„Ver­schlos­sene Auster“ 2014 geht an den ADAC

ver­öf­fent­licht von Netz­werk Recherche | 5. Juli 2014 | Lese­zeit ca. 14 Min.

Die „Ver­schlos­sene Auster“, der tra­di­tio­nellen Preis für den Informations­blockierer des Jahres, geht 2014 an den ADAC. Die Jour­na­lis­ten­or­ga­ni­sa­tion Netz­werk Recherche wür­digt damit das Ver­halten des Auto­mo­bil­clubs nach den Ent­hül­lungen über Mani­pu­la­tionen beim „Gelben Engel“, dem vom ADAC aus­ge­lobten Auto­preis. „Selten hat ein Preis­träger so ‚über­zeu­gend‘ auf kri­ti­sche Bericht­erstat­tung reagiert wie der ADAC nach den ersten Berichten über Miss­stände beim ‚Gelben Engel‘“, so Netz­werk Recherche in der Begrün­dung. Anstatt auf­zu­klären, habe der ADAC nach den ersten Ent­hül­lungen in der „Süd­deut­schen Zei­tung“ die Medien pau­schal dif­fa­miert. Bei der Preis­ver­lei­hung des „Gelben Engels“ im Januar 2014 hatte der dama­lige ADAC-​Geschäfts­führer Karl Ober­mair die Recher­chen eine „Schande für den Jour­na­lismus“ genannt.

Die „Ver­schlos­sene Auster“, der tra­di­tio­nellen Preis für den Informations­blockierer des Jahres, geht 2014 an den ADAC. Die Jour­na­lis­ten­or­ga­ni­sa­tion Netz­werk Recherche wür­digt damit das Ver­halten des Auto­mo­bil­clubs nach den Ent­hül­lungen über Mani­pu­la­tionen beim „Gelben Engel“, dem vom ADAC aus­ge­lobten Auto­preis. „Selten hat ein Preis­träger so ‚über­zeu­gend‘ auf kri­ti­sche Bericht­erstat­tung reagiert wie der ADAC nach den ersten Berichten über Miss­stände beim ‚Gelben Engel‘“, so Netz­werk Recherche in der Begrün­dung. Anstatt auf­zu­klären, habe der ADAC nach den ersten Ent­hül­lungen in der „Süd­deut­schen Zei­tung“ die Medien pau­schal dif­fa­miert. Bei der Preis­ver­lei­hung des „Gelben Engels“ im Januar 2014 hatte der dama­lige ADAC-​Geschäfts­führer Karl Ober­mair die Recher­chen eine „Schande für den Jour­na­lismus“ genannt.

„Als solche robusten Dementi nicht länger haltbar waren, hat sich die ADAC-​Füh­rung zwar ent­schul­digt, Fehler und Defi­zite wurden aber wei­terhin nur scheib­chen­weise ein­ge­standen“, heißt es in der Begrün­dung weiter: „Bis heute ist von der ange­kün­digten Trans­pa­renz bei Deutsch­lands größtem Verein noch nicht viel zu spüren.“

In seiner Lau­datio kri­ti­sierte der ehe­ma­lige ADAC-​Spre­cher und frü­here Chef­re­dak­teur der „ADAC Motor­welt“, Alfons Kif­mann, die „maß­lose Selbst­über­schät­zung“ des Ver­eins sowie die „schein­baren Unan­greif­bar­keit, die viele Jour­na­listen vom ADAC und ganz beson­ders von seinem Kom­mu­ni­ka­ti­ons­di­rektor bereits kannten.“ Der ADAC sei ein „Image-​Phä­nomen“ gewesen, dass nun den eigenen „Total­schaden“ nicht in den Griff bekam: „Der Club, der wie kein anderer davon pro­fi­tierte, eine Art Infor­ma­ti­ons­zen­trale für Auto­mo­bi­li­täts­themen aller Art zu sein, schal­tete plötz­lich auf stumm. Anfragen blieben in der Regel mit dem Ste­reotyp ‚kein Kom­mentar‘ unbe­ant­wortet“, sagte Kif­mann.

Viele ver­wei­gerte Inter­views – oder auch Dreh­ver­bote – gegen­über Fern­seh­ma­ga­zinen oder Zei­tungen belegen dies ein­drucks­voll. Damit reiht sich der ADAC nach Sicht des Netz­werks Recherche sou­verän in die Reihe frü­herer Preis­träger wie Aldi, dem IOC, der FIFA oder der katho­li­schen Kirche ein.

