Die Grow-​Fina­listen 2018

ver­öf­fent­licht von Netz­werk Recherche | 17. Sep­tember 2018 | Lese­zeit ca. 8 Min.

Die Gewinner der Grow-​Sti­pen­dien 2018 stehen fest:

Grow-​Gewinner und -​Jury­mit­glieder 2018 (von links): Chris­tian Hum­borg, Melina Seiler (Flücht­ling Magazin), Tabea Grzeszyk, Julia Stein, Sahar Reza (Flücht­ling Magazin), Lukas Harlan, Elisa Simantke, Simon Jockers (Daten­guide), Thomas Schnedler und Simon Wörpel (Daten­guide); Michaela Haas (Solu­tions Jour­na­lism; nicht im Bild).

Es sind Solu­tions Jour­na­lism Trai­ning, Daten­guide und das Flücht­ling-​Magazin. Die Pro­jekte stellen wir hier zusammen mit den drei wei­teren Fina­listen vor:

Die Gewinner der Grow-​Sti­pen­dien:

 

Daten­guide – regio­nale Sta­tis­tiken für alle

Die Sta­tis­ti­schen Ämter sam­meln kon­ti­nu­ier­lich Daten und erstellen Sta­tis­tiken zu allen Berei­chen unserer Gesell­schaft. Das reicht von Zahlen zu Arbeits­lo­sig­keit und Sozi­al­leis­tungen bis zur Tier­hal­tung in der Land­wirt­schaft. Diese soge­nannte amt­liche Sta­tistik ist nicht nur Ent­schei­dungs­grund­lage für Politik, Ver­wal­tung und Wirt­schaft, son­dern auch ein wert­volles Werk­zeug für Jour­na­lis­tinnen und Jour­na­listen. Doch die Nut­zung der amt­li­chen Sta­tistik in der jour­na­lis­ti­schen Praxis gestaltet sich oft schwierig. Denn obwohl die amt­liche Sta­tistik theo­re­tisch der Öffent­lich­keit zur Ver­fü­gung steht und offi­zi­elle Sta­tis­tik­por­tale Daten zum Down­load anbieten, ist die Bedie­nung dieser Por­tale und die wei­tere Ana­lyse der Daten mit großen Hin­der­nissen ver­bunden.

Mit dem Pro­jekt „Daten­guide“ wollen wir Jour­na­lis­tinnen und Jour­na­listen in die Lage ver­setzen, die amt­liche Sta­tistik zu ver­stehen und sinn­voll zu nutzen, ins­be­son­dere im Lokal­jour­na­lismus. Dazu ent­wi­ckeln wir ein ein­fach zu bedie­nendes Daten­portal, das die Daten der amt­li­chen Sta­tistik klar und prä­gnant dar­stellt, ver­gleichbar macht, in Kon­text setzt und erklärt – bei­spiels­weise durch inter­ak­tive Gra­fiken und zusätz­liche erklä­rende Inhalte. Das Daten­portal struk­tu­riert die Daten regional (Bun­des­länder, Land­kreise und Städte) und nach Themen (z.B. Umwelt oder Soziales). Der Inno­va­ti­ons­ge­halt des Daten­por­tals liegt im jour­na­lis­ti­schen Ansatz und der redak­tio­nellen Auf­be­rei­tung der Inhalte. Im Gegen­satz zu den Por­talen der sta­ti­schen Ämter (z.B. regio­nal­sta­tistik.de) und Ange­boten von kom­mer­zi­ellen Anbie­tern (z.B. Sta­tista), liegt der Fokus auf der Kon­tex­tua­li­sie­rung und redak­tio­nellen Ein­ord­nung der sta­tis­ti­schen Inhalte und einer ein­fa­chen Kon­su­mier­bar­keit, auch für Men­schen ohne beson­dere tech­ni­sche oder sta­tis­ti­sche Vor­kennt­nisse.

