Trennung von PR und Journalismus muss im Kodex normiert werden

Der Deutsche Presserat ist nach Einschätzung der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche eine sehr wichtige Einrichtung; die Festlegung auf das Prinzip der konsensorientierten Selbstkontrolle führt aber dazu, dass wichtige Konflikte in Zeitungen und Zeitschriften ausgeklammert werden.

Dazu gehört nach Auffassung von Netzwerk Recherche die eigentlich selbstverständliche Trennung von PR und Journalismus, die vom Presserat im Rahmen der Aktualisierung des Kodex zwar angekündigt, aber dann doch nicht umgesetzt wurde. Die Auffassung des Deutschen Presserats, „Ich denke nicht, dass man Journalismus und PR heute noch so einfach von einander trennen kann” (Geschäftsführer Lutz Tillmanns, in: Menschen machen Medien, 10/2006, S. 12), ist aus Sicht von Netzwerk Recherche eine „unverantwortliche und unhaltbare Position“.

„Wenn ausgerechnet der Deutsche Presserat die Trennung zwischen PR und Journalismus nicht offensiv vertritt, ist dies ein Alarmzeichen. Durch die Toleranz gegenüber PR gefährdet der Presserat den Lebensnerv des unabhängigen Journalismus und seine Autorität in der gesamten Spruchpraxis“, sagte der Vorsitzende von Netzwerk Recherche, Thomas Leif, anlässlich des 50-jährigen Bestehens des Selbstkontrollorgans von Verlegern und den Journalisten- Gewerkschaften DJV und DJU in ver.di.

Der Deutsche Presserat könne zudem auf Dauer seine Hinterzimmerpolitik nicht fortsetzen. Nur die Transparenz der Entscheidungswege und die Zulassung von unabhängigen Medienexperten und Initiativen, die sich seit Jahren mit dem Thema „Journalistische Ethik“ beschäftigen, können die notwendige Legitimationsbasis für die anspruchsvollen Zukunftsaufgaben des Presserats schaffen.

„Wir unterstützen die Arbeit des Presserats nachdrücklich; genauso deutlich fordern wir aber – im Interesse der Legitimationssicherung des Presserats – öffentliche Sitzungen des Gremiums und die Einbeziehung von Fachleuten aus der Wissenschaft und der journalistischen Praxis. Außerdem muss darüber nachgedacht werden, wie die Betroffenen und Nutzer der Zeitungen und Zeitschriften besser in die Verfahren einbezogen werden können. Öffentliche Sitzungen wären ein erster Schritt“, sagte Leif.

Der Deutsche Presserat sollte zudem – so die Forderung von Netzwerk Recherche – sein Image als „Papiertiger mit dem stumpfen Schwert der Rüge“ abstreifen, und stattdessen mutig und besonnen die zentralen Konflikte der Presse ansprechen und öffentlich kritisieren. Dabei sollte sich ein erweiterter Presserat künftig einmal im Jahr mit einer „Denkschrift“ an die Öffentlichkeit wenden und die im Laufe des Jahres gesammelten Erkenntnisse und Tendenzen für die journalistische Praxis bündeln. Isolierte Einzelentscheidungen und der Abdruck von Rügen mit einjähriger Verzögerung bringen nichts für die Betroffenen und nichts für das Ansehen des Presserats, so Netzwerk Recherche.