“Money for nothing?“
Vier Fragen an… Marco Maas
1. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich Datenjournalisten in Deutschland?
Erst einmal stellt sich die Herausforderung, damit Geld zu verdienen. Das ist eine der größten Herausforderungen, weil die Redaktionen heutzutage noch nicht die datenjournalistischen Kompetenzen schätzen und aufbauen. Und das ist etwas, das es für freie oder externe Journalisten schwer macht, sich in diesem Bereich zu etablieren. Gesellschaftlich werden wir uns der Frage stellen müssen, ob es wirklich gerechtfertigt ist, so viel Aufwand in solche Sachen reinzustecken: Sind die Dinge, die wir damit aufdecken, wirklich so relevant, dass es sich lohnt, mehr daraus zu machen als hübsche Grafiken, die sich bewegen. Die Frage ist: Wo ist der Mehrwert? Ich glaube aber, dass wir in einer Welt leben, die immer technischer wird. Daher brauchen wir Experten, die verstehen mit diesen Daten umzugehen.
2. Wo könnten Datenjournalisten mit Wissenschaftlern zusammenarbeiten?
Wissenschaftler erzeugen Daten, Wissenschaftler untersuchen Dinge – und der Journalist vermittelt Dinge. Die Expertise eines Wissenschaftlers, kombiniert mit dem Storytelling eines kompetenten Journalisten, kann ganz neue Geschichten erzählen.
3. Wie sollte man den Datenjournalismus in Deutschland fördern?
Ich glaube, dass Redaktionen erkennen müssen, dass Datenkompetenz etwas ist, was ihren Mitarbeitern gut tut. Damit müssen Schulungen einfach viel wichtiger und ein viel größerer und essentieller Bestandteil in der Redaktion werden. Die meisten Journalisten sind schon überfordert, wenn sie eine Excel-Tabelle aufmachen, und wissen nicht, was sie damit machen sollen. Es wird nicht so sein, dass wir Datenjournalisten in jeder Redaktion haben, aber eine Grundkenntnis vom Umgang mit Daten ist absolut notwendig. Wenn man dann Spezialisten hat, die das Storytelling in interaktiven Geschichten umsetzen…das ist glaube ich das, was wir brauchen, um diese Disziplin wirklich zum Abheben zu bringen.
4. Was sind Grenzen des Datenjournalismus?
Ich würde immer eine Grenze ziehen, wenn persönliche Daten betroffen sind. Öffentliche Daten sollte man und muss man nutzen, private sollte und muss man schützen. Ein Motto, das ich mir nicht selbst ausgedacht habe, sondern das seit etlichen Jahren ein Grundsatz ist, der vom Chaos Computer Club geprägt und entwickelt wurde. Dass so ein Journalismus unfassbar objektiv ist, kann man sich auch nicht vorstellen: Mit dem Blick auf die Daten verfälscht man sie schon, und ein Datenbestand ist nie vollständig.
Man kann also nicht wirklich objektiv berichten, man kann aber evidenzbasiert berichten. Es ist nicht mehr nur der Einzelfall, der mir meine Geschichte bringt, die ich erzählen möchte. Ich habe diesen Einzelfall, aber auch noch 20 andere Messungen. Es wird also objektiver – andererseits kann man die Datenauslegung auch zur Meinungsteuerung nutzen: Eine der großen Gefahren ist es, wenn PR und öffentliche Firmen auf den Trichter kommen, dass man mit guten Datenvisualisierungen die journalistisch aufbereitet sind, auch sehr einfach Meinungen beeinflussen kann.