Der ADAC nahm die „Ver­schlos­sene Auster“, die tra­di­tio­nell bei der Jah­res­ta­gung von Netz­werk Recherche in Ham­burg ver­liehen wird, nicht per­sön­lich ent­gegen. In einer schrift­li­chen Stel­lung­nahme erklärte ADAC-​Spre­cher Chris­tian Gar­rels, der Auto­mo­bil­club nehme die Aus­zeich­nung aber gerne an, vor allem aber ernst: „Wir sind selbst­kri­tisch genug anzu­er­kennen, dass in der ADAC-​Ver­gan­gen­heit viele, teil­weise nicht ent­schuld­bare Fehler gemacht worden sind“, so Gar­rels. Das betreffe „vor allem den Umgang und die Kritik mit bzw. an der Presse.“

Der ADAC sei nun dabei, sich „nach Jahren des immensen Wachs­tums und Erfolgs kri­tisch mit unserem Selbst­ver­ständnis, unserer Struktur und unserer grund­sätz­li­chen Posi­tio­nie­rung aus­ein­an­der­zu­setzen“. Die wei­terhin kri­ti­sche Bericht­erstat­tung der Medien sei dabei „erfor­der­lich, not­wendig und damit letzt­lich auch hilf­reich für die von uns gewünschte Neu­aus­rich­tung des ADAC“, so Gar­rels.

 

Lau­datio von Alfons Kif­mann

Aus­ter­preis­träger: ADAC
Lau­dator: Alfons Kif­mann, ehe­ma­lige ADAC-​Spre­cher und frü­here Chef­re­dak­teur der „ADAC Motor­welt“

Liebe Kol­le­ginnen und Kol­legen,

es hat ja an sich schon etwas Wider­sprüch­li­ches an sich, eine Lau­datio auf eine geschlos­sene Auster zu halten. Genau in diesem Wider­spruch liegt aber auch der Reiz, und in diesem Fall ganz beson­ders. Ich werde es also ver­su­chen und danke für die Ein­la­dung, diese Negatio halten zu dürfen.

Als ich am 14. Januar dieses Jahres die Süd­deut­sche aus dem Brief­kasten holte, sprangen mir als Auf­ma­cher auf der Titel­seite die vier wohl­be­kannten Buch­staben ent­gegen, gemalt auf ris­sigen Asphalt, und dazu die Head­line:

Ein feiner Club

In der dazu gehö­renden Story auf Seite drei las ich dann, ebenso neu­gierig wie ver­blüfft, unter der Über­schrift:

Abge­fahren
Mani­pu­la­tionen bei der vom ADAC durch­ge­führten Wahl

„Deutsch­land kürt sein Lieb­lings­auto“

Zwei Gedanken über­holten mich gleich­zeitig: Was ist an der Story so gewichtig, dass es der Süd­deut­schen ein Titel­thema wert ist und: wie dicht sind die Infor­ma­tionen, die das Thema tragen?

Erst beim zweiten Durch­lesen war mir dann klar: Hier ist ein beson­ders dickes Brett gebohrt worden, ein Thema mit Fort­set­zung. Das lag einer­seits an den Infor­ma­ti­ons­quellen, die offenbar direkt vom ADAC stammten, ande­rer­seits an der beson­ders gründ­li­chen Recherche, die an der Wurzel ansetzte: der Frage, wie es dazu kommen konnte. Wie es dazu kommen konnte, dass sich ein deut­sches Denkmal quasi selbst vom Sockel stürzt?

Denn bis zum 14. Januar war die Repu­ta­tion des ADAC so makellos wie bei kaum einer anderen deut­schen Insti­tu­tion. Er war ein Image-​Phä­nomen. Ein deut­sches Phä­nomen. Der ADAC war, wie Bas­tian Ober­maier in seinem sehr lesens­werten Recher­che­buch
„Gott ist gelb“
kurz und bündig fest­stellte:
Der ADAC war Deutsch­land.

Nun aber übte sich der Club, über die Mani­pu­la­ti­ons­vor­würfe hinaus, in Selbst­de­mon­tage:

In Demon­ta­ge­phase 1 wurden sämt­liche Vor­würfe erst einmal pau­schal bestritten. Höhe­punkt der ersten Ver­tei­di­gungs­linie war die Erklä­rung des Geschäfts­füh­rers Karl Ober­mair bei der scheinbar unbe­ein­druckt ange­setzten Preis­ver­lei­hung der „Gelben Engel“ am 16. Januar, als er den SZ-​Bericht als „kom­pletten Unsinn“ abtat, voller Unter­stel­lungen und Unwahr­heiten. Dann ver­stieg er sich auch noch, von einem „Pres­se­skandal“ zu spre­chen und höhnte, dass „ohnehin nichts älter sei als die Zei­tung von ges­tern, in die man bekannt­lich den streng rie­chenden Fisch ein­wickle“.

