Auf Spiegel Online berichtet Moritz Gathmann über die Versuche der russischen Zensurbehörde Roskomnadsor, unliebsame Beiträge aus dem Internet zu verbannen. In seinem Bericht stellt Gathmann dar, wie die Medienaufsicht versuchte, einen Beitrag der ukrainischen News-Website Glavcom loszuwerden. Da die Glavcom-Seiten auf Servern des deutschen Webhosters Hetzner liegen, wandte sich Roskomnadsor an das Unternehmen – das seinem Kunden Glavcom mit einer Server-Sperrung drohte, wenn der fragliche Artikel nicht aus dem Netz genommen werde. Reporter ohne Grenzen kritisierte das Vorgehen scharf.

Inzwischen hat sich Firmenchef Martin Hetzner bei Glavcom entschuldigt. Zum Verfahren teilte uns das Unternehmen auf Nachfrage mit:

“Grundsätzlich werden bei uns alle Beschwerden gleich behandelt. Sobald eine Beschwerde über eine auf unseren Servern gehostete Webseite eingeht, wird die Beschwerde formell geprüft und der betroffene Kunde per E-Mail an die bei uns hinterlegte E-Mail-Adresse informiert und gebeten, binnen 24 Stunden eine Stellungnahme dazu abzugeben.
Bei der formellen Prüfung prüfen wir, ob die beanstandete Webseite tatsächlich bei Hetzner Online gehostet wird. Darüber hinaus erfolgt eine erste Blickprüfung der Webseite, eine inhaltliche Prüfung findet in dieser Stufe noch nicht statt.
Erfolgt nach Fristablauf keine Reaktion/Stellungnahme des Kunden, so wird eine Erinnerung an den Kunden gesendet, mit Angabe einer evtl. Sperrung bei weiterer Nichtreaktion. Bei weiterer Nichtreaktion wird diese Erinnerung nach weiteren 24 Stunden in der Regel nochmals versendet. Reagiert der Kunde weiterhin nicht, wird der Inhalt der beanstandeten Webseite geprüft und ggf. die Sperrung durchgeführt, um Schaden für den Kunden und Hetzner Online abzuwenden.
In dem von Spiegel Online veröffentlichten Fall wurde von unserem Kunden auf unsere Anfragen nicht fristgerecht eingegangen. Eine Serversperrung ist trotz der mangelnden Kommunikation des Kunden nicht erfolgt.
Bezüglich des Inhalts der angemahnten Website (sogut das über die Sprachbarriere hinweg möglich ist) sehen wir unsererseits keinen Grund, das Abuse-Ticket weiter zu verfolgen. Der Kunde wurde darüber informiert, dass wir das Abuse-Ticket schliessen, und unsererseits keine weiteren Schritte notwendig sind. Was uns in künftigen ähnlichen Fällen sehr helfen würde, wäre eine Stellungnahme des Kunden. Wenn man die Argumente beider Seiten kennt, fällt eine vernünftige Entscheidung im Abuse-Vorgang wohlmöglich leichter, als wenn nur die Beschwerde eines Beschwerdeführers vorliegt, welche vom Kunden ignoriert wird.”

Das bedeutet also, dass ein entsprechender Vorgang zunächst ohne inhaltliche Prüfung in Gang kommt. Ein äußerst fragwürdiges Verfahren: Offenbar könnte jede Zensurbehörde der Welt einen entsprechenden Abuse-Vorgang anstoßen. Und die Androhungen haben es in sich, wie die bei Glavcom abgebildeten Hetzner-Mails zeigen:

“Please remove the requested link. The link violates our terms and conditions 6.”

Auch Netzwerk Recherche hat Server von Hetzner angemietet. Wir werden prüfen, ob dies auch in Zukunft möglich sein wird.