Grow-Stipendien: Shortlist 2024/25

Sechs herausragende Medienprojekte stehen im Finale der Grow-Stipendien 2024/25, die Netzwerk Recherche und die Schöpflin Stiftung bereits zum neunten Mal vergeben. Am 15.10.2024 präsentieren die Finalist:innen ihre innovativen Ideen online vor der Jury. Bis zu drei von ihnen werden schließlich mit den Grow-Stipendien ausgezeichnet. Das ist unsere Shortlist 2024/25:

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Wir trauern um Christoph Maria Fröhder

Unser Mitglied Christoph Maria Fröhder ist im Alter von 81 Jahren in Frankfurt am Main verstorben. Der Auslandsreporter, Kriegsberichterstatter und Fernsehjournalist war von 2001 bis 2009 Mitglied im ehrenamtlichen Vorstand unseres Vereins. „Das Netzwerk Recherche und die investigative Recherche wären heute nicht so weit, wie sie es sind, hätte es zu Beginn, vor 25 Jahren, nicht Menschen wie Christoph Maria Fröhder gegeben. Er hat sich über Jahre kritisch und unermüdlich für einen besseren Journalismus und für die investigative Recherche eingesetzt. Er hat den Journalismus in Deutschland besser gemacht. Dafür sind wir ihm sehr dankbar“, sagt Daniel Drepper, 1. Vorsitzender des Vereins.

Christoph Maria Fröhder bei einer Veranstaltung von Netzwerk Recherche im Jahr 2011. (Foto: Jörg Wagner)

Christoph Maria Fröhder bei einer Veranstaltung zur Auslandsberichterstattung im Jahr 2011 in Berlin. (Foto: Jörg Wagner)

Wie prägend die Begegnungen mit Christoph Maria Fröhder und wie wichtig sein Wirken für Netzwerk Recherche waren, zeigen auch die Stimmen, die wir zum Tod des Reporters in unserem Verein gesammelt haben. Sie beschreiben ihn als unerschrockenen, engagierten und zugewandten Menschen, den nicht die Abenteuerlust in all die Krisen- und Kriegsgebiete trieb, sondern die Chronistenpflicht als Journalist. Christoph Maria Fröhder wird uns und dem Journalismus fehlen.

„Christoph war die seltene Kombination aus einem großartigen, einem großherzigen Menschen und einem wunderbaren Kollegen. Scharf in der Analyse, notwendigerweise auch unseres eigenen Berufsstandes, aber immer neugierig, zugewandt, hilfsbereit. Seine Leidenschaft wird fehlen. Und so vieles andere auch.“
Georg Mascolo, Gründungsmitglied Netzwerk Recherche

„Er war unermüdlich, immer voll mit wichtigen Geschichten. Und Christoph Maria Fröhder hatte in jeder Sekunde ein Anliegen: Er setzte sich für andere ein und mahnte bei vielen Netzwerk-Recherche-Jahreskonferenzen zu besserem Journalismus. Vor allem aber trug er selbst genau dazu bei: als Journalist, Reporter und Kollege. Danke, lieber Christoph!“
Julia Stein, 1. Vorsitzende Netzwerk Recherche von 2015 bis 2021

„Die Begegnungen, die Gespräche mit Christoph waren nie langweilig. Denn er konnte viel erzählen, weil er – im Gegensatz zu manch anderen – auch viel erlebt hatte. Beeindruckend seine Berichte aus Vietnam, Afghanistan, Angola, vom Golfkrieg oder vom Einmarsch der Roten Khmer in Phnom Penh. Er war – als freier Journalist – immer vor Ort. Auch dann, wenn es anderen viel zu gefährlich war. Nicht die Abenteuerlust war es, die ihn in all die Krisen- und Kriegsgebiete trieb, sondern – so sein Credo – die Chronistenpflicht als Journalist. Er war streitlustig, engagierte sich für bessere journalistische Rahmenbedingungen, um die Recherche zu stärken. Er kritisierte viele Fehlentwicklungen im Journalismus, auch in der ARD, für die er viele brisante Filme produzierte. Aber es ging ihm nie um sich, sondern immer um guten und glaubwürdigen Journalismus. Seine Kritik, seine Haltung und sein Engagement waren vorbildlich – und werden uns jetzt leider fehlen.“
Kuno Haberbusch, Gründungsmitglied Netzwerk Recherche

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Freilassung von Evan Gershkovich und anderen Journalist:innen

Netzwerk Recherche begrüßt die Freilassung der Journalist:innen Evan Gershkovich, Alsu Kurmasheva und Wladimir Kara-Mursa.

„Es ist gut, dass Evan Gershkovich, Alsu Kurmasheva, Wladimir Kara-Mursa und die anderen Inhaftierten endlich frei sind”, sagt Annelie Naumann, 2. Vorsitzende von Netzwerk Recherche. „Die Journalist:innen wurden auf Grundlage falscher Anschuldigungen verurteilt, um sie dann gegen einen Mörder und andere Kriminelle auszutauschen. Das ist ein alarmierendes Signal, das die ohnehin schwierigen Bedingungen für Berichterstatter:innen in Russland weiter verschlechtern wird.”

Evan Gershkovich, Reporter des Wall Street Journal, war im Juli wegen angeblicher Spionage in einem Schauprozess zu 16 Jahren Lagerhaft verurteilt worden. Beinahe gleichzeitig wurde die Journalistin Alsu Kurmasheva zu sechseinhalb Jahren Gefängnis verurteilt – wegen angeblicher Falschmeldungen über die Armee. Der Journalist und Politiker Wladimir Kara-Mursa wurde im April 2023 wegen seiner Kritik am Ukraine-Krieg zu 25 Jahren Strafkolonie verurteilt.

Netzwerk Recherche fordert die sofortige Freilassung aller inhaftierten Journalist:innen, die aufgrund ihrer Arbeit verfolgt werden. Die Einschüchterung und Inhaftierung von Medienschaffenden ist eine Bedrohung für die freie Meinungsäußerung und den demokratischen Diskurs.

Erklärung von Netzwerk Recherche zur Verurteilung von Evan Gershkovich am 19. Juli

„Free Evan“ auf der NR-Jahreskonferenz Hamburg 2024. Copyright: Nick Jaussi / Netzwerk Recherche

Mit großer Erschütterung haben die mehr als 900 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Jahreskonferenz der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche auf die Verurteilung von Evan Gershkovich reagiert. Der US-Journalist vom Wall Street Journal wurde am 19. Juli in Russland wegen angeblicher Spionage zu 16 Jahren Lagerhaft verurteilt.
Wir sind solidarisch mit unserem Kollegen Evan Gershkovich, der in einem Schauprozess verurteilt wurde, der mit einem rechtsstaatlichen Verfahren nichts zu tun hat. Wir fordern seine Freilassung.
Lieber Evan, die Journalist:innen auf der Jahreskonferenz von Netzwerk Recherche denken an Dich und wünschen Dir viel Kraft. Journalismus ist kein Verbrechen.