Ein Pro­jekt von: Simon Jockers, Simon Wörpel und Patricia Ennen­bach

 

Flücht­ling – Magazin für mul­ti­kul­tu­rellen Aus­tausch

Das Flücht­ling-​Magazin ist das erste Online-​Magazin, in dem Geflüch­tete zu Wort kommen. Es steht für mul­ti­kul­tu­rellen Aus­tausch sowie Ver­stän­di­gung und wurde von dem geflüch­teten syri­schen Jour­na­listen Hussam Al Zaher im Februar 2017 gegründet. Ins­ge­samt besteht das inter­na­tio­nale Team aus 24 Ehren­amt­li­chen (Autoren, Jour­na­listen, Foto­grafen, Gra­fi­kern, Künst­lern). Zum ein­jäh­rigen Jubi­läum ver­öf­fent­lichte das Magazin durch die Unter­stüt­zung der ZEIT Stif­tung Ebelin und Gerd Buce­rius sein erstes Print-​Magazin. Das zweite folgt im Oktober. Ab 2019 soll es vier­tel­jähr­lich eine Aus­gabe geben. Das Online-​Magazin samt seiner Social-​Media-​Kanäle, über die auch viele Fotos und Videos geteilt werden, bleibt wei­terhin bestehen.
Das ehren­amt­liche Team berichtet über die Situa­tion von Geflüch­teten in Deutsch­land. Geflüch­tete schreiben auch selbst über ihre Kultur, ihre Gedanken, über Inte­gra­tion und ihre Erfah­rungen in Deutsch­land. Zudem bietet das Flücht­ling-​Magazin recht­liche Tipps, Rezepte, Por­traits und Berichte über aktu­elle Ereig­nisse und Hilfs­pro­jekte. Mit seiner Arbeit möchte das Team vor allem eines errei­chen: Einen Dialog auf Augen­höhe zwi­schen Geflüch­teten und Deut­schen und somit Bar­rieren und gegen­sei­tige Ängste und Vor­ur­teile abbauen. Das Magazin ist ein Pro­jekt des Ver­eins Mit­ein­ander Ankern.

Ein Pro­jekt von: Hussam Al Zaher sowie einem inter­na­tio­nalen Autoren­team

Solu­tions Jour­na­lism Trai­ning

Lösungs­ori­en­tierten Jour­na­lismus in Deutsch­land eta­blieren.

Das Solu­tions Jour­na­lism Net­work (SJN) wurde 2013 in New York gegründet und ist seither inter­na­tional aktiv, um Trai­nings, ein Netz­werk und Mate­ria­lien zum lösungs­ori­en­tierten Jour­na­lismus anzu­bieten. Mehr als 10.000 Jour­na­listen haben das Trai­ning inzwi­schen absol­viert und mehr als 170 Redak­tionen wie die New York Times, der Guar­dian oder die BBC sind Partner des Netz­werks, aber in Deutsch­land gibt es nichts Ver­gleich­bares. Hiermit bewerbe ich mich um das GROW-​Sti­pen­dium, um den recher­che­in­ten­siven lösungs­ori­en­tierten Jour­na­lismus in Deutsch­land bekannter zu machen. Ich habe den lösungs­ori­en­tierten Jour­na­lismus in Ame­rika ken­nen­ge­lernt, bin die Koor­di­na­torin der SJN Com­mu­nity in Los Angeles und schreibe seit November 2017 eine Lösungs­ko­lumne für das SZ-​Magazin. In all diesen Funk­tionen stelle ich aber fest, dass hier­zu­lande der lösungs­ori­en­tierte Jour­na­lismus immer noch mit Wohl­fühl­jour­na­lismus, Akti­vismus oder „Good News“ ver­wech­selt wird. Tat­säch­lich geht es bei diesem Ansatz kon­kret darum, die gleiche jour­na­lis­ti­sche Sorg­falt, kri­ti­sches Denken und inten­sive Recherche wie im inves­ti­ga­tiven Jour­na­lismus anzu­wenden, aber den Fokus auf prak­ti­kable und repro­du­zier­bare Lösungen für drän­gende Pro­bleme zu richten. Stu­dien der Columbia Uni­ver­sity oder der BBC zeigen deut­lich, dass seriöser, lösungs­ori­en­tierter Jour­na­lismus die Leser­bin­dung för­dert und gerade bei jungen Lesern unter 35 Jahren zu einer län­geren Ver­weil­dauer auf den Seiten führt. Ich halte ihn für ein zukunfts­wei­sendes jour­na­lis­ti­sches Modell, das ich meinen deut­schen Kol­legen vor­stellen möchte.

