nr-Jahreskonferenz Panel „Im Visier der Meute”

„Im Visier der Meute”: Moritz Tschermak (topfvollgold.de), Claus Weselsky (GDL), Kuno Haberbusch (NDR) und Christian Schertz (Rechtsanwalt); Foto: Wulf Rohwedder

Von Johanna Roth und Jan Schmidbauer, DJS

„Ich hatte Angst um meine Frau.“ Claus Weselsky, Chef der Gewerkschaft der Lokführer (GdL), ist hart im Nehmen. Aber als Bilder seines Hauses mit Hinweisen auf die Adresse durch die Medien gingen, begann auch er sich Sorgen zu machen. Plötzlich telefonierte er mit dem Staatsschutz, bekam Personenschutz angeboten. Und das nur, weil er ein Grundrecht ausüben wollte, wie er sagt.


Bewusst sollte er bei der nr-Jahrestagung seinen subjektiven Eindruck von Journalisten schildern. Und das war bisher kein guter. Journalisten hätten in der Berichterstattung über den Bahnstreik wenig bis gar nicht recherchiert: „Ein Hintergrundgespräch hatte dieselbe Wirkung, wie wenn in China ein Sack Reis umfällt.“ Stattdessen las er in den Medien, er habe „den Oberlippenbart eines Karussellbremsers“. Dieses und wesentlich krassere Beispiele von Weselsky-Verunglimpfungen hat Moritz Tschermak, Betreiber des Medienblogs „topfvollgold“, zusammengetragen und präsentierte sie den Zuschauern.

Doch kann man in diesem Zusammenhang eigentlich so pauschal von „den Medien“ sprechen? Ja, sagt Medienanwalt Christian Schertz. Jedes große Verlagshaus stehe mittlerweile unter dem Druck, Klickzahlen zu liefern. Und dafür versuche man eben, „den Volkszorn zu wecken“. Im Härtefall mache ein Blatt dann mit seinen Schlagzeilen nicht Journalismus, sondern Politik. So geschehen im Fall Weselsky.

Nach der Germanwings-Katastrophe hingegen, bei der massiv Persönlichkeitsrechte verletzt wurden, seien erstmals Stimmen der Leser laut geworden, Journalisten sollten sich in ihrer Berichterstattung zurücknehmen.

Weselsky im Interview mit Journalisten. Foto: Wulf Rohwedder

Weselsky blieb auch nach der Diskussion gefragt. Foto: Wulf Rohwedder

Schertz hätte Weselsky gerne anwaltlich vertreten. Der leistet sich allerdings keinen Medienberater oder -anwalt: „Wir konzentrieren uns lieber auf das Wesentliche.“

Auch für Journalisten müsse dieses Prinzip gelten, da war sich die Runde einig. Statt auf Klickzahlen zu schielen, solle man lieber sauber recherchieren. Im Fall Weselsky zum Beispiel war die von der Bild-Zeitung veröffentlichte Telefonnummer gar nicht seine, sondern die seiner Sekretärin. (Die korrekte Nummer verriet er dem Publikum zwar, gemäß journalistischer Sorgfaltspflicht nennen wir sie an dieser Stelle aber natürlich nicht.)