Honorarfreies Pressefoto kann bei Nennung des Fotografen (Credit: Nick Jaussi/Netzwerk Recherche) im Zusammenhang mit der Berichterstattung über die Konferenz und/oder die Aktion kostenfrei verwendet werden (hier Foto in hoher Qualität abrufen).

Leitlinie Journalismus und PR

Die „Leitlinie Journalismus und PR“ wurde am 19. Juli 2024 von der Mitgliederversammlung beschlossen.

Das Netzwerk Recherche problematisiert in dieser Leitlinie all jene Leistungen als PR, die einer nicht-journalistischen Organisation dabei helfen, für sich und ihre Produkte, Dienstleistungen und Botschaften Öffentlichkeit herzustellen – auch, wenn dies ohne Honorar geschieht.

Im Klartext: Wer Pressemitteilungen schreibt oder Veranstaltungen organisiert, macht PR.
Wer für eine Organisation als Sprecher:in kommuniziert oder für Publikationen von Organisationen medial tätig wird, die keine unabhängigen Medien sind, macht PR. Wer Medientrainings für Politiker:innen oder Unternehmenschef:innen anbietet, macht PR.

Dies gilt auch für Arbeit, die nicht bezahlt wird – denn auch ohne Bezahlung stellen die Betroffenen für die Organisation eine Öffentlichkeit her, stellen sich also in die Dienste dieser Organisation und helfen dabei, möglicherweise interessengeleitete Informationen zu verbreiten. Zu hergestellter Öffentlichkeit beizutragen, die Partikularinteressen in ein möglichst gutes Licht rücken soll, ist ein Grundwiderspruch zu den Standards des Journalismus, der stets die Allgemeinheit im Blick hat und Informationen und Interessen kritisch abwägt. Ausnahmen sehen wir als Netzwerk Recherche bei Unterstützung im privaten Umfeld, etwa für die Fußballmannschaft der Kinder oder den lokalen Kirchenchor.

Es geht Netzwerk Recherche mit seiner „Leitlinie Journalismus und PR“ im Kern darum, Journalist:innen für Interessenkonflikte aller Art zu sensibilisieren. Wir alle sollten schon den Anschein von Befangenheit und Instrumentalisierung vermeiden. Aber: Die Leitlinie ist kein normatives Verbot, auch nicht für NR-Mitglieder. Weiterlesen

Verschlossene Auster des Netzwerk Recherche geht an Verkehrsminister Wissing

Netzwerk Recherche verleiht die „Verschlossene Auster“ für den Informationsblockierer des Jahres an Volker Wissing und das Bundesverkehrsministerium. Wissing erhält den Negativpreis für seinen problematischen Umgang mit Recherchen des Handelsblatt-Reporters Daniel Delhaes zu Interessenkonflikten in seinem Ministerium.

Im vergangenen Sommer hatte Delhaes in mehreren Artikeln aufgedeckt, dass der für Wasserstoff-Förderungen zuständige Abteilungsleiter im Verkehrsministerium einem persönlichen Freund eine Millionenförderung zugeteilt hatte – dem Vorsitzenden des Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellenverbandes. Statt nach den kritischen Berichten für Aufklärung zu sorgen, ging Wissings Ministerium aggressiv gegen den Reporter vor und leugnete die Missstände.

„Das Vorgehen von Volker Wissing und seinen Mitarbeiter*innen hat gezeigt, dass der Minister die eigenen Interessen und die seines Ministeriums über die Interessen der Bevölkerung und einer freien Presse stellt. „Die Affäre zeigt auch, wie wichtig hartnäckiger investigativer Journalismus ist“, sagt Daniel Drepper, Vorsitzender von Netzwerk Recherche. „In diesem Fall hätte es Wissing durch sein aggressives Vorgehen fast geschafft, die Affäre ohne Konsequenzen für sein Ministerium zu überstehen. Zum Glück haben andere Medien wie der Spiegel die Arbeit des von der Recherche abgezogenen Handelsblatt-Reporters Delhaes fortgesetzt.“ Weiterlesen

Ausschluss von Mitglied Hubert Seipel auf Grund von vereinsschädigendem Verhalten

Auf der diesjährigen Mitgliederversammlung von Netzwerk Recherche am 19. Juli 2024 hat die notwendige Dreiviertelmehrheit der Stimmberechtigten für den Ausschluss des Journalisten Hubert Seipel gestimmt. Im November 2023 war bekannt geworden, dass der Putin-Biograf und langjährige NR-Mitglied Hubert Seipel mindestens 600.000 Euro über eine Briefkastenfirma eines Putin-Vertrauten erhalten hatte. Der Aufforderung, aus dem Verein auszutreten, war Seipel nicht nachgekommen. Daraufhin ruhte satzungsgemäß Seipels stimmberechtigte Mitgliedschaft.

„Hubert Seipel hat mit seinem Verhalten die grundsätzlichen Regeln des unabhängigen Journalismus gebrochen und der Glaubwürdigkeit unseres Berufsstandes massiv geschadet. Gut, dass ihn unsere Mitglieder aus Netzwerk Recherche ausgeschlossen haben“, sagte Daniel Drepper, Vorstandsvorsitzender von Netzwerk Recherche.

Seipel selbst nahm aus privaten Gründen nicht an der Veranstaltung teil. Es gab zwei Enthaltungen und keine Gegenstimmen.

Netzwerk Klimajournalismus Deutschland und Netzwerk Recherche vergeben erstmals den „Deutschen Preis für Klimajournalismus“

Hamburg – Zum ersten Mal wurde am Freitag in Hamburg der mit insgesamt 6.000 Euro dotierte „Deutsche Preis für Klimajournalismus“ vergeben.

