Informantenschutz wird durch Razzien und Ausspähen von Telefonverbindungsdaten immer mehr untergraben Anhörung Schilys vor dem Innenausschuss als klärendes Signal für die Notwendigkeit einer uneingeschränkten Pressefreiheit

Die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche begrüßt die heutige Anhörung von Bundesinnenminister Otto Schily vor dem Innenausschuss des Bundestages im Fall Cicero. „Die Anhörung des Bundesinnenministers ist ein wichtiges Signal, dass Pressefreiheit in unserem Land nicht zur persönlichen Verfügungsmasse von Politikern und Beamten werden darf“, sagte der Vorsitzende des Netzwerk Recherche, Dr. Thomas Leif, anlässlich der Sitzung des Innenausschusses. „Razzien wie im Fall Cicero untergraben den Informantenschutz und gefährden damit die Pressefreiheit in ihrem Kern,“ so Leif.

Nach Beobachtung des Netzwerk Recherche sinkt die Hemmschwelle von Polizei und Justiz, in die Privatsphäre von Journalisten einzugreifen, immer weiter. Dies zeigt sich auch in der vermehrten Bereitschaft von Ermittlern, die Telefonverbindungsdaten von Journalisten auszuspähen. Erst im August sorgte ein Fall bei der „Dresdner Morgenpost“ für Aufsehen. Ein Reporter der Zeitung hatte den ehemaligen sächsischen Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU) fotografiert, als die Antikorruptionseinheit INES dessen Privathaus in Dresden durchsuchte. Um das mögliche Leck bei Polizei und Justiz ausfindig zu machen, hatte die Chemnitzer Staatsanwaltschaft daraufhin die Telefonverbindungsdaten des Journalisten nach Genehmigung durch einen Richter abgefragt. „Journalisten werden so als Dienstleister der Ermittlungsbehörden missbraucht, weil es vorrangig darum geht, die Informanten in den betroffenen Behörden zu identifizieren“, so Thomas Leif.

Vor diesem Hintergrund mahnt das Netzwerk Recherche die Journalisten erneut zum verantwortungsvollen Umgang mit Quellen und deren Informationen. Die Gesetze gelten auch für Journalisten: Daher müsse jeder Journalist seinen Umgang mit Informanten und die Verwertung von Informationen stets hinterfragen und besonders bei trüben und unsicheren Quellen aus dem Bereich der Sicherheitsdienste die Relevanz der Information und die Zuverlässigkeit der Informanten prüfen. Spekulative Veröffentlichungen dürfen nicht dazu führen, dass der Effekt über die Substanz siegt: „Denn Informanten sind für die Medien so wichtig wie die Luft zum Atmen. Ihr Schutz ist das d a s Herzstück für den seriösen Journalismus, so wichtig wie das unantastbare Beichtgeheimnis eines Priesters,“ so Thomas Leif.