media-Plattform bieten, auf der sie sich in der öffentlichen Debatte einbringen und austauschen können.
- Die Gleich- Ungleichzeitigkeiten zwischen der Türkei und Deutschland in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rücken. Durch eine satirische Aufbereitung sollen die Nachrichten/Ereignisse aus beiden Ländern die Funktion einer kritischen Spiegelung erfüllen. Insbesondere soll eine Sensibilität dafür aufgebracht werden, wie groß die lebensgeschichtlichen Gemeinsamkeiten der aus der Türkei stammenden Migranten und der „einfachen“, benachteiligten herkunftsdeutschen Bevölkerung.
- Die öffentliche Debatte in Deutschland durch den vielschichtigen sowie spannungsvollen Wechselblick der Journalisten mit Migrationshintergrund bereichern.
Durch geplante „Live-Journalism“ Angebote setzt die Sendung auf den direkten Austausch mit ihrem Publikum und schafft so Vertrauen zwischen Konsumenten von Nachrichten und Journalisten.
Die Ideengeberin der Sendung hat eine gesellschaftliche Zukunftsvision: Sie werde grün, weiblich und bunt. Und mit ihrer Persönlichkeit stehe sie genau für diese Zukunft.
Um eine finanzielle Förderung zu erhalten, wurde das Format wurde bereits der Bundeszentrale für politische Bildung sowie der Robert Bosch Stiftung eingereicht. Durch das GROW-Stipendium erhoffen sich die Macher der Sendung den Erwerb sowie die Ausstattung eines „Green Studios“, sodass die Sendung ohne teure Produktionskosten realisiert werden kann.
Die Sendung wird in Zusammenarbeit mit dem KulturForum TürkeiDeutschland e.V. realisiert. Gegründet in den 1980er Jahren durch Kulturschaffende und Medienexperten, organisiert der Verein überregionale Veranstaltungen und sieht sich als Förderer des interkulturellen Dialogs. Ein Projekt von Nalan Sipar (Zeichnung: Nalan Sipar).