Ein Pro­jekt von: Michaela Haas, Lisa Url­bauer und Nina Fasciaux

Wei­tere Fina­listen und Teil­nehmer des Pitch waren:

Jour­na­listen-​tools.de

Jour­na­listen-​Tools.de bloggt über digi­tale Tools und Themen: Die Web­site will Jour­na­listen bei der Arbeit unter­stützen und ermu­tigen, selbst digital zu agieren. Bei­träge erscheinen in den Rubriken »Recher­chieren«, »Orga­ni­sieren«, »Pro­du­zieren« und »Ver­öf­fent­li­chen«, um hilf­reiche Tools für Jour­na­listen zu emp­fehlen und zu erklären – auch zu aktu­ellen Anlässen und mit prak­ti­schen Bei­spielen.

Zusätz­lich sind die Blogger von Jour­na­listen-​Tools.de regel­mäßig als Spe­aker bei Bar­camps und Events für Jour­na­listen, um diese »Werk­zeug­kiste« auch off­line zu prä­sen­tieren.

Ende 2013 hat Sebas­tian Brink­mann (Rhei­ni­sche Post Medi­en­gruppe) das Blog gegründet und Mitte 2018 an mich, Chris­tina Quast, über­geben. Ich möchte Jour­na­listen-​Tools.de nun so wei­ter­ent­wi­ckeln, um auch Geld zu ver­dienen. Dazu möchte ich inhalt­lich und finan­ziell mit ver­schie­denen Dingen expe­ri­men­tieren, um zu testen, welche meiner Ideen auch funk­tio­nieren.

Ein Pro­jekt von: Chris­tina Quast

 

Pro­jekt Schus­ter­junge.

Wir möchten mit unserem Pro­jekt Schus­ter­junge stu­den­ti­sche Experten auf Zeit an Lokal­re­dak­tionen ver­mit­teln. In Zusam­men­ar­beit mit der Redak­tion können sie Recher­chen unter­stützen und digi­tale Pro­jekte umsetzen.

Das können etwa Gra­fiker für ein Web­pro­jekt sein, Sozio­logen für eine Sozi­al­raum­ana­lyse, His­to­riker fürs Archiv oder Studis mit Sta­tistik-​Know-​How, die helfen, einen Daten­satz in den Griff zu bekommen. Das Matching soll über eine Web­site laufen.

Die Redak­tionen können Recher­che­pro­jekte inse­rieren, bei denen sie in bestimmten Fel­dern Unter­stüt­zung benö­tigen. Stu­die­rende können aber auch von sich aus ihre spe­zi­fi­schen Fähig­keiten oder Pro­jekt­ideen anbieten. Die Ver­net­zung soll dabei weit­ge­hend lokal erfolgen. Außerdem sollen Best-​prac­tice-​Bei­spiele auf der Web­site zeigen, welche Mög­lich­keiten sich für eine Zusam­men­ar­beit bieten.

Neben der Bereit­stel­lung der Platt­form wollen wir die Recherche-​Pro­jekte bei der Ein­wer­bung von För­de­rungen und bera­tend unter­stützen; Uns ist aber wichtig, dass sich nie­mand unter Wert ver­kaufen muss und sich die Redak­tionen auch unab­hängig von Dritt­mit­teln finan­ziell an der Bezah­lung der Stu­die­renden betei­ligen.

Wir wollen gezielt auch Stu­die­rende mit spe­zi­ellen Fähig­keiten anspre­chen, die ihre Zukunft viel­leicht nicht im Jour­na­lismus sehen, aber trotzdem den Medien wei­ter­helfen können. Wir wün­schen uns eine bunte, viel­fäl­tige lokale Medi­en­land­schaft, die von fri­schen Impulsen beflü­gelt wird und so selbst­be­wusst in die Gesell­schaft aus­strahlt.