Der Podcast „Hitze – Letzte Generation Close-up, produziert von TRZ Media und rbb, erhält den Preis in der Kategorie Hauptpreis. „Daphne Ivana Sagner, Céline Weimar-Dittmar und ihrem Team ist ein fein gezeichnetes Porträt der derzeit umstrittensten Klimaaktivist*innen-Gruppe gelungen. Während radikalisierte Teile der Klimaschutz-Bewegung vielfach als kriminell abgestempelt und auch faktisch kriminalisiert wurden, haben die Autor*innen das Gegenteil versucht”, schreibt Barbara Junge (Netzwerk Recherche) in ihrer Laudatio. „Sie haben sich den Aktivist*innen genähert – ohne dabei jedoch die journalistische Distanz zu verlieren. Herausgekommen ist mehr als ein Porträt der Letzten Generation. Zugleich zeigen die Autor*innen mit ihrer Podcast-Reihe die generellen Probleme der Klimabewegung zwischen Frust und Radikalisierung auf.“

In der Kategorie Investigativ wird die Recherche „Klimaschutzprojekte in China: Milliardenbetrug in der Ölbranche?“ von ZDF frontal ausgezeichnet, von den

Autor*innen Hans Koberstein, Nathan Niedermeier, Marta Orosz und Miriam Steimer. Zur Begründung heißt es in der Laudatio von Sara Schurmann (Netzwerk Klimajournalismus Deutschland): „Die Recherche zeigt einmal mehr, wie wichtig investigativer Klimajournalismus ist. Die fossile Wirtschaft versucht seit Jahren mit großem finanziellen und personellen Aufwand ihre Billionen-Geschäfte mit Öl, Gas und Kohle zu sichern. Sie streut Zweifel und verbreitet Lügen, um wirksamen Klimaschutz zu verhindern. Umso wichtiger ist die Aufdeckung und Aufklärung durch professionellen, unabhängigen, investigativen Journalismus. Dafür hat ZDF frontal ein herausragendes Beispiel geliefert.

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Leuchtturm 2024 für Correctiv-Recherche „Geheimplan gegen Deutschland“

Netzwerk Recherche verleiht den Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen 2024 an das Medienhaus Correctiv. Die gemeinnützige Rechercheplattform hatte im Januar dieses Jahres unter dem Titel „Geheimplan gegen Deutschland“ über ein geheimes Treffen von Rechtsextremen in einer Potsdamer Villa berichtet. Stellvertretend für das gesamte Team werden Marcus Bensmann, Justus von Daniels, Anette Dowideit, Jean Peters, Gabriela Keller und Mohamed Anwar ausgezeichnet.

„Die Arbeit von Correctiv steht exemplarisch für den Wert und die Notwendigkeit von investigativem Journalismus“, sagt Daniel Drepper, Vorsitzender von Netzwerk Recherche. „Selten hat eine einzelne Recherche einen solchen Impact gehabt und uns allen gezeigt, wie wichtig diese Art von Journalismus für unseren demokratischen Diskurs ist.“ Weiterlesen

Die Klima-Netzwerkerin

Journalistik-Studierende der TU Dortmund stellen ausgewählte Referent:innen der NR24 vor: Gesa Steeger

Erst vor einigen Monaten sorgte ihre jüngste große Recherche für Aufsehen: Über die im April bei Correctiv veröffentlichte „Ökogas-Lüge“ wurde von zahlreichen deutschen Medien berichtet. Deutsche Energieversorger hatten mit „klimaneutralem Erdgas“ geworben. Ein leeres Versprechen, wie Gesa Steeger aufdeckte.

Rund sechs Monate hatte sie mit Kolleg*innen an der Geschichte gearbeitet. Unterstützt von zwei Datenjournalisten wühlten sie sich gemeinsam durch die Daten von Verra und Gold Standard – zwei der weltweit größten Datenbanken für CO2-Kompensationen. Sie fanden heraus, dass 116 Unternehmen hunderttausende Kunden täuschten. Das angebliche klimaneutrale Ökogas war nichts anderes als Erdgas. Das Geld investierten die Anbieter stattdessen in Projekte, die die schädlichen CO2-Emissionen lediglich ausgleichen sollten, etwa durch den Schutz von Wäldern in Brasilien oder den Bau von Wasserkraftwerken in Indien. Weiterlesen

Die Perspektivenwechslerin

Journalistik-Studierende der TU Dortmund stellen ausgewählte Referent:innen der NR24 vor: Annika Joeres

Annika Joeres unterteilt in ein früheres und jetziges Leben. Aufgewachsen im Ruhrgebiet, einem der ärmsten Regionen in Deutschland, hat sie früh gelernt, den Blick für die Benachteiligten der Gesellschaft zu schärfen. Für sie selbst, war die Zeit im Ruhrpott von mehreren beruflichen Rückschlägen geprägt: die Einstellung der taz NRW, wo sie stellvertretende Redaktionsleiterin war, und das drastische Schrumpfen der Frankfurter Rundschau, bei der sie als NRW-Korrespondentin gearbeitet hat. Als dann auch noch die Nachrichtenagentur dapd Insolvenz anmeldete, entschied sich Annika Joeres für einen Neuanfang in Frankreich – dem Land, in dem sie studierte und das sie wegen der französischen Literatur, dem Essen und der Alpen schon immer liebte. Dort absolvierte sie eine Bergführer-Ausbildung, bevor es sie wieder in den Journalismus zog. Weiterlesen

Der Unermüdliche

Journalistik-Studierende der TU Dortmund stellen ausgewählte Referent:innen der NR24 vor: Jürgen Döschner

Dass er Journalist werden will, wusste er schon während seiner Schulzeit, als er bei einer Schülerzeitung mitwirkte. „Ich war schon immer neugierig und hatte ein Wissens- und Mitteilungsbedürfnis“, sagt Jürgen Döschner und lacht. Für Energiethemen hatte er sich damals auch schon interessiert: „für Gas, Öl und Atomkraft“.

Nach seinem Abitur studierte Döschner bis 1983 Journalistik und Geschichte an der TU Dortmund. 1984 startete seine Karriere beim WDR als einer der ersten bimedialen Reporter im „Zweimann-Regionalstudio‘’ in Kleve. Von 1997 bis 2002 arbeitete er als Korrespondent und Studioleiter im ARD-Hörfunkstudio Moskau und berichtete über die politischen Entwicklungen in Russland. Dort kam er das erste Mal journalistisch mit Energiethemen in Verbindung. Weiterlesen

Die Brandlöscherin

Journalistik-Studierende der TU Dortmund stellen ausgewählte Referent:innen der NR24 vor: Louisa Schneider

„Was bei mir wie ein Kipppunkt gewesen ist, war die Ahrtal-Flut 2021. Das Ahrtal ist bei mir wie im Hintergarten“, sagt Louisa Schneider. „Die Klimakrise ist nicht irgendwann und irgendwo, die ist jetzt und hier“. Diese Erkenntnis hat sie für die Arbeit als freie Klimajournalistin motiviert. „Mich ziehen die negativen Ereignisse nicht runter, sondern sie bestärken mich, etwas dagegen zu tun.“

Sie erinnert sich noch gut daran, als der Klimawandel für sie noch weit weg erschien und mit negativen Emotionen verbunden war. „Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, dass Klimajournalismus pfiffig, schnell und gut verdaulich ist“, sagt die 25-Jährige heute. In ihrem Profil bei LinkedIn schreibt sie „Klimaschutz, but make it sexy“. Damit will sie aussagen, dass Journalist*innen heute mit anderen Tools an das Thema heran gehen müssen, um es für das Publikum aufzubereiten. „Vor ein paar Jahren hatte man immer noch dieses Ökotante-Bild im Kopf“, erzählt Louisa Schneider. „Da muss jedoch ein Mensch her aus der bürgerlichen Mitte. Jung, kreativ, hedonistisch“.

