Antwort des ADAC
Lieber Herr Schröm,
vielen Dank für das nette Telefonat am Dienstagnachmittag.
Wie bereits erläutert, kann ich am kommenden Samstag leider nicht persönlich in Hamburg mit dabei sein, obwohl ich die Gelegenheit zur „Gegenrede“ gerne genutzt hätte. Potenzial zur Klar- und Richtigstellung gäbe es genug. Beim nächsten Mal macht ein entsprechender Hinweis mit mehr als nur einer Woche Vorlauf eventuell Sinn.
Lassen Sie mich dennoch zu einigen Punkten Ihres Schreibens Stellung nehmen:
Aus Sicht des Netzwerk Recherche in einer Reihe mit dem IOC, der Kirche oder der FIFA zu stehen, will auch erst einmal vollbracht sein. Aber ernsthaft: Wir nehmen Ihre „Auszeichnung“ gerne an, vor allem aber ernst. D.h. wir sind selbstkritisch genug anzuerkennen, dass in der ADAC-Vergangenheit viele, teilweise nicht entschuldbare Fehler gemacht worden sind. Das betrifft eine Reihe von Dingen, mit Blick auf unsere beider Disziplin aber natürlich vor allem den Umgang und die Kritik mit bzw. an der Presse. Ich erinnere an dieser Stelle nur an den Januar-Auftritt des damaligen ADAC-Geschäftsführers im Rahmen der Preisverleihung.
Dass infolgedessen eine für die Vertrauensorganisation ADAC bis dato beispiellose Negativentwicklung eingesetzt hat und im Zuge dessen zahlreiche Defizite und Missstände ans Licht der Öffentlichkeit gekommen sind, ist richtig und in hohem Maße das Verdienst der beiden Süddeutsche-Kollegen Ritzer und Obermayer. Beiden habe ich im Übrigen am Dienstag, unmittelbar nach Ihrer Bekanntgabe der diesjährigen „Leuchtturm“-Preisträger, zu der auch aus meiner Sicht vollkommen berechtigten Auszeichnung für Investigativjournalismus gratuliert.
Gerade auch durch die hartnäckigen SZ-Recherchen haben wir im ADAC allerdings auch die Möglichkeit bekommen (und aktiv genutzt), uns mit unserem Selbstverständnis, unserer Struktur und unserer grundsätzlichen Positionierung nach Jahren des immensen Wachstums und Erfolgs kritisch auseinanderzusetzen. Dieser Prozess der Reflexion, den wir strukturell in ein umfassendes Reformprogramm eingebettet haben, ist intensiv, durchaus schmerzhaft und langwierig – betrifft er doch den unmittelbaren Markenkern des ADAC. Die weiterhin kritische Berichterstattung der Öffentlichkeit und Medien tut ihr übriges. Ich möchte explizit betonen, dass diese aber erforderlich, notwendig und damit damit letztlich auch hilfreich für die von uns gewünschte Neuausrichtung des ADAC ist.
Ich möchte gar nicht bestreiten, dass in den vergangenen Wochen, in denen wir im medialen Sperrfeuer standen, auch kommunikativ einige Dinge nicht optimal gelaufen und durchaus verbesserungsfähig sind. Wo gehobelt wird, fallen Späne – c’est la vie. Das ist bei uns in der Pressestelle nicht anders als in ihren Redaktionen. Was mir persönlich jedoch in dieser Zeit augenscheinlich geworden ist und was ebenfalls einer kritischen Betrachtung unterzogen gehört: Die „Krise des ADAC“ haben einige Medien – und ich rede explizit nicht nur über den sog. Boulevard – leider in mehreren Fällen auch dazu genutzt, es mit journalistischen Sorgfaltspflichten oder der Maxime einer ausgewogenen, objektiven Berichterstattung nicht allzu genau zu nehmen. Die Liste der Beispiele ist lang und können wir bei Interesse gerne einmal näher diskutieren. An dieser Stelle sei exemplarisch ein Agentur-Kollege zitiert, der ein Telefonat wie folgt beginnt: „Ich weiß, dass es im Moment eigentlich nichts Neues gibt, aber unsere Kunden wollen nun mal ADAC-Geschichten haben.“ Die Kunden haben ihre Geschichte bekommen – vollgepackt mit Halbwahrheiten, Auslassungen und Tendenzen. Oder einen TV-Kollegen, der mich mit den Worten begrüßt: „Unser Beitrag ist fertig und wird in einer Stunde gesendet, aber wir wollen euch natürlich trotzdem die Gelegenheit zur Stellungnahme geben.“ Verbunden war dieses freundliche Angebot mit einem umfangreichen Fragenkatalog von etwa 15-20 Fragen. Wie der Beitrag inhaltlich ausgesehen hat, können Sie sich evtl. vorstellen.
Lieber Herr Schröm, mein Team und ich stellen uns gerne jeder kritischen Frage und tun dies auch weiterhin. Durch einen ehrlichen, vertrauensvollen und wertschätzenden Dialog mit vielen ihrer Journalisten-Kollegen haben wir es aus meiner Sicht in den vergangenen Wochen geschafft, zumindest auf der „kommunikativen Arbeits-Ebene“ wieder etwas an Vertrauen zurückzugewinnen. Als derzeit Kommunikationverantwortlicher des ADAC habe ich aber neben einer unternehmerischen und einer öffentlichen Verpflichtung auch personelle Verantwortung. Verantwortung für ein Team aus engagierten Kolleginnen und Kollegen, die über Jahre und Jahrzehnte hinweg eng und vertrauensvoll mit Ihnen und vielen anderen Journalisten zusammengearbeitet haben und die binnen Tagen zu „Informationsblockierern“ mutiert sein sollen. Wir reden hier im Übrigen über die gleichen ADAC-Kollegen, die in den vergangenen acht (!) Jahren durchgängig als beste Pressestelle im Bereich der Verbands-Wirtschaftskommunikation ausgezeichnet worden sind. Gewählt und prämiert von Ihnen, den Journalisten.
Aus diesem Grund plädiere ich (ebenso wie Sie) dafür, künftig mehr Transparenz, Offenheit und Ehrlichkeit walten zu lassen. Auf beiden Seiten. Wir stellen uns auch weiterhin jeder Diskussion. Nur sachlich, kompetent und professionell sollte sie sein. Diese Einstellung erwarten Sie von uns – und wir von Ihnen. Sollte an einer solch konstruktiven Auseinandersetzung kein ernsthaftes Interesse bestehen und stattdessen nur Polemik, eine schnelle Schlagzeile oder auch ganz schlicht die „schallende Ohrfeige für den gelben Riesen ADAC“ intendiert sein, werden mein Team und ich auch weiterhin auf diesen Umstand hinweisen.
Ich hoffe, dass Ihnen die o.a. Ausführungen etwas Einblick in unseren aktuellen Kommunikationsalltag geben. Sie können diese gerne im Zuge ihrer Jahrestagung veröffentlichen, vortragen oder online stellen – ganz wie Sie mögen. Sie können es aber auch lassen.
Mit besten Grüßen
Christian Garrels
Leiter Externe Kommunikation