Es war diese Tonart der maß­losen Selbst­über­schät­zung, der schein­baren Unan­greif­bar­keit, die viele Jour­na­listen vom ADAC und ganz beson­ders von seinem Kom­mu­ni­ka­ti­ons­di­rektor bereits kannten.

Ober­mairs Erklä­rung sollte von ebenso kurzer Halb­werts­zeit sein, wie seine wei­tere Kar­riere beim ADAC, denn dann nahm die Causa eine Eigen­dy­namik an, die fast bei­spiellos ist in der jün­geren Geschichte des Recherche-​Jour­na­lismus.

Den­noch ver­suchte sich der Club, an der Phase 2 seiner Not­fall­stra­tegie, der Abwie­ge­lung, nachdem er inzwi­schen sämt­liche offi­zi­ellen Infor­ma­ti­ons­schotten mit internen Ukas dicht gemacht hatte.
Und er suchte, mit Hilfe von externen Agen­turen, Anwälten und Bera­tern nach den undichten Stellen im System. Sie durch­fors­teten sys­te­ma­tisch den Mail- und Tele­fon­ver­kehr der letzten Monate.

Nachdem der angeb­lich allein Schul­dige gefunden und aus dem Ver­kehr gezogen worden war, sprach man von einem bedau­er­li­chen Ein­zel­fall der Mani­pu­la­tion, „unfassbar für das Prä­si­dium und die Geschäfts­füh­rung.“ Kein Wort von der Mit­ver­ant­wor­tung durch Selbst­kon­trolle. Auch diese Stra­tegie, das wurde schnell deut­lich, zer­brö­selte mit jedem Tag des Hin­hal­tens. Am Ende stand schließ­lich eine jah­re­lange Kette von Mani­pu­la­tionen, und dies auf ver­schie­denen Ebenen über die Preis­ver­lei­hungen des „Gelben Engels“ hinaus.

Der Prä­si­dent des Ver­eins, Peter Meyer, der zunächst die Ver­ant­wor­tung für die zuneh­mende Kon­fu­sion auf das Hauptamt abzu­wälzen ver­suchte, trat nach miss­glückten Fern­seh­auf­tritten am 10. Februar, knapp einen Monat nach der ersten Ver­öf­fent­li­chung in der „Süd­deut­schen Zei­tung“ zurück. Sein Vize August Markl über­nahm, und es sah, nach den dürren Ver­laut­ba­rungen eher nach einem Putsch aus. Wei­tere zwei Wochen später musste Haupt­ge­schäfts­führer Ober­mair seinen Stuhl räumen, drei wei­tere Geschäfts­führer und meh­rere lei­tende Mit­ar­beiter folgten.

Dieser schein­baren Tabula rasa zum Trotz liefen nahezu täg­lich die Ent­hül­lungs­nach­richten über Miss­stände und Ver­feh­lungen im Verein weiter. Es geht immer mehr an das Ein­ge­machte, näm­lich den mit steu­er­li­chen Pri­vi­le­gien aus­ge­stat­teten Ver­eins­status und an das bisher wie ein Staats­ge­heimnis gehü­tete Ver­eins­ver­mögen, das man­gels Trans­pa­renz nur wenigen Insi­dern wirk­lich bekannt ist.

Bis zu zwanzig gut infor­mierte, meist anonym bleiben wol­lende ADAC-​Mit­ar­beiter melden sich in diesen Wochen bei Hans Ley­en­de­cker und seinem Team, Bas­tian Ober­mayer und Uwe Ritzer aber auch bei anderen über­re­gio­nalen Medien wie Spiegel, Stern und der Welt und packen aus über mehr oder weniger wich­tige Ver­eins-​Interna, die zusammen aber ein völlig neues Bild des ADAC zeichnen.