Gemeinsam mit Greenpeace hat sie das Projekt „Grad.jetzt – Wo Klima und Ökosysteme kippen“ ins Leben gerufen. In dem Multimedia-Projekt zeigen sie am Beispiel von fünf Klimakipppunkten, wie gefährdet das Klimasystem ist. Dafür reiste Louisa Schneider mit dem Fotografen Markus Mauthe in den Senegal, wo das Ökosystem aus der Balance gerät, in die Wälder Kanadas, die zunehmend von Bränden betroffen sind, nach Grönland, wo das Eis schmilzt, zum Pazifik, wo die Korallenriffe absterben, und in den tropischen Regenwald, der immer weiter abgeholzt wird. Diese fünf Gebiete verbindet, dass sie 1,5 Grad zu warm sind und somit den kritischen Wert überschritten haben. Wie die Folgen aussehen und wie sie sich anfühlen, versuchen Mauthe und Schneider in dem Projekt sichtbar zu machen.

Stell Dir vor, Du stehst mitten im brasilianischen Regenwald, in den Bränden, drückende Hitze, es fällt der nächste Baum um, Wildschweinfamilien laufen aus dem Wald und es fliegen brennende Vögel am Himmel – das ist kein Kapitel aus einer Dystopie, sondern das hat Louisa Schneider erlebt. „Es brennt bildlich gesehen an allen Ecken der Welt und daher will ich das Löschwasser rausholen und helfen“, sagt sie. Mit allen Mitteln, die ihr zur Verfügung stehen: auf Social Media, im Freundeskreis, in der Familie, auf Bühnen, auf der Straße, überall dort aktiv werden, wo es nur geht.

Und das, obwohl die Arbeit für sie selbst manchmal schwer wird. „Ich glaube, ich bin noch nie so stark an meine Grenzen gekommen, sowohl emotional, körperlich als auch mental“, berichtet sie und spielt dabei auf ihre Reise in den Senegal an. „Wir waren in einem Geflüchtetenlager, aber nicht für Geflüchtete aus Kriegszonen, sondern weil dort Naturgewalten ganz anders auf das Land einsprechen und sich die Menschen viel weniger schützen können“, sagt sie. Für die Menschen dort sei es wie ein Teufelskreis, aus dem sie aus eigener Kraft gar nicht ausbrechen können.

Dabei ist Louisa Schneider auch die politische Dimension wichtig, sie thematisiert auf Social Media die Gesetzeslage, die den Kampf gegen den Klimawandel erschwert. Dabei kritisiert sie beispielsweise die Arbeitsweise der fossilen Industrie, da diese einen hohen Einfluss auf die Klimapolitik hat. Ihre Arbeit trennt sie vom Aktivismus, indem sie sich durch Quellen und Fakten absichert. „Wenn ich einfach nur Louisa bin, habe ich aber auch natürlich meine eigene Meinung und ziehe Rückschlüsse durch die Erfahrungen, die ich mache“, sagt sie und teilt diese persönlichen Einblicke auf ihrem Social-Media-Kanal. Dabei ist ihr jedoch immer bewusst, in welcher Rolle sie auftritt und wofür sie einsteht.

„Es gibt keine Wissenschaft, die dauerhaft so stark in der Kritik ist und angezweifelt wird wie der Klimaschutz“, schildert sie und teilt ihr Unverständnis dafür auch mit ihrem Publikum. Die Berichterstattung löse vor allem Emotionen wie Wut, Trauer und Schuldgefühle aus. „Ich möchte mit meiner Arbeit auf positive Emotionen abzielen, dass man Hoffnung daraus schöpft, dass es nicht zu spät ist“, sagt Louisa Schneider.

Um ihre Botschaft zu transportieren, hat sie ihre Reise und ihre Erfahrungen in einem Buch mit dem Titel „Grad° jetzt: Gegen die Angst“ zusammengefasst, um anderen Mut zu machen. Denn Louisa Schneider ist davon überzeugt, dass wir alle zu einem Kipppunkt unserer selbst werden können für positive und soziale Gerechtigkeit.

Bei der Netzwerk Recherche Jahreskonferenz wird Louisa Schneider in der Session „Against all odds: Klimajournalismus auf Instagram und Tiktok“ am 20. Juli sprechen. Gemeinsam mit der Klimajournalistin und Hosterin des Podcast „Climate Gossip“, Samira El Hattab, und der Klimajournalistin und Gründerin des Digitalverlags MedyaN, Nalan Sipar, spricht sie über Klimajournalismus in den sozialen Medien.

von Antonia Marquardt (TU Dortmund)

Die Eliten-Expertin

Journalistik-Studierende der TU Dortmund stellen ausgewählte Referent:innen der NR24 vor: Julia Friedrichs

Begonnen hat alles 2005. Julia Friedrichs war damals 25 Jahre alt und arbeitete nach ihrem Studium der Journalistik an der TU Dortmund als freie Mitarbeiterin für verschiedene Medien. Für eine Geschichte für Die Zeit fuhr sie Undercover zu einem Recruiting-Prozess von McKinsey & Company, einer weltweit agierenden Unternehmensberatung mit rund 45.000 Mitarbeiter*innen. Sie wollte herausfinden, wer diese Mächtigen sind, die große Unternehmen und die Politik beraten.

Friedrichs nahm dazu an einem Gruppenauswahlverfahren in Griechenland teil. Dort waren alle Teilnehmenden jung, von sich überzeugt, hungrig nach Erfolg. Die McKinsey-Berater versuchten, ihnen die Welt der Reichen schmackhaft zu machen. Neben Workshops und Vorträgen zu dem, was einen idealen Geschäftsführer und Manager ausmacht, wurden die Anwärter*innen mit Partys und Yacht-Ausflügen verwöhnt. Weiterlesen

Die Klima-Übersetzerin

Journalistik-Studierende der TU Dortmund stellen ausgewählte Referent:innen der NR24 vor: Samira El Hattab

Samira El Hattab erinnert sich immer wieder an einen Moment in ihrem Leben: Als 16-Jährige auf einem Bremer Gymnasium soll sie mit ihren Mitschüler:innen Zeitungen lesen, sich politisch bilden und im besten Fall auch das journalistische Handwerk kennenlernen. Doch statt innezuhalten und Neugierde zu entwickeln, ist Samira verwirrt, verärgert und fragt sich: Warum verstehe ich diesen Text nicht? An mangelndem Interesse für Politik liegt es nicht, im Gegenteil. Samira El Hattab interessiert sich sehr für das Weltgeschehen. Eher liegt es an der Art und Weise, wie der Artikel geschrieben ist: eine elitäre Sprache und zu viele fremde Begriffe, die nicht erklärt werden.

