Netzwerk Recherche legt Forderungskatalog gegen wachsenden PR-Einfluss vor

Der wachsende Einfluss der Public Relations (PR) gefährdet nach Auffassung der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche die journalistische Unabhängigkeit und gibt die veröffentliche Meinung zunehmend der Einflussnahme von wirtschaftlichen Interessengruppen preis. „Guter Journalismus ist einer aufgeklärten Demokratie verpflichtet und bemüht sich um das ‘ganze Bild’ und die vollständige Klärung der Sachverhalte. PR ist den Interessen der Auftraggeber verpflichtet und muss positive Botschaften verbreiten. Durch die interessengeleitete Akzentuierung oder Auslassung von wichtigen Informationen vermittelt PR nur Teil-Wahrheiten und Ausschnitte der Realität”, sagte der Vorsitzende des Netzwerk Recherche, Dr. Thomas Leif.
Der Einfluss der PR auf journalistische Medien hat in den vergangenen Jahren massiv zugenommen. Dies belegen unter anderem die Zwischenergebnisse der Benchmarking-Studie der Universität Leipzig, die diese Tendenz im Bereich der Tageszeitungen empirisch untersucht hat. Das Netzwerk Recherche hat nun einen Forderungskatalog erarbeitet, mit dessen Hilfe der Einfluss der PR auf den Journalismus eingedämmt werden soll.
Ziel muss es aus Sicht des Netzwerk Recherche sein, die Unterwanderung des Journalismus durch versteckte PR zurückzudrängen und ein striktes Transparenzgebot in Bezug auf die Verwertung von PR durchzusetzen. Außerdem soll ein Trennungsgebot zwischen versteckter PR und Schleichwerbung als „manipulativer Kommunikation“ und Journalismus als „unabhängiger Berichterstattung“ erreicht werden.
Durch Initiativen und Kooperationen mit Verlagen und Sendern will das Netzwerk Recherche zur Eindämmung des PR-Einflusses auf den Journalismus auf verschiedenen Ebenen Korrekturen durchsetzen und ein Umdenken anregen. Dazu gehören:

• eine Kennzeichnungspflicht für Tätigkeiten von Journalisten für Unternehmen oder PR-Agenturen

• eine schärfere Abgrenzung gegen PR und Schleichwerbung – im Pressekodex durch den deutschen Presserat

• die Aufklärung über den Unterschied zwischen PR und Journalismus in Ausbildung und Praxis

• der normierte Verzicht der Unternehmen auf nicht legitime, kommerzielle Beeinflussung sowie


• angemessene Vergütung und Infrastrukturen, damit wirtschaftliche Zwänge nicht als Rechtfertigung für die Verknüpfung und Verschmelzung von journalistischer und PR-Tätigkeit herhalten können.

Das Netzwerk Recherche will mit den erarbeiteten Forderungen und Denkanstößen zu einer dringend notwendigen Diskussion – auch in anderen Journalisten-Organisationen – beitragen, um den beschriebenen Entwicklungen entgegen zu treten. „PR und Journalismus verhalten sich ungefähr so wie der Teufel und das Weihwasser“, sagte Thomas Leif. „Wird der Einfluss der PR nicht eingegrenzt, verliert der seriöse Journalismus seine Substanz und seine Glaubwürdigkeit.“

Weitere Informationen:

Positionspapier zum Verhältnis von PR und Journalismus
Pressemeldung: „PR und Journalismus wie Teufel und Weihwasser“ (01.08.2005)