Acht Grundregeln für Virtual Reality im Journalismus
Virtual Reality (VR) gibt Journalisten die Möglichkeit, ihre Geschichten erlebbar zu machen. Doch besteht auch die Gefahr, den journalistischen Anspruch zu verwässern. Acht Grundregeln, die bei der Verwendung von VR zu beachten sind. Von Eike Hagen Hoppmann, JONA/KAS
1. Die entscheidende Frage: Warum VR?
Eine Frage, die bei VR-Geschichten unbedingt am Anfang stehen sollte: Warum erzähle ich die Geschichte mit Virtual Reality? „Das ist die entscheidende Frage“, sagt Jana Wuttke vom Deutschlandradio, die mit einem Team Stasiverhöre in VR aufbereitet hat. „Virtual Reality muss einen Mehrwert bringen.“ Der besteht darin, eine Geschichte erfahrbar und erlebbar zu machen. Man sollte sich fragen: Wo bringt mir das etwas?
2. Das Ziel im Auge behalten
VR bietet unzählige Gestaltungsmöglichkeiten, aber genau dort besteht die Gefahr: Der Kern einer Geschichte kann aus dem Fokus geraten. „Wir haben uns bei O-Tönen oft gefragt: Brauchen wir die, um unsere Geschichte zu erzählen?“, sagt Wuttke. Was nicht mit Ja beantwortet werden kann, wird nicht verwendet.
3. Emotionen allein reichen nicht
Bei VR ist der Zuschauer ein Teil der Geschichte. Er erlebt die Ereignisse subjektiv und ist deshalb manipulierbar. Der journalistische Anspruch verlangt es, die persönlichen Eindrücke einzuordnen, der erfahrbaren auch eine erklärende Komponente hinzuzufügen. Für die Erklärung muss die Immersion gestoppt werden. Eine hohe Informationsdichte stört allerdings das VR-Erlebnis. Die Lösung ist ein Mittelweg. „Am Anfang muss aber das Emotionale stehen“, sagt Wuttke.
4. Die Balance finden
„Die Balance zu finden, wie viel Interaktivität man einbaut, ist entscheidend“, sagt Frédéric Dubois, der Produzent von interaktiven Medien ist und ebenfalls an der Entstehung der Geschichte zu den Stasiverhören beteiligt war. Bei Geschichten mit journalistischem Anspruch sollte – so Dubois – selbstverständlich der Journalismus im Vordergrund stehen. Er empfiehlt eine zurückhaltende Herangehensweise. Oft gilt: Weniger Interaktivität ist besser.
5. Auf die Optik achten
Das Design einer VR-Geschichte entscheidet darüber, wie die Geschichte vom Zuschauer wahrgenommen wird. Schon die Farbe des Raumes kann die Wirkung der Geschichte beeinflussen. Deshalb sollte man sich mit der Optik intensiv auseinandersetzen. Auch die Plattform ist entscheidend: Wenn eine VR-Geschichte auch mobil funktionieren soll, können manche Funktionen nicht genutzt werden.
6. Die Geschichte muss im Raum funktionieren
Eine VR-Umgebung kann nicht beliebig groß sein. „Es braucht abgeschlossene Räume oder Areale“, sagt Wuttke. Die Geschichte über die Stasiv
erhöre spielt beispielsweise in einem nachgebauten Verhörraum.
7. Die Wirkung nicht unterschätzen
VR-Geschichten setzen viele Reize auf unterschiedlichen Ebenen und sind deshalb besonders intensiv. „Virtual Reality erreicht dich emotional viel stärker als eine lineare Erzählung“, sagt Wuttke. Ein auf den ersten Blick harmloser O-Ton kann im VR-Umfeld eine ganz andere Wirkung entfalten, die auf jeden Zuschauer anders wirkt. Das sollte man bereits bei der Produktion beachten.
8. Transparent sein
Ein generelles journalistisches Gebot gilt besonders für den VR-Bereich. „Man muss sehr transparent sein“, sagt Wuttke. Dazu gehört, die Entstehung und Funktionsweise des Produktes zu erklären. VR-Geschichten bieten Journalisten viele Gestaltungsmöglichkeiten, die sie allerdings begründen sollten.