Netz­werk Recherche for­dert Ende aller Pläne für deut­sches Gesetz zur Vor­rats­da­ten­spei­che­rung

ver­öf­fent­licht von Netz­werk Recherche | 15. April 2014 | Lese­zeit ca. 3 Min.

„Die Richt­linie (…) des Euro­päi­schen Par­la­ments und des Rates (…)
über die Vor­rats­spei­che­rung (…) ist ungültig.“ *
So knapp und klar urteilte die Große Kammer des Gerichts­hofes der
Euro­päi­schen Union (EuGH) über den jah­ren­langen Ver­such der EU und
ihrer Mit­glieds­staaten, alle Bewohner der EU ohne jeden Anlass und
Ver­dacht umfas­send aus­zu­for­schen. Seit der For­mu­lie­rung der
EU-​Richt­linie zur Vor­rats­da­ten­spei­che­rung 2006 hatte es viel­fäl­tigen
Pro­test der Zivil­ge­sell­schaft gegen diesen mas­siven Ein­griff in die
Grund­rechte gegeben.
Ein gemein­samer Brief an die EU-​Kom­mis­sion vom 22. Juni 2010 wurde
euro­pa­weit von 106 Orga­ni­sa­tionen unter­stützt, dar­unter auch das
Netz­werk Recherche. 

Auch an der Ver­fas­sungs­be­schwerde gegen das deut­sche Gesetz zur
Vor­rats­da­ten­spei­che­rung, dem das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt am 2. März
2010 weit­ge­hend ent­spro­chen hatte, war das nr betei­ligt.

Die Jour­na­lis­ten­ver­ei­ni­gung Netz­werk Recherche e.V. for­dert jetzt
einen Stop aller Pläne zur Wie­der­ein­füh­rung der
Vor­rats­da­ten­spei­che­rung in Deutsch­land. Es gibt keine legale Basis
mehr für ein sol­ches Gesetz, das die Grund­rechte der Bürger miss­achtet.

„Wir begrüssen das Urteil des Euro­päi­schen Gerichts­hofes, das nach
jah­re­langem Streit end­lich einen Schluss­strich unter diese
unglaub­liche Über­wa­chungs­maß­nahme zieht“, so Oliver Schroem, erster
Vor­sit­zender des Netz­werk Recherche. „Die Vor­rats­da­ten­spei­che­rung
bedeutet für recher­chie­rende Jour­na­listen einen groben Ein­griff in
ihre beruf­li­chen Mög­lich­keiten, die immer noch durch das Grund­ge­setz
geschützt sind.“

Nach Ansicht des Netz­werk Recherche bringt die Vor­rats­da­ten­spei­che­rung
keine nen­nens­werte Erhö­hung von Ermitt­lungs­er­folgen, statt des­ssen
sind aber zahl­reiche Miss­brauchs­fälle doku­men­tiert. Ebenso führt diese
Über­wa­chung dazu, dass viele Infor­manten aus Angst vor Ent­de­ckung den
Kon­takt mit Jour­na­listen scheuen. Dies bedeutet eine Behin­de­rung der
vom Grund­ge­setz vor­ge­se­henen Funk­tion der freien Presse.

„Es ist schon auf­fällig, wie vehe­ment einige Poli­tiker trotz des
Urteils immer noch nach der Vor­rats­da­ten­spei­che­rung rufen, und wie
zurück­hal­tend sie sich geben, etwas gegen die bekannte Über­wa­chung
durch die NSA und aus­län­di­sche Geheim­dienste zu tun“, sagte Schroem.

Grund­lage für die Arbeit von Ermitt­lungs­be­hörden müssen die
„Grund­sätze für die Anwen­dung der Men­schen­rechte in der
Kom­mu­ni­ka­ti­ons­über­wa­chung“ sein, die am 24. Sep­tember 2013 von mehr
als 40 inter­na­tio­nalen, zivil­ge­sell­schaft­li­chen Orga­ni­sa­tionen
vor­ge­stellt wurden.

*Die voll­stän­dige For­mu­lie­rung aus der deut­schen Ver­sion des Urteils
lautet:
„Die Richt­linie 2006/24/EG des Euro­päi­schen Par­la­ments und des Rates
vom 15. März 2006 über die Vor­rats­spei­che­rung von Daten, die bei der
Bereit­stel­lung öffent­lich zugäng­li­cher elek­tro­ni­scher
Kom­mu­ni­ka­ti­ons­dienste oder öffent­li­cher Kom­mu­ni­ka­ti­ons­netze erzeugt
oder ver­ar­beitet werden, und zur Ände­rung der Richt­linie 2002/58/EG
ist ungültig.“

Inter­na­tio­nale Grund­sätze fuer die Anwen­dung der Men­schen­rechte in der
Kom­mu­ni­ka­ti­ons­über­wa­chung
https://de.necess­a­ryand­pro­por­tio­nate.org/text

Pres­se­mit­tei­lung 54/14 des Gerichts­hofs der Euro­päi­schen Union
(08.04.2014):
Der Gerichtshof erklärt die Richt­linie über die Vor­rats­spei­che­rung von
Daten für ungültig
http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/appli­ca­tion/pdf/2014-04/cp140054de.pdf
(PDF-​Datei, 3 S., 115 KB)

Urteil des EuGH zur Vor­rats­da­ten­spei­che­rung vom 08.04.2014:
http://wiki.vor­rats­da­ten­spei­che­rung.de/images/Urteil-​EuGH-​2014.pdf
(PDF-​Datei, 29 S., 306 KB)

Gemein­samer Brief an die EU-​Kom­mis­sion vom 22. Juni 2010 (deut­sche
Über­set­zung)
http://www.vor­rats­da­ten­spei­che­rung.de/con­tent/view/363/158/lang,de/

Miss­brauch von Vor­rats­daten in der EU (AK Vorrat, 22.01.2012)
http://www.vor­rats­da­ten­spei­che­rung.de/con­tent/view/526/189/lang,de/

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