DFB-Präsident erhält „Auszeichnung“ des Netzwerks Recherche für seine restriktive Informationspolitik

Die „Verschlossene Auster“, der Kritik-Preis der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche für Info-Blocker, geht in diesem Jahr an den Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Gerhard Mayer-Vorfelder. Er erhält den Preis für seine restriktive Informationspolitik bei der Bundestrainer-Suche und der DFB-Schiedsrichteraffäre sowie für seine sachlich unbegründete Klagefreudigkeit gegenüber dem Südwestrundfunk (SWR). Der Sender hatte sich in einer Satire mit dem Multifunktionär beschäftigt.Nach Ansicht des Netzwerk Recherche ist der DFB-Präsident ein besonders würdiger Preisträger. „Gerhard Mayer-Vorfelder ist geradezu prädestiniert für die „Verschlossene Auster“. Er verkörpert den Typ des Sportfunktionärs, für den die Öffentlichkeit ein ärgerliches Hindernis und keine demokratische Selbstverständlichkeit ist. Er ist ein professioneller Vertuscher, der die Medien als williges Sprachrohr für seine Botschaften, aber nicht als unabhängige Instanz der Kritik begreift“, sagte der Vorsitzende des Netzwerks Recherche, Dr. Thomas Leif anlässlich der Preisverleihung.

Im vergangenen Sommer suchte Gerhard Mayer-Vorfelder im Alleingang und ohne die Öffentlichkeit zu informieren, einen Nachfolger für Rudi Völler als Bundestrainer. Selbst Franz Beckerbauer kritisierte dieses eigenmächtige Vorgehen als einen unakzeptablen Stil nach Gutsherrenart. Im Februar dieses Jahres machte er bei der DFB-Schiedsrichteraffäre eine mehr als unglückliche Figur. Statt offen die Missstände im DFB anzusprechen und aufzudecken, versuchte der DFB-Präsident, bis zuletzt möglichst vieles unter Verschluss und seinen Verband herauszuhalten. Der DFB-Präsident wälzte die Verantwortung für den Skandal auf den Wettanbieter Oddset ab.

Dabei teilt der DFB-Präsident gern aus, wenn es um seine Person geht – und selbst wenn es sich dabei nur um Satire handelt. Mayer-Vorfelder, der sich stets als „Opfer von gezielten Pressekampagnen“ sieht, verklagte im Mai 2005 den Südwestrundfunk (SWR). Der Hörfunksender SWR3 hatte in einer Comedy-Serie mit Stimmenimitatoren unter anderem Mayer-Vorfelders angebliche Neigung zum Alkohol aufs Korn genommen. Der SWR sieht im Vorgehen Mayer-Vorfelders einen schweren Eingriff in die Kunstfreiheit.

Die „Verschlossene Auster“ wird in diesem Jahr zum vierten Mal verliehen. Bisherige Preisträger waren Bundesinnenminister Otto Schily, der Lebensmittelkonzern ALDI und die HypoVereinsbank, stellvertretend für die meisten DAX-Unternehmen. Die Auster steht als mahnendes Symbol für mangelnde Offenheit und Kooperationsverweigerung von Personen oder Organisationen gegenüber den Medien. Die Preisträger erhalten zur Erinnerung und Mahnung zur Besserung eine Skulptur des Marburger Künstlers Ulrich Behner.

Die diesjährige Laudatio auf den Preisträger hielt Freddie Röckenaus (colourField), der für seine Recherchen zur Finanzkrise von Borussia Dortmund kürzlich den Henri-Nannen- Preis verliehen bekam.

Gerhard Mayer-Vorfelder war der Einladung des Netzwerk Recherche, den Preis auf der Jahrestagung in Hamburg in Empfang zu nehmen und eine „Gegenrede“ zu halten, nicht gefolgt. Über sein Büro ließ er dem Netzwerk Recherche mitteilen, „dass er die Gründe für die Auszeichnung nicht nachvollziehen könne.“

Der Sportfunktionär weilte stattdessen beim Länderspiel der Nationalelf in Nordirland. Dem Angebot, einen Vertreter des DFB zur Preisübergabe zu entsenden, folgte er ebenfalls nicht.

 

PM (04.06.2005) : Verschlossene Auster für den Info-Blocker Gerhard Mayer-Vorfelder (PDF; 2 S., 69 KB)