Yanukovych Leaks: „Wir wollen, dass die Ukraine die Fakten erfährt“

Kateryna Kapliuk (Foto: Wulf Rohwedder)

Als die Bürger Kiews zum ersten mal das Luxusanwesen ihres geflohenen Staatschefs Yanukovych besuchten, fanden Sie tausende brisante Dokumente. Die Aktenordner waren jedoch schwer beschädigt, offensichtlich sollten sie kurz vor der Flucht vernichtet werden. In mühevoller Kleinarbeit restaurierte Kateryna Kapliuk mit dutzenden Freiwilligen knapp 25.000 Dokumente. Damit ist die Arbeit von „YanukovychLeaks“ aber noch längst nicht vorbei.

Frau Kapliuk, wann haben Sie zum ersten Mal von Yanukovychs Dokumenten gehört?

Das war am ersten Tag, an dem die Tür zu Yanukovychs Residenz offen war. Also Ende Februar. Ich habe sofort beschlossen, dort hin zu gehen.

Wie lange hat die Aufbereitung der Dokumente gedauert? Weiterlesen

Ein Saal voller Extremisten

Panel „Pressefreiheit in Zeiten der Massenüberwachung – Netzdissidenten im Exil berichten“ mit Alexa O’Brien, Moderator Christian Mihr und Sarah Harrison (v.l.n.r., Foto: Raphael Hünerfauth)

Christian Mihr kommt gleich zur Sache. „Wer von Ihnen hat schon einmal ‘Tor’ verwendet?“ Der Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen schaut fragend ins Publikum. Etwa die Hälfte der Anwesenden hebt die Hand. „Tja, dann sind Sie wohl Extremisten.“ Das Publikum lacht. Erst am Vortag ist bekannt geworden, dass die NSA gezielt Deutsche ausspäht, die sich im Internet mit Verschlüsselungssoftware beschäftigten. Mihr moderiert die Veranstaltung „Pressefreiheit in Zeiten der Massenüberwachung“ und sein ironisch gemeinter Einstieg zeigt deutlich: Überwachung betrifft jeden.

Die beiden Frauen, die neben Mihr auf dem Podium sitzen, kennen sich mit diesem Thema besonders gut aus: Sarah Harrison und Alexa O’Brien. Harrison ist eine führende Mitarbeiterin von Wikileaks; im Sommer 2013 begleitete sie Edward Snowden auf seinem Flug von Hongkong nach Moskau. Auch O’Brien ist durch ihre investigativen Recherchen weltweit bekannt geworden. Sie begleitete unter anderem den Prozess um Chelsea Manning und legte dazu ein umfassendes Online-Archiv an. Weiterlesen

Grenzenlose Kooperation

Panel „Deutsche Waffengeschäfte in Griechenland“ mit Thomas Knellwolf, Tasos Telloglou, Klaus Ott und Moderator Oliver Schröm (v.l.n.r., Foto: Benjamin Richter)

Deutsche Waffengeschäfte in Griechenland – Eine gemeinsame Recherche von Journalisten aus Deutschland, Griechenland und der Schweiz

Europa rückt vor allem wirtschaftlich und politisch immer näher zusammen, doch der Journalismus hinkt der Entwicklung noch etwas hinterher. Nur selten gibt es länderübergreifende Kooperationen, die nationalen Zeitungen arbeiten noch weitestgehend alleine. Daher betreiben Klaus Ott (Süddeutsche Zeitung/Deutschland), Tasos Telloglou (The New Folders/Griechenland) und Thomas Knellwolf (Tages-Anzeiger/Schweiz) mit ihrer Kooperation zu deutschen Waffengeschäften in Griechenland Pionierarbeit. Im K3-Forum schilderten sie anschaulich die Methoden ihrer Kooperation, die Inhalte ihrer Recherche beschrieben sie leider nur oberflächlich. Weiterlesen

“Capture the essential truths at the heart of the stories”

Ausschnitt aus dem Comic „A.D.: New Orleans After the Deluge” von Josh Neufeld

Interview mit Josh Neufeld: zum Panel
“Echter als echt – grafische Reportagen und Comic-Journalisten”

Die Umsetzung komplexer Reportagen in Grafiken und Comics lebt. Anders als im Fernsehen oder im Print können mit der alten Kunstform „Illustration“ – kombiniert mit modernen Recherchetechniken emotional aufwühlende Geschichten erzählt werden, die Leser direkt ins Geschehen ziehen. Es werden die Bilder gezeigt, die es nicht geben kann – Szenen, bei denen es keine Zeugen gab, werden lebendig. Während die Szene der Comic-Journalisten in Deutschland sehr überschaubar ist, gibt es in den USA bereits etliche Ikonen der Branche. Einer davon ist der US-amerikanische Comic-Journalist Josh Neufeld. Er sagt: „Comics are about showing, not telling.“ Weiterlesen

Wie Journalisten in der Ukraine das Intrigennetz Janukowitschs zusammenpuzzlen

Veranstaltung: “YanukovychLeaks – Die Spurensuche in den Akten des ukrainischen Ex-Präsidenten” auf der Jahreskonferenz 2014
Referent: Kateryna Kapliuk (Mitglied der YanukovychLeaks und investigative Journalistin bei Slidstvo.info) | Moderation: Pauline Tillmann

Foto: YanukovichLeaks.org

Es war filmreif, was im Februar 2014 auf dem Anwesen des hastig nach Russland geflüchteten ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch geschah: Ein M Mitarbeiter der Residenz hatte Journalisten darüber informiert, dass in dem angrenzenden Stausee Papiere schwimmen. Taucher fischten daraufhin hunderte Aktenordner aus dem See – und Journalisten begannen damit, die Papiere zu sichten, zu trocknen und zu scannen: Sogar die Gästesauna des opulenten Anwesens half dabei, die Blätter vom Wasser zu befreien. Es war der Beginn von YanukovychLeaks. Inzwischen sind mehr als 23.000 Seiten online abrufbar. Natalie Sedletska zählt zu den Journalistinnen, die von Anfang an dabei waren. Auf der nr-Jahreskonferenz 2014 wird sie von den „Ausgrabungen“ erzählen – und berichten, wie die Dokumente Machtmissbrauch und Korruption belegen. Schon vor YanukovychLeaks machte sich Natalie Sedletska einen Namen als kritische Investigativjournalistin: Beim Kiewer Fernsehsender TVi produzierte und moderierte sie zuletzt „Tender News“, eine Sendung, die kriminelle Auftragsvergaben und Korruption aufdeckte. Derzeit ist Sedletska Stipendiatin bei Radio Free Europe / Radio Liberty und Mitglied des „Organized Crime and Corruption Reporting Projects“.

Sogar in Janukowitschs Gästesauna wurden Dokumente getrocknet. (Foto: YanukovichLeaks.org)

Als Sedletska erfuhr, dass Taucher auf Janukowitsch-Dokumente gestoßen waren, nahm sie den ersten Flug zurück nach Kiew, um bei der Sicherung des Materials zu helfen. „Es war lange Zeit so, als würde man versuchen in einen geschlossenen dunklen Raum vorzudringen. Und dann waren die Wände plötzlich gefallen.“ Überraschend war für sie, dass auch viele „normale Leute“ die Journalistengruppe, beispielsweise durch das Heranschaffen von Trocknern und Scannern, Tag und Nacht tatkräftig unterstützten. Das lang ersehnte Verlangen der ukrainischen Gesellschaft nach Transparenz könne nun niemand mehr abstreiten.

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