Rumänische Verhältnisse
Von Simone Stern, DJS
Nur 20 Prozent der Rumänen glauben laut einer Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung an unabhängige Berichterstattung in ihrem Land. Das ist auch gut so, sagt Stefan Candea. Denn die Medien in Rumänien seien verwebt mit der Politik – und „die Hälfte wird aus dem Knast geführt“.
Candea ist Mitbegründer des Romanian Centre for Investigative Journalism, das seit 2001 den Populisten des Landes unabhängigen Journalismus entgegensetzen will. Auf der nr-Jahreskonferenz sprach er zum Thema „Wenn Mogule Meinung machen“.
Rumänien, aber auch das Nachbarland Ungarn, sind in der aktuellen Rangliste zur Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen weiter abgerutscht. In Bulgarien ist die Lage ebenfalls dramatisch. Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen spricht von offener Gewalt gegen Journalisten in Bulgarien. Das erklärt Ranglistenplatz 106, hinter Nepal und knapp vor der Demokratischen Republik Kongo.
Vor den Osterweiterungen war die Hoffnung groß, dass ein Beitritt die Medienfreiheit weiter schützen würde. Aber „Pressefreiheit war bei den Verhandlungen nie ein Druckmittel“, sagt Mihr.
Im Gegenteil, Ungarn verschärfte beispielsweise unter Victor Orbáns Fidesz-Partei im Jahr 2011 seine Mediengesetze. Die EU-Kommission verhandelte damals Änderungen des Textes. Das sei nicht mehr als Geplänkel gewesen, sagt Gábor Polyák von der Universität in Pécs heute. Bisher würden konkrete Repressalien gegen Journalisten nur deshalb ausbleiben, weil Orban schlau sei und Geld von der EU brauche.
Der permanente Druck führe im Endeffekt aber zur Selbstzensur durch Nicht-Berichterstattung. Stiftungsfinanzierte Projekte wie direkt36.hu oder atlatszo.hu wirkten einem System entgegen, das ansonsten keinen Platz für unabhängige Recherchen biete.
Bei den aktuellen Beitrittsverhandlungen mit Serbien oder Albanien wird mehr Wert auf das Kapitel zur Medienfreiheit gelegt. „Aber nicht auf eine Art und Weise, dass es weh tut“, sagt Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen.
Dabei schadet sich die Europäische Union selbst, wenn sie beide Augen zudrückt, findet Gábor Polyák: Wenn die Mediensysteme der einzelnen Länder verzerrt sind, könnten auch die EU-Parlamentswahlen nicht als fair gelten.