Heute ist Samira El Hattab 26 Jahre alt und befindet sich auf der anderen Seite – sie ist die, die die Artikel schreibt. Zehn Jahre und ein Studium an der Kölner Journalistenschule für Politik und Wirtschaft später, hat sie sich als Journalistin auf Energie- und Klimapolitik spezialisiert. Ihr Zugang zu dem komplexen Thema: die Sprache.

„Wenn man da nicht drinsteckt, fällt es einem schwer, es nachzuvollziehen“

Samira El Hattab hat sich die Balance aus Fakten und Verständlichkeit zur Aufgabe gemacht. Ihr ist es wichtig, die Komplexität so weit wie nur möglich herunterzubrechen, um alle abzuholen. „Klimapolitik ist so wahnsinnig kompliziert, wenn man da nicht drinsteckt, fällt es einem schwer nachzuvollziehen, was da passiert“.

Angefangen hat ihre Leidenschaft für die Klimaberichterstattung beim WDR Format „klima:neutral“. Auf dem Instagramkanal berichtet Samira El Hattab für ein junges Publikum über Klimapolitik und Nachhaltigkeit. Als eine der Hosts erklärt sie in Kurzvideos die EEG-Umlage, berichtet über Lützerath und interviewt während der Bundestagswahl die Spitzenkandidat:innen. Obwohl sie viele Fakten vermitteln müssen, bleiben Samira El Hattab und ihre Kolleg:innen locker, verständlich und mit den Usern auf Augenhöhe.

Es ist gerade diese Vielfältigkeit des Themas, die sie fasziniert: Klima ist immer und überall. Und die Herausforderung, die Komplexität für das Publikum zu dolzumetschen, spornt sie an.

Ständige Selbstkontrolle

Ihr derzeitiges Herzensprojekt ist „Climate Gossip“. In dem Podcast diskutiert Samira El Hattab mit ihrer Kollegin und Freundin Jule Zentek, die genauso fürs Thema brennt, die aktuelle Klimapolitik. „Wir haben gedacht: ey, wir machen das einfach für uns, damit wir rumnerden können. Wenn unsere Zuhörer*innen daraus noch etwas mitnehmen können, umso besser“. Auch bei Climate Gossip ist es für beide wichtig, die aktuelle Klimapolitik verständlich widerzugeben. Das fällt den beiden nicht immer leicht.  „Jule und ich erwischen uns oft, dass wir zum Beispiel KSG statt Klimaschutzgesetz sagen und uns dann gegenseitig stoppen: ‚ne warte Mal, das versteht doch keiner.“ Umso wichtiger ist es den beiden, sich immer wieder gegenseitig in Bezug auf Verständlichkeit zu kontrollieren.

Verständliche Klimaberichterstattung nicht nur für Gen Z

Wenn Samira El Hattab an ihren Themen arbeitet, ist ihre 16-Jährige Version immer mit dabei. Wie sie im Politikunterricht die Zeitung in ihren Händen hält und das Papier ihren Frust widerspiegelt. „Ich kann doch nicht so blöd sein.“ Dieser Gedanke von damals hilft Samira heute, sensibel für ihre Sprache zu sein. Dabei ist es ihr wichtig, für alle Generationen gleichermaßen und nicht nur für die Gen Z Klimapolitik einfach zu erklären. „Wenn ich abends mit meiner Mama über Klimathemen rede und sie sagt: ‚Ja, ja, das hab‘ ich verstanden, dass hast du ja in deinem Podcast erklärt‘, dann freut mich das“. Ebenso, wenn ihr Zuhörer:innen von „Climate Gossip“ schreiben, dass sie durch eine Folge endlich verstanden haben, was es mit dem Klimaschutzgesetz auf sich hat.

Das sieht Samira El Hattab nicht als selbstverständlich an, denn wie viele Journalist:innen beobachtet sie eine „Klimamüdigkeit“ in der Leser:innenschaft. Der Dauerkrisenzustand und die Allgegenwärtigkeit des Themas lassen viele abstumpfen. Umso wichtiger ist es deswegen, in der Klimaberichterstattung verständlich einzuordnen und gleichzeitig trotzdem umfassend zu erklären. Damit die Leser:innenschaft wieder für die Krise sensibilisiert wird und kein Raum für Mythen und Falschinformationen entsteht. Wie genau Leser:innen wieder für das Thema begeistert werden können, beschäftigt Samira El Hattab sehr. Es komme vor allem auf Kreativität an, um Geschichten anders und neu zu erzählen.

Um die Herausforderungen der Sprache und der Formate wird es auch auf der Netzwerk Recherche Jahreskonferenz 2024 gehen. Samira El Hattab moderiert die Sessions „Mehr Herz im Klimajournalismus“ am Freitag, den 19. Juli um 14 Uhr und „Against all odds: Klimaberichterstattung auf Instagram und TikTok“ am Samstag, den 20. Juli um 10:30 Uhr.

von Jamie Sophie Postler (TU Dortmund)

Freude über Freilassung von Julian Assange – Fragezeichen bleiben

„Mit großer Erleichterung haben wir die Nachricht über die Freilassung von Julian Assange aus dem englischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh aufgenommen“, sagt der erste Vorsitzende von Netzwerk Recherche, Daniel Drepper. „Dies war längst überfällig. Die fünf Jahre dauernde Haft unter teilweise widrigsten Bedingungen wirft ein schlechtes Licht auf alle demokratischen Staaten, die ihren Teil dazu beigetragen haben.

Unsere Freude über die Freilassung des WikiLeaks-Gründers ist aber nicht ungetrübt. Denn der heutige Sieg für die Pressefreiheit war hart erkauft. Nicht nur wegen der langen Haft- und Leidenszeit für Assange. Auch die Umstände seiner Entlassung aus dem Gefängnis sind alles andere als ein Freispruch. Durch den offenbar mit der US-Justiz ausgehandelten Deal musste er sich in einem Anklagepunkt schuldig bekennen. Die Folgen für zukünftige journalistische Enthüllungen sind noch nicht absehbar.

Wir wünschen Julian Assange in seiner – hoffentlich – neugewonnenen Freiheit alles Gute.“

Netzwerk Recherche hatte sich, wie andere Organisationen auch (allen voran Reporter ohne Grenzen), in den vergangenen Jahren immer wieder für die Freilassung von Assange stark gemacht.

