Investigativer Sportjournalismus – Sei kein Fanboy!
Wer kritisch über Sport berichten möchte, stößt oft an seine Grenzen. Interviews und Akkreditierungen werden verweigert, Vereine sprechen Stadionverbote aus. Im Interview gibt SPIEGEL Sportjournalist Rafael Buschmann Tipps für eine unabhängige, investigative Berichterstattung. Von Lena Binz und Antonia Schlosser, ifp
Warum ist es so schwierig, im Sport investigativ zu recherchieren?
Ich finde das persönlich gar nicht schwierig. Ich glaube nur, dass es wichtig ist, dass man eine eigene Haltung hat. Die eigene Haltung und die vom Arbeitgeber gegebene Freiheit müssen stimmen, dann ist investigative Recherche im Sportjournalismus eigentlich sehr schön. Denn es ist ein riesiges Feld, in dem man sich bewegen kann, weil dort einfach noch nicht so viele Reporter kritisch unterwegs sind. Aber an einer Stelle ist die Frage vollkommen berechtigt: Das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Vereinen und den Reportern ist so immens, weil Reporter so abhängig sind von Akkreditierung, Hintergrundgesprächen und Interviews, dass sie sich oftmals nicht trauen zu sagen: Ich berichte jetzt kritisch.
Wie buddelt man richtig im Sportsumpf, um kritisch zu berichten?
Ich glaube, mit den drei klassischen Sportwerten Geduld, Fleiß und Mut. Geduld und Fleiß, um ganz viele Personen abzufahren, abzutelefonieren, immer mal wieder mit ihnen zu reden und Vertrauen aufzubauen, bis man sie mit Mut fragen muss: Darf ich dein Geheimnis an die Öffentlichkeit bringen? Darf ich deine Dokumente haben? Du bist für mich mein Informant und meinen Informanten schütze ich. Aber deine Dokumente sind so wichtig, dass sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden müssen.
Wie gehst du konkret bei der Recherche vor?
Ich glaube, das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Es gibt aber im Kern eine generelle Form, wie man investigativ berichten kann. Am Anfang steht die eigene These. Damit geht man los und befragt dazu Experten. Doch danach fängt man nicht an, den Artikel zu schreiben. Man überlegt sich: Wer steckt noch dahinter, wen kann ich noch befragen? Das sind zum Beispiel wissenschaftliche Mitarbeiter, Doktoranden, Staatsanwälte, Polizisten. Vielleicht kennt der Staatsanwalt dann einen Anwalt oder Beschuldigten. Man wanzt sich Schritt für Schritt an den Kern der Geschichte ran. Man fängt von außen bei den offiziellen Gesprächspartnern an und geht dann in den Kern zu denjenigen, die nicht mehr offiziell reden dürfen, aber trotzdem viel wissen und dieses Wissen an die Gesellschaft weitergeben wollen.