Es zeigt sich immer deut­li­cher, dass der ADAC, bisher stets ein Lieb­ling der Medien, vor allem auch der öffent­lich-​recht­li­chen Medien, diese Ver­trau­ens­krise nicht managen konnte, in die er sich so unver­mit­telt selbst gestürzt hatte. Der Club, der wie kein anderer davon pro­fi­tierte, eine Art Infor­ma­ti­ons­zen­trale für Auto­mo­bi­li­täts­themen aller Art zu sein, schal­tete plötz­lich auf stumm. Anfragen blieben in der Regel mit dem Ste­reotyp „kein Kom­mentar“ unbe­ant­wortet und das Abwehr­spiel trieb dann so selt­same Blüten wie die Ant­wort auf die unver­fäng­liche Frage nach dem Vor­namen der Ehe­frau von Club­prä­si­dent Meyer: „Zu pri­vaten Details von Gat­tinnen von Funk­tio­nären nehmen wir grund­sätz­lich keine Stel­lung.“

Schotten dicht auch bei der mit Span­nung erwar­teten Jah­res­haupt­ver­samm­lung des Clubs am 10. Mai in Saar­brü­cken. Keine Dreh­ge­neh­mi­gung bei der Dele­gier­ten­kon­fe­renz. Die mehr als 100 ange­reisten Jour­na­listen wurden mit der Infor­ma­tion ver­sorgt, dass die Neu­wahlen zum Prä­si­dium auf einen spä­teren Zeit­punkt im Herbst ver­schoben werden.

Dagegen ver­si­chert sich der Verein im Abwehr­kampf der Dienste der bekann­testen Medien-​Anwalts­kanz­leien des Landes: Als bekannt wird, dass ich an einem Buch mit dem Titel „Die gelbe Gier“ arbeite, erhalte ich prompt zwei pro­phy­lak­ti­sche anwalt­liche Droh- und Ein­schüch­te­rungs­schreiben mit mas­siven War­nungen, dies zu unter­lassen. Weder Autor noch Verlag haben sich beein­dru­cken lassen.

Um noch einmal auf die Ein­gangs­frage zurück zu kommen:

Wie konnte es zu diesem Image-​Total­schaden kommen, wie war das mög­lich?

Ich will ver­su­chen, dies bild­haft zu erklären
Der Verein hatte sich im wirt­schaft­li­chen Umfeld ein eigenes Biotop geschaffen, indem er sich unter dem Deck­mantel einer Pan­nen­hilfe-​Orga­ni­sa­tion weit­ge­hend dem Wett­be­werb entzog.

Er schwamm sozu­sagen in seinem eigenen Teich, wie ein gelber Koi-​Karpfen, wäh­rend im anderen Teich die anderen Fische – sprich Ver­si­cherer – sich im freien Wett­be­werb tum­melten, um das Futter kämpften oder sich gegen­seitig fraßen.

Dieser Koi-​Karpfen ADAC wuchs schließ­lich zu sol­cher Größe heran, dass er keine andere Spe­zies mehr kannte – und dem Wahn erlag, der ein­zige Fisch zu sein. Weil er in seinem eigenen, abge­schlos­senen Teich lebte, vergaß er schließ­lich ganz, was seine Bestim­mung war,
Bis er zu gierig wurde, und platzte…

Hat der Verein, aus den Ver­wer­fungen der letzten Monate gelernt, in die er durch die jour­na­lis­ti­sche Recherche von Hans Ley­en­de­cker, Bas­tian Ober­maier, Uwe Ritzer und vielen anderen Kol­legen gedrängt wurde? Ich denke, man kann mit einiger Gewiss­heit sagen, dass durch ihre Bericht­erstat­tung längst fäl­lige und drin­gend not­wen­dige Reform­pro­zesse ein­ge­leitet worden sind, nach innen und nach außen.

Der ADAC sagt, er wird sich an Haupt und Glie­dern refor­mieren. Kein Stein soll auf dem anderen bleiben. Mit einer Charme-​Offen­sive, begleitet von Mil­lionen teuren Image­spots, hat er jetzt begonnen. Auf der Bilanz­pres­se­kon­fe­renz am ver­gan­genen Montag in Mün­chen wurden zwar erste zarte Pflänz­chen zum Reform­pro­zess für Ver­trauen sichtbar, eine kon­so­li­dierte Kon­zern­bi­lanz konnte der Verein aller­dings noch nicht vor­stellen.

Ob das rei­chen wird? Der ADAC wird, denke ich, aus seinen eigenen Wider­sprü­chen her­aus­kommen müssen, eine nor­male Ver­si­che­rungs­ge­sell­schaft werden, geführt von einem nor­malen Manage­ment nach den nor­malen Regeln der Cor­po­rate Com­pli­ance, anstelle eines Funk­tio­närs-​Spiel­waren-​ und Selbst­be­die­nungs­la­dens, mit der Trans­pa­renz, denen nor­male Unter­nehmen unter­worfen sind.

