Liebe Kolleg:innen,
ich hoffe für euch, dass ihr noch nie ein so ungeheuerliches, verfrühtes Weihnachtsgeschenk erhalten habt. Die Nachwuchsjournalistin Jana Ballweber schrieb Anfang Dezember auf Twitter: „Mein Arbeitgeber, die Frankfurter Rundschau, schenkt mir zu Weihnachten eine Kündigung zum 31.12. Probezeit macht’s möglich.“ Ballweber erntete viel Solidarität, insbesondere von FR-Leser:innen. Aber auch eine ganze Reihe von Internet-Trotteln, die ihr eigenes Zutun unterstellten: Mangels Kompetenzen oder weil sie angeblich am Warnstreik der FR-Belegschaft eine Woche zuvor teilgenommen haben soll. Betroffen von den Kündigungen sind auch Yağmur Ekim Çay und Maxi Arnhold. Drei junge Talente, die bei der FR exzellenten Digital-, Lokal- und Klimajournalismus lieferten.
Hintergrund ist der Tarifkonflikt der Belegschaft der FR mit dem Ippen Verlag: Die Bezahlung der FR-Redakteur:innen soll deutlich unter Tarif liegen, die Redaktion fordert schon lange einen einheitlichen Tarifvertrag. Die Verhandlungen mit der Geschäftsführung sind im Herbst ergebnislos abgebrochen worden. So kam es am 1. Dezember zu dem Warnstreik, an dem sich knapp 50 der insgesamt 85 Beschäftigten beteiligten.
Darunter waren nach eigenen Angaben allerdings weder Ballweber noch Çay oder Arnhold. Aber sie waren in der Probezeit. Daher waren sie diejenigen, an denen man offenbar am einfachsten ein Exempel statuieren konnte. Besonders bitter ist dabei, dass Çay ihr Volontariat sogar auf Bitten der Geschäftsführung verkürzt hatte, um Anfang Dezember als Redakteurin im Lokalteil anzufangen. Nach vier Tagen im Job wurde sie wieder gekündigt.
Meine Vorstandskollegin Elisa Simantke hat hier vor einigen Monaten darüber geschrieben, dass sie wieder zunehmend Zuspruch an Kolleg:innen verteilt, öffentlich auf Social Media oder privat in Mails oder Nachrichten. Ich habe mir das zu Herzen genommen und am Wochenende beispielsweise meiner SZ-Kollegin Dunja Ramadan geschrieben. Sie hat in der Süddeutschen Zeitung einen Text über die bei einem Bombenangriff in Gaza getötete deutsche Familie Abujadallah geschrieben (€), der mich in seinem nüchternen Ton zutiefst berührt hat. Allen Kolleg:innen, die sich mit diesem Krieg, aber auch dem in der Ukraine in ihrer täglichen Arbeit und sogar vor Ort beschäftigen, will ich an dieser Stelle einmal meinen Respekt für ihre Arbeit aussprechen.
Ich möchte euch dazu ermutigen, es Elisa ebenfalls gleich zu tun. Verteilt zum Jahresende noch mal tüchtig Lob und Anerkennung. Und noch viel dringender: Jobs an Jana Ballweber, Yağmur Ekim Çay und Maxi Arnhold. Weihnachtswunder soll es ja geben.
Eure
Lena Kampf
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