Bedrohliche Einschnitte: Netzwerk Recherche warnt vor Sparmaßnahmen beim MDR

Netzwerk Recherche zeigt sich zutiefst besorgt über die angekündigten Sparpläne beim Mitteldeutschen Rundfunk (MDR), insbesondere im Bereich des investigativen Journalismus. Bis 2028 sollen 160 Millionen Euro eingespart werden. In einer Zeit, in der das Vertrauen in die Demokratie in Teilen des Sendegebiets schwindet, ist eine starke investigative Berichterstattung von entscheidender Bedeutung.

Die geplanten Einschnitte, die etwa eine Reduzierung der Ausstrahlungen des politischen Magazins Exakt von 44 auf 21 Sendungen pro Jahr und den Wegfall weiterer Reportagen vorsehen, stellen eine bedrohliche Entwicklung für die Informationsqualität dar. Besonders kritisch ist, dass Kürzungen ausgerechnet in einem Wahljahr mit bedeutenden Landtagswahlen erfolgen.

Wie dringend in Ostdeutschland der öffentlich-rechtliche Recherche-Journalismus gebraucht wird, zeigt auch das laufende Forschungsprojekt Wüstenradar. Dabei untersuchen Forscher:innen der Hamburg Media School in Kooperation mit Netzwerk Recherche und Transparency Deutschland, wie sich die Situation der Tageszeitungen in Deutschland verändert hat und welche Folgen eine Schwächung der Lokalpresse für das demokratische Gemeinwesen hat. Die Ergebnisse werden ab Sommer 2024 veröffentlicht, aber klar ist schon jetzt: In vielen Regionen fehlt es an Medienvielfalt und kritischer Berichterstattung.

Netzwerk Recherche appelliert an die Verantwortlichen beim MDR, ihre Entscheidungen zu überdenken und Möglichkeiten zu finden, den investigativen Journalismus nicht einzuschränken, sondern weiter zu fördern. Es ist essentiell, dass öffentlich-rechtliche Sender wie der MDR auch in schwierigen Zeiten ihrer Verpflichtung nachkommen, die Öffentlichkeit umfassend und tiefgründig zu informieren.

Schutz von Journalist:innen: Netzwerk Recherche tritt der ACOS Alliance bei

Netzwerk Recherche e. V. ist jetzt offiziell Mitglied der ACOS Alliance (ACOS steht für „A Culture Of Safety“). Das internationale Bündnis aus Redaktionen und Medienorganisationen setzt sich für den Schutz und die Sicherheit von Journalist:innen ein – mit besonderem Fokus auf Freie. Die brutalen Morde an den beiden Freelancern James Foley und Steven Sotloff in Syrien waren der Ausgangspunkt für Überlegungen, wie man Freie, die oft ohne Sicherheitsnetz arbeiten, besser schützen kann. Daraus entstanden die Freelance Journalist Safety Principles, denen sich auch Netzwerk Recherche mit dem Beitritt zu dem Bündnis verpflichtet hat. Weiterlesen

Neuer Greenhouse Report erschienen: Wie unabhängig kann der Games-Journalismus berichten?

Im Greenhouse Report Nr. 2 geht Maximilian Fischer der Frage nach, wie unabhängig der Gaming-Journalismus berichten kann. (Grafik: Ute Lederer)

Im Greenhouse Report Nr. 2 geht Maximilian Fischer der Frage nach, wie unabhängig der Gaming-Journalismus berichten kann. (Grafik: Ute Lederer)

Der zweite Greenhouse Report von Netzwerk Recherche ist erschienen und beschäftigt sich mit der Unabhängigkeit der Berichterstattung von Videospiel-Magazinen. Autor Maximilian Fischer untersucht darin, wie die Gaming-Industrie versucht, Recherchen zu beeinflussen und die Berichterstattung zu steuern. Er zeigt auf, wie die großen, anzeigenfinanzierten Videospielmagazine auf die (versuchte) Einflussnahme reagieren, und wirft einen Blick auf die Rolle kleiner, publikumsfinanzierter Indie-Medien.

„Computerspiele sind mehr als Unterhaltung. Sie prägen den Blick auf die Welt, können beim Lernen helfen, sorgen für gigantische Umsätze. Deshalb hat die Branche die kritische Begleitung durch den Journalismus verdient“, sagt NR-Geschäftsführer Dr. Thomas Schnedler über die neueste Veröffentlichung aus dem Grow Greenhouse, dem Zentrum für gemeinnützigen Journalismus und Medienvielfalt von Netzwerk Recherche. „Die herausgearbeiteten Probleme sind auch für andere Bereiche des Journalismus relevant. So etwa die Transparenz beim Thema Pressereisen oder auch die Trennung von redaktionellen Inhalten und Werbung.“ Weiterlesen

Petition für ein Bundes-Transparenzgesetz

In einem breiten Bündnis setzen wir uns für ein Bundestransparenzgesetz ein. Mach mit und unterschreib jetzt unsere Petition!



Die Helpline bleibt – NR-Hilfsangebot für mental belastete Journalist*innen für Förderung ausgewählt

Die Helpline von Netzwerk Recherche e.V. (NR) wurde für ein zweijähriges Förderprogramm der Bundesregierung ausgewählt. Eine unabhängige Jury sprach sich im Rahmen der zweiten Förderrunde des Programms zum Schutz und zur strukturellen Stärkung journalistischer Arbeit in Deutschland aus dem Hause der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), Staatsministerin Claudia Roth, für die kostenlose Telefonberatung für Journalist*innen mit psychischen Problemen aus.

„Wir sind extrem glücklich, dass wir die Jury von der Wichtigkeit der Helpline überzeugen konnten. Denn psychische Belastungen sind ein echtes Problem in der Branche, dem bisher viel zu wenig Beachtung geschenkt wurde“, sagte Daniel Drepper, erster Vorsitzender von Netzwerk Recherche e.V., anlässlich der Bekanntgabe der Förderung. „Dass wir nach unserem Projekt zur Stärkung der Auskunftsrechte von Journalist*innen erneut ausgewählt wurden, macht uns stolz. Wir verstehen es auch als Anerkennung für die großartige Arbeit, die unser Verein seit Jahren leistet.“ Weiterlesen

Neue Studie: The Journalism Value Survey


Umfassendes Forschungsprojekt zum gemeinwohlorientierten Journalismus gestartet

Gemeinsam mit unseren vier europäischen Partner:innen Arena for Journalism in Europe, Átlátszó Erdély, Fumaça and Investigate Europe erforschen wir in den kommenden Monaten den gemeinwohlorientierten Journalismus in Europa. Die Studie liefert erstmals sehr detaillierte Daten über den Zustand der von zahlreichen kleinen, oft gemeinnützigen Redaktionen geprägten unabhängigen Medienlandschaft Europas. Wir möchten wissen, welche Geschäftsmodelle unter welchen Bedingungen am besten funktionieren, wie es den Medienorganisationen gelingt, die Zahlungsbereitschaft beim Publikum zu wecken, und wo die größten Hindernisse für nachhaltiges Wachstum liegen.

