Hamburg – Zum ersten Mal wurde am Freitag in Hamburg der mit insgesamt 6.000 Euro dotierte „Deutsche Preis für Klimajournalismus“ vergeben.

Der Podcast „Hitze – Letzte Generation Close-up, produziert von TRZ Media und rbb, erhält den Preis in der Kategorie Hauptpreis. „Daphne Ivana Sagner, Céline Weimar-Dittmar und ihrem Team ist ein fein gezeichnetes Porträt der derzeit umstrittensten Klimaaktivist*innen-Gruppe gelungen. Während radikalisierte Teile der Klimaschutz-Bewegung vielfach als kriminell abgestempelt und auch faktisch kriminalisiert wurden, haben die Autor*innen das Gegenteil versucht”, schreibt Barbara Junge (Netzwerk Recherche) in ihrer Laudatio. „Sie haben sich den Aktivist*innen genähert – ohne dabei jedoch die journalistische Distanz zu verlieren. Herausgekommen ist mehr als ein Porträt der Letzten Generation. Zugleich zeigen die Autor*innen mit ihrer Podcast-Reihe die generellen Probleme der Klimabewegung zwischen Frust und Radikalisierung auf.“

In der Kategorie Investigativ wird die Recherche „Klimaschutzprojekte in China: Milliardenbetrug in der Ölbranche?“ von ZDF frontal ausgezeichnet, von den

Autor*innen Hans Koberstein, Nathan Niedermeier, Marta Orosz und Miriam Steimer. Zur Begründung heißt es in der Laudatio von Sara Schurmann (Netzwerk Klimajournalismus Deutschland): „Die Recherche zeigt einmal mehr, wie wichtig investigativer Klimajournalismus ist. Die fossile Wirtschaft versucht seit Jahren mit großem finanziellen und personellen Aufwand ihre Billionen-Geschäfte mit Öl, Gas und Kohle zu sichern. Sie streut Zweifel und verbreitet Lügen, um wirksamen Klimaschutz zu verhindern. Umso wichtiger ist die Aufdeckung und Aufklärung durch professionellen, unabhängigen, investigativen Journalismus. Dafür hat ZDF frontal ein herausragendes Beispiel geliefert.

Die Recherche „Wasserentnahmen in Unterfranken“ von Main-Post und Bayerischer Rundfunk erhält den Preis in der Kategorie Lokal. „Das Team um Pirmin Breninek, Carolin Hasenauer, Jonas Keck, Angelika Kleinhenz und Claudia Kohler hat in monatelanger Arbeit Daten zu Wasserentnahme-Rechten in der trockensten Region Bayerns zusammengetragen und die Problematik ansprechend und verständlich aufbereitet. Die gemeinsame Recherche, die sich durch vorbildliche Hartnäckigkeit auszeichnet, enthüllte das große Versagen der Ämter rund um die Ressource Wasser und führte sogar bei der bayerischen Landesregierung zum Umdenken“, schreibt Aline Pabst (Netzwerk Klimajournalismus Deutschland) in ihrer Laudatio.

Der undotierte Ehrenpreis für außergewöhnliches, langjähriges Engagement im Bereich Klimajournalismus wird in diesem Jahr an den Astrophysiker, Wissenschaftsjournalisten und Fernsehmoderator Harald Lesch vergeben. „An Lesch können wir ablesen, was der Satz ,Hört auf die Wissenschaft!’ für den Journalismus bedeutet: Die Fakten, die physikalischen Ursachen und Zusammenhänge der Klimakrise verständlich erklären – und zugleich die sich daraus ergebenden Konsequenzen beharrlich und standhaft aufzuzeigen“, so Jürgen Döschner (Netzwerk Klimajournalismus Deutschland) in seiner Laudatio.