Ob und wie er das wird, auf diesem Weg werden Sie ihn als Bericht­erstatter weiter begleiten, kri­tisch, aber auch kon­struktiv.

Ham­burg, 5. Juli 2014
Alfons Kif­mann

Ant­wort vom ADAC

Lieber Herr Schröm,

vielen Dank für das nette Tele­fonat am Diens­tag­nach­mittag.

Wie bereits erläu­tert, kann ich am kom­menden Samstag leider nicht per­sön­lich in Ham­burg mit dabei sein, obwohl ich die Gele­gen­heit zur “Gegen­rede” gerne genutzt hätte. Poten­zial zur Klar- und Rich­tig­stel­lung gäbe es genug. Beim nächsten Mal macht ein ent­spre­chender Hin­weis mit mehr als nur einer Woche Vor­lauf even­tuell Sinn.

Lassen Sie mich den­noch zu einigen Punkten Ihres Schrei­bens Stel­lung nehmen:

Aus Sicht des Netz­werk Recherche in einer Reihe mit dem IOC, der Kirche oder der FIFA zu stehen, will auch erst einmal voll­bracht sein. Aber ernst­haft: Wir nehmen Ihre “Aus­zeich­nung” gerne an, vor allem aber ernst. D.h. wir sind selbst­kri­tisch genug anzu­er­kennen, dass in der ADAC-​Ver­gan­gen­heit viele, teil­weise nicht ent­schuld­bare Fehler gemacht worden sind. Das betrifft eine Reihe von Dingen, mit Blick auf unsere beider Dis­zi­plin aber natür­lich vor allem den Umgang und die Kritik mit bzw. an der Presse. Ich erin­nere an dieser Stelle nur an den Januar-​Auf­tritt des dama­ligen ADAC-​Geschäfts­füh­rers im Rahmen der Preis­ver­lei­hung.

Dass infol­ge­dessen eine für die Ver­trau­ens­or­ga­ni­sa­tion ADAC bis dato bei­spiel­lose Nega­tiv­ent­wick­lung ein­ge­setzt hat und im Zuge dessen zahl­reiche Defi­zite und Miss­stände ans Licht der Öffent­lich­keit gekommen sind, ist richtig und in hohem Maße das Ver­dienst der beiden Süd­deut­sche-​Kol­legen Ritzer und Ober­mayer. Beiden habe ich im Übrigen am Dienstag, unmit­telbar nach Ihrer Bekannt­gabe der dies­jäh­rigen “Leucht­turm”-​Preis­träger, zu der auch aus meiner Sicht voll­kommen berech­tigten Aus­zeich­nung für Inves­ti­ga­ti­vjour­na­lismus gra­tu­liert.

Gerade auch durch die hart­nä­ckigen SZ-​Recher­chen haben wir im ADAC aller­dings auch die Mög­lich­keit bekommen (und aktiv genutzt), uns mit unserem Selbst­ver­ständnis, unserer Struktur und unserer grund­sätz­li­chen Posi­tio­nie­rung nach Jahren des immensen Wachs­tums und Erfolgs kri­tisch aus­ein­an­der­zu­setzen. Dieser Pro­zess der Refle­xion, den wir struk­tu­rell in ein umfas­sendes Reform­pro­gramm ein­ge­bettet haben, ist intensiv, durchaus schmerz­haft und lang­wierig – betrifft er doch den unmit­tel­baren Mar­ken­kern des ADAC. Die wei­terhin kri­ti­sche Bericht­erstat­tung der Öffent­lich­keit und Medien tut ihr übriges. Ich möchte explizit betonen, dass diese aber erfor­der­lich, not­wendig und damit damit letzt­lich auch hilf­reich für die von uns gewünschte Neu­aus­rich­tung des ADAC ist.