Für die Studie, die auf unserer ersten Erhebung The New Sector (2022) aufbaut, rufen wir wieder alle Redaktionen mit einem „nonprofit state of mind“ auf, sich zu beteiligen. Unsere vier Projektpartner:innen sind selbst Teil des gemeinwohlorientierten Journalismus in Europa und werden aus den Ergebnissen der Studie u.a. eine umfangreiche Podcast-Serie zu den drängendsten Fragen und Problemen des Sektors produzieren.

Du arbeitest in einer gemeinnützigen Redaktionen? Dann fülle jetzt unseren Fragebogen aus (dauert etwa 30-45 Minuten) und hilf uns, mit geteiltem Wissen den gemeinnützigen Journalismus zu verbessern! Unter allen Teilnehmenden verlosen wir Tickets für die Dataharvest/EIJC 2024 (30. Mai – 2. Juni in Mechelen/Belgien).

Mehr Informationen zum von der EU-geförderten Projekt gibt es unter www.journalismvalueproject.com.

Transparenz-Bündnis: „Fortschrittskoalition schiebt Reformprojekt auf die lange Bank“

Bündnis Bundestransparenzgesetz
Gemeinsame Pressemitteilung
Berlin, den 25.09.2023

Transparenz-Bündnis fordert von der Koalition versprochenes Transparenzgesetz ein: Innenministerium soll Entwurf vorlegen

Ein aus neun Verbänden bestehendes Bündnis kritisiert die Verzögerung bei der Transparenzgesetzgebung: Das Gesetz sollte ursprünglich zu Beginn der Legislaturperiode angestoßen werden. Doch jüngste Aussagen aus dem Ministerium lassen daran zweifeln, ob die Ministerin überhaupt an dem Gesetz interessiert ist. „Zur Mitte der Legislaturperiode müssen wir bilanzieren: Es besteht die akute Gefahr, dass diese Reform gar nicht mehr kommt, wenn es nur mit angezogener Handbremse vorangeht. Die selbsternannte Fortschrittskoalition schiebt die Transparenz auf die lange Bank”, so Manfred Redelfs von der Journalistenorganisation Netzwerk Recherche.

Ein Bundestransparenzgesetz ist nach Ansicht des Bündnisses überfällig. Deutschland hinkt hier im internationalen Vergleich hinterher. Transparenz ist ein wichtiges Merkmal einer modernen Demokratie. Sie macht das Handeln von Behörden, Parlamenten und politischen Akteur*innen nachvollziehbar und ermöglicht die wirksame Kontrolle der Exekutive.

Dem Transparenz-Bündnis gehören neben Netzwerk Recherche auch Mehr Demokratie, der Deutsche Journalisten-Verband, Transparency International Deutschland, LobbyControl, die Deutsche Gesellschaft für Informationsfreiheit, Wikimedia Deutschland, FragDenStaat und abgeordnetenwatch.de an. Vor einigen Monaten hat das Bündnis einen eigenen Entwurf für ein Transparenzgesetz [PDF] vorgelegt. Er wird auf der Webseite www.transparenzgesetz.de vorgestellt.

Hintergrund

Die Ampelkoalition hatte im Koalitionsvertrag angekündigt, die Informationsfreiheitsgesetze „zu einem Bundestransparenzgesetz weiterentwickeln“ zu wollen. Eigentlich wollte das Innenministerium bis Ende des Jahres 2022 die Eckpunkte vorstellen, wie Staatssekretär Dr. Markus Richter vollmundig bei einer Konferenz der Datenschutzbeauftragten erklärte. Davon ist nichts geblieben. Denn nun will die Ampel erst bis Ende 2024 einen Gesetzentwurf vorlegen – womit das Gesetz erst 2025 eingeführt würde – so ist es einem Aktionsplan des Bundeskanzleramts zu entnehmen.

Vierter Nationaler Aktionsplan 2023 – 2025 im Rahmen der Teilnahme an der Open Government Partnership (Entwurf): Download [PDF]

Neue Geschäftsführung für das Netzwerk Recherche

Thomas Schnedler, Günter Bartsch, Franziska Senkel und Yann Werner Prell

Yann Werner Prell, Thomas Schnedler und Franziska Senkel führen ab September das hauptamtliche Team von Netzwerk Recherche – der langjährige Geschäftsführer Günter Bartsch verlässt seinen Posten auf eigenen Wunsch.

Das Netzwerk Recherche bekommt eine neue Geschäftsführung. Die Arbeit des Vereins recherchierender Journalist*innen in Deutschland wird ab September von den Co-Geschäftsführern Yann Werner Prell und Thomas Schnedler geleitet. Stellvertretende Geschäftsführerin wird Franziska Senkel. Die drei rücken auf, weil der bisherige Geschäftsführer des Netzwerk Recherche, Günter Bartsch, Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Content- und Social-Media-Management an der Akademie Waldschlösschen wird. Er bleibt der NR-Geschäftsstelle im Rahmen einer nebenberuflichen Tätigkeit treu.

„In den vergangenen 14 Jahren durfte ich eine großartige Organisation mitgestalten und weiterentwickeln“, so Günter Bartsch. „Die Arbeit an der Seite so vieler engagierter Menschen war eine echte Bereicherung. Jetzt freue ich mich auf meine neue Aufgabe im Waldschlösschen – und verlasse meinen Posten mit dem guten Gefühl, den Staffelstab an ein hervorragendes Team zu übergeben.“ Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche 222 vom 28.06.2023

Liebe Abonnent:innen,

unter dem Motto „Zeigen, was geht – Recherchen verändern” fand vor knapp zwei Wochen unsere diesjährige Jahreskonferenz beim NDR in Hamburg statt – mit 275 Referent:innen, 125 Panels und hunderten Teilnehmenden war sie größer als je zuvor.

Wir haben drängende Themen der Zeit besprochen: Es ging um Kriegsberichterstattung, Klimaberichterstattung und welche Auswirkungen Künstliche Intelligenz auf unsere Branche haben wird. Es gab spannende Panels zu den Hürden der Verdachtsberichterstattung, dem Umgang mit Quellen, möglichen Interessenkonflikten und fehlenden Perspektiven in den Medien. Großartige Referent:innen gaben spannende Einblicke in ihre Arbeit und stellten die neuesten Tools vor. In den Pausen und an den Abenden gab es Zeit für Kennenlernen und Austausch. Für diejenigen, die nicht an der Jahreskonferenz teilnehmen konnten, haben wir weiter unten ausgewählte Mitschnitte und die aktuelle Ausgabe der Konferenzzeitung „Nestbeschmutzer“ verlinkt.