Eine besondere Erwähnung erfährt die Dokumentation „Rette sich, wer kann – Wie der Katastrophenschutz für Menschen mit Behinderungen versagt“ vom österreichischen Medium andererseits.org. Journalist*innen mit und ohne Behinderung haben am Beispiel der Flut im Ahrtal aufgezeigt, wie schlecht es um den Katastrophenschutz für Menschen mit Behinderung steht. Damals starben dort 12 Bewohner*innen eines Heimes. „Dem Team ist es in besonderer Weise gelungen, den Blick dafür zu schärfen, dass die Klimakrise in alle Lebensbereiche hinein wirkt und überall mitgedacht werden muss. So auch bei der Daueraufgabe Inklusion“, begründet Jürgen Döschner in seiner Laudatio die Auszeichnung.

Insgesamt waren 180 Beiträge eingereicht worden. Auf die jeweilige Shortlist der drei besten Veröffentlichungen in den dotierten Kategorien setzte die Jury neben den Preisträgern auch folgende herausragenden Beiträge:

Kategorie „Hauptpreis“:

„Die Strömung, die alles verändern kann“
Von Alex Rühle, Leonie Sanke, Vera Schroeder (Text) und Olivia von Pilgrim (Motion Design), Süddeutsche Zeitung

„Klima-Faktenchecks“
Von Matthias Bau, Max Bernhard, Alice Echtermann, Rebekka Franz, Johannes Gille, Uschi Jonas, Steffen Kutzner, Florian Löffler, Viktor Marinov, Kimberly Nicolaus, Gabriele Scherndl, Laura Seime, Paulina Thom, Sarah Thust, Sophie Timmermann, Correctiv

Kategorie „Investigativ“:

„Anatomie einer Kampagne – Die Union gegen das Heizgesetz“
Von Lena Bäunker, Krautreporter

„Dürre im Paradies – Iraks Marschlandschaften“
Von Monika Bolliger und Susanne Götze, Der Spiegel

Kategorie „Lokal“:

„Mission Energie“
Von Sara Bernhard, Brigitte Degelmann, Dennis Pfeiffer-Goldmann, Achim Lederle, Stefanie Liedtke, Julia Lorenz, Lily Rapprich, Thomas J. Schmidt, Michelle Spillner, Holger Vonhof, Frankfurter Neue Presse

„Klimaanpassung in der Region“
Von Antonia Dittrich, Robin Eisenmann, Birgit Femppel, Jens Kleindienst, Lars Leitsch, Felix Plum, Sebastian Reh, Leonie Rothacker, Johanna Tischler, Kooperation des VRM-Klimanetzwerks mit Correctiv, BR, NDR und WDR

Mitglieder der Jury:

  • Wolfgang Blau, Mitgründer des Oxford Climate Journalism Network
  • Claudia Kemfert, Energieökonomin beim DIW Berlin
  • Özden Terli, Meteorologe und Wetter-Moderator
  • Barbara Junge, Netzwerk Recherche
  • Annelie Naumann, Netzwerk Recherche
  • Jürgen Döschner, Netzwerk Klimajournalismus Deutschland
  • Sara Schurmann, Netzwerk Klimajournalismus Deutschland

Der Deutsche Preis für Klimajournalismus wurde vor einem Jahr vom Netzwerk Klimajournalismus und Netzwerk Recherche ins Leben gerufen, um die Verantwortung der Medien bei der Bekämpfung von Ursachen und Folgen der Klimakrise hervorzuheben. Mit diesem Preis sollen besonders gelungene Beiträge gewürdigt und sichtbar gemacht und die Qualität des Klimajournalismus in Deutschland gefördert werden.

Zum Netzwerk Klimajournalismus Deutschland:
Das Netzwerk Klimajournalismus Deutschland e.V. wurde 2021 gegründet und ist eine Initiative, die Journalist*innen zusammenbringt, um die Berichterstattung über die Klimakrise zu stärken und als Querschnittsthema in allen Medien zu etablieren. www.klimajournalismus.de

Zum Netzwerk Recherche:
Das Netzwerk Recherche e.V. ist ein eingetragener, gemeinnütziger Verein, der 2001 von Journalist*innen gegründet wurde, um die journalistische Recherche und den Qualitätsjournalismus in Deutschland zu stärken.
www.netzwerkrecherche.org