Die Brü­cken­bauerin

ver­öf­fent­licht von Gast­bei­trag | 18. August 2014 | Lese­zeit ca. 4 Min.

Eigent­lich wollte Chris­tina Elmer als Wis­sen­schafts­jour­na­listin in Fern­sehen und Hör­funk arbeiten. Wäh­rend des Jour­na­listik-​ und Bio­logie-​Stu­diums waren die Redak­teure von Wis­sen­schafts­sen­dungen wie Quarks&Co und den Repor­tagen der BBC ihre Vor­bilder. Dass sie einmal eine d e r Daten­jour­na­lismus-​Exper­tinnen in Deutsch­land wird – das war eigent­lich nicht der Plan. „Ich hätte damals defi­nitiv nicht daran gedacht, dass ich einmal Redak­teurin für Daten­jour­na­lismus bei Spiegel Online sein würde.“

Auf den zweiten Blick ist Chris­tina Elmer Lebens­lauf aller­dings viel gerad­li­niger, als es zunächst scheint. Immerhin hatten vor zehn Jahren ohnehin erst wenige Jour­na­listik-​Stu­denten und Volon­täre den Online­jour­na­lismus als Ziel vor Augen. „Online­jour­na­lismus war damals noch nicht so reich an For­maten und Anwen­dungen wie heute, und ich habe mich nie als reine Schrei­berin ver­standen“, sagt Chris­tina Elmer. Ihr Volon­ta­riat beim WDR helfe ihr aber gerade bei Online-​Texten bis heute: „Denn wer fürs Hören schreiben kann, hat auch mit Arti­keln weniger Pro­bleme, die unter Zeit­druck gelesen werden und beson­ders ver­ständ­lich sein müssen.“

Gleich­gültig in wel­cher Medi­en­gat­tung, ein Ziel von Chris­tina Elmer war es immer, rele­vanten Jour­na­lismus zu machen: Es sollten Themen sein, die den Men­schen etwas bedeuten. Oder Infor­ma­tionen, die so wichtig sind, dass sie öffent­lich zugäng­lich gemacht werden sollten. Und auch das führte dann irgendwie ganz logisch zum Daten­jour­na­lismus.

Die Initi­al­zün­dung hierfür brachte ein Seminar bei Brant Houston wäh­rend des Stu­diums in Dort­mund. Elmer war ange­steckt von der Methodik des Pio­niers im „Com­puter Assisted Repor­ting“, aus struk­tu­rierten Daten Ansatz­punkte für jour­na­lis­ti­sche Geschichten zu destil­lieren. Und so war es wie­derum fast fol­ge­richtig, dass Chris­tina Elmer nach dem Volon­ta­riat als Redak­teurin in der ersten Daten­jour­na­lismus-​Redak­tion Deutsch­lands begann, bei RegioData der dpa. „Weg­wei­send“, nennt sie ihre dama­lige Arbeit in einem Team aus fünf gleich­ge­sinnten Kol­legen: „Dabei kann man sich unglaub­lich gut aus­tau­schen und von­ein­ander lernen, der krea­tive Pro­zess ist ein­fach viel reich­hal­tiger im Team. Natür­lich arbeite ich heute auch bei jedem grö­ßeren Pro­jekt im Team, aber in einem eigenen Res­sort geht natür­lich mehr.“

Als das dpa-​Team nach drei Jahren wieder ver­klei­nert wurde, war die Aus­wahl für Daten­jour­na­listen bereits etwas größer, und Chris­tina Elmer wech­selte mit der dpa-​Info­grafik als Zwi­schen­sta­tion in das Team Inves­ti­ga­tive Recherche des stern. Auch ihr bisher letzter Schritt in die Online-​Welt des Spiegel ergibt Sinn. Denn Daten­jour­na­listen haben viele Visua­li­sie­rungs­mög­lich­keiten, die sich beson­ders in Online-​Medien gut aus­spielen lassen.

Doch die Ent­wick­lung ist für Chris­tina Elmer noch lange nicht am Ende – weder für ihre täg­liche Arbeit, noch für das Feld ins­ge­samt. Für die Zukunft hat sie sich zum Ziel gesetzt, den Daten­jour­na­lismus in der Redak­tion aus­zu­bauen, zu ver­stärken und mit allen Res­sorts mehr Pro­jekte anzu­schieben: „The­ma­tisch würde ich gerne ein paar Themen kna­cken, für die es aktuell noch keine Daten gibt, oder wo Daten zurück gehalten werden. Vor allem im Bereich Politik und Umwelt gibt es einiges zu tun für Daten­jour­na­listen.“ Und das gelte auch jen­seits des eigenen Hauses: Beim Daten­zu­gang, bei den Redak­tionen selbst und bei den finan­zi­ellen Bedin­gungen für Jour­na­listen gebe es überall Ent­wick­lungs­be­darf.

Seit vielen Jahren ist sie daher auch in der Aus- und Wei­ter­bil­dung von Daten­jour­na­listen enga­giert. Was für sie selbst­ver­ständ­lich ist, ist für viele Jour­na­listen noch unge­wohnt: Recher­chen mit ergeb­nis­of­fener Daten­ana­lyse zu beginnen, um zunächst ein mög­lichst objek­tives Grund­ver­ständnis für die The­matik zu ent­wi­ckeln. „Es wäre seltsam, anders an Themen heran zu gehen“, sagt sie. Und auch damit ist sie dann dichter am ursprüng­li­chen Berufs­wunsch als gedacht. Denn nicht nur in dieser Her­an­ge­hens­weise ist es vom ursprüng­li­chen Ziel des Wis­sen­schafts­jour­na­lismus‘ zum Daten­jour­na­lismus nicht mehr weit.

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