Die Resonanz auf die #NR23 war äußerst positiv und wir haben viel wertvolles Feedback erhalten. Dennoch wollen wir die Konferenz weiter verbessern: Was lief nicht gut? Was sollten wir 2024 anders machen? Schreibt uns euer Feedback an info@netzwerkrecherche.de

Abschließend möchten wir noch einmal unserem Gastgeber, dem NDR, unseren Förder:innen und allen Beteiligten unseren herzlichen Dank aussprechen. Ohne ihre Unterstützung wäre die #NR23 nicht das geworden, was sie war – ein wichtiger Ort für den Austausch und die Weiterentwicklung des Recherche-Journalismus.

Wir freuen uns auf die #NR24 und darauf, weiter mit Euch im Austausch zu bleiben.

Mit herzlichen Grüßen Eure
Annelie Naumann

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Helpline: Ausbildungs-Workshop startet

Mit SPIEGEL, Friedrich-Ebert-Stiftung, Hochschule Fresenius Heidelberg und Deutscher Journalisten-Verband konnten weitere Partner gewonnen werden

Mit der Ausbildung der ersten 15 Peer-Supporter kommt das Projekt Helpline von Netzwerk Recherche einen wichtigen Schritt voran. Die Teilnehmenden des viertägigen Workshops in Berlin wurden aus 30 Interessierten nach unterschiedlichen Kriterien (z. B. Diversität, Vorerfahrung etc.) ausgewählt. „Wir waren positiv überrascht, wie viel Expertise bereits in der Gruppe vorhanden ist, und freuen uns auf die Zusammenarbeit“, sagt die Psychologische Psychotherapeutin Friederike Engst, die das Konzept der Helpline mitentwickelt hat und das Projekt auch über den Workshop hinaus betreuen wird. Ermöglicht wird die Ausbildung durch die Journalist_innenAkademie der Friedrich-Ebert-Stiftung.

In dem Workshop lernen die teilnehmenden Journalist:innen u. a., wie sie betroffenen Kolleg:innen, die sich an die Helpline wenden, bestmöglich helfen können, aber auch, welche Grenzen ein Peer-Support-Angebot hat. So kann die Helpline keine medizinische/psychologische Beratung im Sinne einer Therapie leisten. Sie versteht sich vielmehr als niedrigschwellige Plattform für kollegialen Austausch zu belastenden Themen aus dem Berufsalltag. So könnten bspw. im Gespräch mit den Betroffenen gemeinsam mögliche Strategien zum Umgang mit psychischen Belastungen entwickelt werden. Weiterlesen

NR-Jahresbericht 2022

Der Jahresbericht 2022 von Netzwerk Recherche kann als pdf-Datei (9 MB) heruntergeladen werden.

Inhaltsverzeichnis:

  • Vorstand und Mitarbeiter*innen
  • NR-Jahreskonferenz
    • Motivationsschub in Präsenz
    • Leuchtturm 2022 für Arndt Ginzel
    • Laudatio „Ich kann mich nur verneigen“
    • Verschlossene Auster
    • Laudatio „Ein absoluter Tiefpunkt“
    • NR22-Berichterstattung: Jung & kreativ
    • Leseprobe Nestbeschmutzer
    • Kuno, der Kämpfer
  • Fachgruppe Datenjournalismus
  • Nonprofitjournalismus
    • Gemeinnütziger Journalismus: Grow Greenhouse gestartet
    • Grow-Report
    • Grow 2021/2022
    • Gründer:innen gesucht
    • Grow 2022/2023
    • The New Sector
    • SEED-Newsletter
  • Journalismus macht Schule
  • Fachkonferenz „Hass begegnen“
  • Informationsfreiheit
  • Recherchestipendien
  • Investigativ-Fellowship
  • Helpline
  • Vereinsheim
    • NR-insights
    • GIJN Deutsch wächst
    • Mitglieder
    • 20 Jahre NR-Newsletter
    • Neue Optik, aber die Mission bleibt
  • Finanzen
    • Finanzen 2022
    • Förderkuratorium
  • Danksagung
  • Impressum

Verschlossene Auster 2023 für Verleger Holger Friedrich

Der Negativpreis „Verschlossene Auster“ von Netzwerk Recherche für den Informationsblockierer des Jahres geht in diesem Jahr an Holger Friedrich, den Verleger der Berliner Zeitung. Die Journalist:innenvereinigung zeichnet ihn für seinen erschreckenden und zerstörerischen Umgang mit dem journalistischen Informantenschutz aus.

Als der frühere Bild-Chefredakteur Julian Reichelt im Frühjahr 2023 Friedrich interne Informationen anbot, kontaktierte Friedrich anschließend Reichelts früheren Arbeitgeber, den Axel-Springer-Verlag. Friedrich informierte Springer über den eigentlich vertraulichen Vorgang. Damit habe er den Quellenschutz gebrochen – eines der Grundprinzipien des Journalismus, argumentiert Netzwerk Recherche in der Begründung für die Auszeichnung.

„Die Verschlossene Auster verleihen wir normalerweise an Menschen, die Informationen zurückhalten. Den Bruch des Quellenschutzes durch Holger Friedrich halten wir jedoch für so gravierend, dass wir in diesem Jahr eine Ausnahme machen und Friedrich mit dem Negativpreis der Verschlossenen Auster auszeichnen“, sagt Daniel Drepper, Vorsitzender des Netzwerk Recherche. Weiterlesen

Leuchtturm 2023 geht an Niloufar Hamedi und Elahe Mohammadi

(English version here)

Netzwerk Recherche verleiht den „Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen“ an die beiden iranischen Journalistinnen Niloufar Hamedi und Elahe Mohammadi für ihre mutige Berichterstattung über den Tod von Jina Mahsa Amini.

„Niloufar Hamedi und Elahe Mohammadi sind Vorbilder. Ihre Arbeit führt uns vor Augen, wie wichtig und relevant eine freie Presse ist – und wie viel Kraft journalistische Veröffentlichungen entfalten können“, sagt Daniel Drepper, Vorsitzender von Netzwerk Recherche. Weiterlesen

Leuchtturm-Award 2023 goes to Niloufar Hamedi and Elahe Mohammadi

Netzwerk Recherche, the German association of investigative journalists, awards the „Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen“ (Lighthouse Award for Extraordinary Achievements in Journalism) to the two Iranian journalists Niloufar Hamedi and Elahe Mohammadi for their courageous reporting on the death of Jina Mahsa Amini.

“Niloufar Hamedi and Elahe Mohammadi are role models. Their work shows us how important and relevant a free press is – and how much power journalistic investigations can unleash,” says Daniel Drepper, chairman of Netzwerk Recherche. Weiterlesen

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