Ich möchte gar nicht bestreiten, dass in den ver­gan­genen Wochen, in denen wir im medialen Sperr­feuer standen, auch kom­mu­ni­kativ einige Dinge nicht optimal gelaufen und durchaus ver­bes­se­rungs­fähig sind. Wo geho­belt wird, fallen Späne – c’est la vie. Das ist bei uns in der Pres­se­stelle nicht anders als in ihren Redak­tionen. Was mir per­sön­lich jedoch in dieser Zeit augen­schein­lich geworden ist und was eben­falls einer kri­ti­schen Betrach­tung unter­zogen gehört: Die “Krise des ADAC” haben einige Medien – und ich rede explizit nicht nur über den sog. Bou­le­vard – leider in meh­reren Fällen auch dazu genutzt, es mit jour­na­lis­ti­schen Sorg­falts­pflichten oder der Maxime einer aus­ge­wo­genen, objek­tiven Bericht­erstat­tung nicht allzu genau zu nehmen. Die Liste der Bei­spiele ist lang und können wir bei Inter­esse gerne einmal näher dis­ku­tieren. An dieser Stelle sei exem­pla­risch ein Agentur-​Kol­lege zitiert, der ein Tele­fonat wie folgt beginnt: “Ich weiß, dass es im Moment eigent­lich nichts Neues gibt, aber unsere Kunden wollen nun mal ADAC-​Geschichten haben.” Die Kunden haben ihre Geschichte bekommen – voll­ge­packt mit Halb­wahr­heiten, Aus­las­sungen und Ten­denzen. Oder einen TV-​Kol­legen, der mich mit den Worten begrüßt: “Unser Bei­trag ist fertig und wird in einer Stunde gesendet, aber wir wollen euch natür­lich trotzdem die Gele­gen­heit zur Stel­lung­nahme geben.” Ver­bunden war dieses freund­liche Angebot mit einem umfang­rei­chen Fra­gen­ka­talog von etwa 15-20 Fragen. Wie der Bei­trag inhalt­lich aus­ge­sehen hat, können Sie sich evtl. vor­stellen.

Lieber Herr Schröm, mein Team und ich stellen uns gerne jeder kri­ti­schen Frage und tun dies auch wei­terhin. Durch einen ehr­li­chen, ver­trau­ens­vollen und wert­schät­zenden Dialog mit vielen ihrer Jour­na­listen-​Kol­legen haben wir es aus meiner Sicht in den ver­gan­genen Wochen geschafft, zumin­dest auf der “kom­mu­ni­ka­tiven Arbeits-​Ebene” wieder etwas an Ver­trauen zurück­zu­ge­winnen. Als der­zeit Kom­mu­ni­ka­tion­ver­ant­wort­li­cher des ADAC habe ich aber neben einer unter­neh­me­ri­schen und einer öffent­li­chen Ver­pflich­tung auch per­so­nelle Ver­ant­wor­tung. Ver­ant­wor­tung für ein Team aus enga­gierten Kol­le­ginnen und Kol­legen, die über Jahre und Jahr­zehnte hinweg eng und ver­trau­ens­voll mit Ihnen und vielen anderen Jour­na­listen zusam­men­ge­ar­beitet haben und die binnen Tagen zu “Infor­ma­ti­ons­blo­ckie­rern” mutiert sein sollen. Wir reden hier im Übrigen über die glei­chen ADAC-​Kol­legen, die in den ver­gan­genen acht (!) Jahren durch­gängig als beste Pres­se­stelle im Bereich der Ver­bands-​Wirt­schafts­kom­mu­ni­ka­tion aus­ge­zeichnet worden sind. Gewählt und prä­miert von Ihnen, den Jour­na­listen.

Aus diesem Grund plä­diere ich (ebenso wie Sie) dafür, künftig mehr Trans­pa­renz, Offen­heit und Ehr­lich­keit walten zu lassen. Auf beiden Seiten. Wir stellen uns auch wei­terhin jeder Dis­kus­sion. Nur sach­lich, kom­pe­tent und pro­fes­sio­nell sollte sie sein. Diese Ein­stel­lung erwarten Sie von uns – und wir von Ihnen. Sollte an einer solch kon­struk­tiven Aus­ein­an­der­set­zung kein ernst­haftes Inter­esse bestehen und statt­dessen nur Polemik, eine schnelle Schlag­zeile oder auch ganz schlicht die “schal­lende Ohr­feige für den gelben Riesen ADAC” inten­diert sein, werden mein Team und ich auch wei­terhin auf diesen Umstand hin­weisen.

Ich hoffe, dass Ihnen die o.a. Aus­füh­rungen etwas Ein­blick in unseren aktu­ellen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­alltag geben. Sie können diese gerne im Zuge ihrer Jah­res­ta­gung ver­öf­fent­li­chen, vor­tragen oder online stellen – ganz wie Sie mögen. Sie können es aber auch lassen.

Mit besten Grüßen

Chris­tian Gar­rels

Leiter Externe Kom­mu­ni­ka­tion

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