Neben der Umset­zung von Recher­che­pro­jekten mit Leucht­turm­wir­kung soll durch gegen­sei­tigen Wis­sens­transfer die Qua­lität der Arbeit beider Seiten nach­haltig ver­bes­sert werden. Außerdem wollen wir mit unserem Pro­jekt das Ver­ständnis für den Wert von Qua­li­täts­jour­na­lismus för­dern.

Ein Pro­jekt von: Lenja Hüls­mann und Chris­toph Koitka

 

Eco Lab

Das Eco Lab ist ein Hands-​on-​Com­mu­nity-​Labor. Wir machen Citizen Sci­ence & DIY und bieten Work­shops und Mee­tings an, in denen inter­dis­zi­pli­näre, kleine Gruppen an Fra­ge­stel­lungen rund um die The­men­felder Umwelt, Natur und Technik for­schen werden.

In Phase I ent­wi­ckeln wir öko­lo­gisch sinn­volle und zukunfts­wei­sende Pro­jekte. Kleine Teams erar­beiten Fra­gen­stel­lungen und For­schungs­vor­haben, die sich in der Region umsetzen lassen. Wir recher­chieren, starten eine Ver­suchs­reihe, bauen ein DIY-(Do-​it-​yourself)-​Mess­gerät selbst und sam­meln damit Daten. Aus diesen Recher­chen und Daten werden wir in Phase II Geschichten destil­lieren, die wir bloggen, filmen, als digi­tale Map visua­li­sieren oder als Audio-​Pod­cast erzählen. Dadurch ent­steht ein lokaler, unab­hän­giger Umwelt­jour­na­lismus, in dem Bürger mit erfah­renen Wis­sen­schafts­jour­na­listen zusam­men­ar­beiten werden.

Das Eco Lab ist ein Labor für SoLaWi-​Ver­fechter und Urban-​Gar­dener, Stu­denten der Unis Tübingen, Hohen­heim und Stutt­gart, Dok­toranten der umlie­genden Max-​Planck-​ und Fraun­hofer-​Insti­tute, Entre­pre­neure, Mit­glieder des Stutt­gart Hackspace, FabLab Neckar-​Alb, der NaBu- und BUND-​Regio­nal­gruppen, Fans der Nach­hal­tig­keit und freie Wis­sen­schafts­jour­na­listen. Wir spre­chen über­haupt alle an, die Lust haben, Dinge zu durch­denken und prak­tisch an Lösungen her­um­zu­tüf­teln.

Im Sommer 2018 sind wir in der Region Tübingen/Stutt­gart gestartet und treffen uns regel­mäßig zu Dis­kus­sionen. Um die Com­mu­nity auf­zu­bauen und tech­ni­sche Skills für die prak­ti­sche For­schung zu lernen, plane ich aktuell Work­shops zur Her­stel­lung von pflanz­li­chen Stamm­zellen, zur Schlamm­bat­terie (mikro­bi­elle Brenn­stoff­zelle) und zur Ana­lyse von Mikro­plastik in unseren Bächen und Seen, die jetzt im Herbst statt­finden werden.

Aktuell ver­netzen wir uns mit Akteuren in der Region: mit offenen Werk­stätten wie dem Werk­stadt-​haus, dem FabLab Neckar-​Alb, der Mikro­sko­pi­schen Gesell­schaft, dem Schü­l­er­for­schungs­zen­trum, Unis und For­schungs­ein­rich­tungen in der Region. Gleich­zeitig ver­stehen wir uns aber auch als Teil einer inter­na­tio­nalen Maker-​ und DIY-​Com­mu­nity. Zahl­reiche Koope­ra­tionen planen wir dazu in Deutsch­land und Europa – ebenso Medi­en­part­ner­schaften.

Slack und meetup.com sind der­zeit unsere wich­tigsten Digi­tal­ka­näle. Die Home­page und der Aufbau von wei­teren Social-​Media-​Kanälen sind gerade in Arbeit und werden dem­nächst online gehen.

Geför­dert wird das Eco Lab von der Robert-​Bosch-​Stif­tung und dem Media Lab Bayern. Wir freuen uns auf wei­tere Partner, die uns ideell und finan­ziell unter­stützen möchten.

Ein Pro­jekt von: Nicola Wett­mar­shausen

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