Mit Tinder zum Reporterpokal
Immer mitten in die Presse rein! Das war der Titel des ersten Reporterslams in Hamburg bei der nr-Jahreskonferenz. Zugeschlagen haben Felix Dachsel, Nora Gantenbrink und Fabienne Hurst. Mit viel Humor und Augenzwinkern haben sie gezeigt, was kreative Reporter machen. Also: Tinder analysieren, Sido und Bushido illegal angeln lassen und ein halbes Jahr Kaffee, Kuchen und Zigaretten im durchschnittlichsten Ort Deutschlands verzehren. Von Jana Luck und Miguel Helm, JONA/KAS
Los geht es mit Felix Dachsel. Der Zeit-Redakteur hat 10 000 Tinder-Profile analysiert. Ihm fällt bei seinen Recherchen in der Tinder-Welt auf: Tinder ist ein Zoo. Mit anderen Worten: Singles lieben Tiere. Egal ob Hund, Katze, Giraffe – auf Tinder wollen viele mit ihrer tierischen Seite beim anderen Geschlecht Punkten. Und mit ihrer philosophischen. Das ist die zweite Erkenntnis von Felix: Tinder ist eine richtige Plattform für Aphoristiker. Menschen also, die sich mit den wirklich wichtigen Dingen im Leben auseinandersetzen. Und nicht nur mit Sex.
Weiter im Programm mit Nora Gantenbrink. 2011 war die Stern-Redakteurin Praktikantin beim Kulturspiegel und auf der Suche nach der Geschichte, die sie auf die Titelseite bringt.
Beim Schauen von TV-Total kommt sie auf eine Idee, weil sie dort mitbekommt: Sido und Bushido haben sich versöhnt. Und: Beide angeln gerne. Warum also nicht mit beiden an einem Berliner See angeln, quasi als kleine Hip-Hop-Weihnachtsgeschichte? Denn wenn die beiden Frieden schließen, kann der Weltfrieden auch nicht ganz so weit weg sein, denkt die junge Journalistin. Nora trifft sich mit beiden zum Karpfen-Angeln – und ihr gelingt der Coup, die Titelgeschichte als Praktikantin. Nur hat sie die Rechnung ohne die Berliner Polizei gemacht. Von der gibt es eine Anzeige. Weder Bushido noch Sido besitzen nämlich einen Angel-Schein.
Fabienne Hurst arbeitet für Panorama und war für die Sendung dort, wo Deutschland am durchschnittlichsten ist: im pfälzischen Hassloch. 20 000 Einwohner groß, mehrere Unternehmen testen hier ihre Produkte, weil Hassloch anscheinend ganz repräsentativ für Rest-Deutschland ist. Die Welt ist hier in Ordnung, auf den ersten Blick. Aber fast jeder fünfte wählte AfD.
In Hassloch wohnen keine frustrierten Neo-Nazis, stellt Fabienne fest. In Hassloch leben Menschen mit etwas speziellen Ansichten. Eine Einwohnerin findet Ausländer prinzipiell nicht schlecht – zumindest solange sie im Ausland sind und nicht in Deutschland und schon gar nicht in Hassloch.
Und ein ehemaliger Polizist freut sich über den Besuch der Journalisten, seine Frau macht bei jedem Besuch Kuchen und Kaffee. Aber seine Ansichten sind schräg, zum Beispiel beim Thema gleichgeschlechtliche Paare. Zitat: “Es war ja Adam und Eva und nicht Adam und Adam oder Eva und Eva”.
Wer von den drei Reportern hat jetzt aber am besten geslamt und ist erster Reporterslampion in Hamburg? Der Erfinder des Reporterslams Jochen Markett von Realsatire vergleicht dafür die Laustärke des Applauses nach jedem Slammer. Und verkündet: Nach Felix Dachsel und seine Tinder-Analyse wurde es am lautesten. Er gewinnt damit den Slam-Pokal.