Newsletter Netzwerk Recherche 234 vom 28.06.2024

Liebe Kolleg:innen,

Rechtsextremismus und soziale Ungleichheit, Antisemitismus und Gaza, Ukrainekrieg und russische Desinformation, Klimakrise und Umweltsünden, eine polarisierte Gesellschaft und Hass in den sozialen Medien, Nachrichtenwüsten im Lokalen und Abodruck im Überregionalen, rechtliche Angriffe und körperliche Übergriffe – ich weiß, es ist ein Klischee, aber für uns Journalist:innen ist der Job im Moment kein einfacher.

Ich finde nicht, dass jede Herausforderung eine dornige Chance ist, aber ich hoffe, wir erkennen, dass diese Zustände ein Grund sind, die journalistische Recherche zu stärken.

Wir beim Netzwerk Recherche versuchen, genau das zu tun. Indem wir Menschen zusammenbringen und unterstützen, die sich diesen Problemen widmen, die Widerständen trotzen, die trotz allem wichtige Texte, Videos und Audios veröffentlichen.

Viele dieser Menschen treffen sich am 19. und 20. Juli beim NDR in Hamburg, bei unserer Jahreskonferenz. Ich freue mich sehr darauf, viele von euch zu sehen, mit euch über die Herausforderungen der Recherche zu sprechen und motiviert wieder aus Hamburg zurückzukehren.

Für alle, die nicht dabei sein können, streamen wir viele Panels mit unserem Partner TIDE wieder live – und veröffentlichen sie im Anschluss auch auf YouTube. Unten habe ich diesmal drei Panels ausgewählt, die ich mir an eurer Stelle nicht entgehen lassen würde.

Bis hoffentlich in Hamburg bei der #NR24!

Euer
Daniel Drepper

 

 

 

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Newsletter Netzwerk Recherche 233 vom 24.05.2024

Liebe Kolleg:innen,

mit jeder Zeile, die wir Journalistinnen und Journalisten über einen Angriff im Wahlkampf schreiben, stellt sich die Frage, ob wir dadurch zu Nachahmungen inspirieren. Mit jedem Stück, das wir über die militante Rechtsextremisten-Szene schreiben, stellt sich die Frage, ob wir Möchtegern-Nazis damit nicht auch noch den Gefallen tun, sie groß und prominent zu machen.
Das ging mir durch den Kopf, als ich Anfang Mai in der Redaktion saß und vom Angriff auf die Grünen-Politikerin Katrin Göring-Eckhardt erfuhr. Es war so absehbar, dass es Nachahmer geben würde. Vier davon waren dann daran beteiligt, in Dresden den SPD-Europapolitiker Matthias Ecke ins Krankenhaus zu prügeln.

Die Medien haben weder Schuld an den Nachahmern, noch können sie sie verhindern. Das Berichten zu unterlassen, widerspräche nicht nur den journalistischen Grundsätzen, sondern liefe auch auf eine Verharmlosung raus. Die Gefahr, die von Rechtsextremen in Parlamenten und im gesellschaftlichen Umfeld ausgeht, ist zu groß. Und trotzdem hat praktisch jede Redaktion diese Diskussion schon einmal geführt.

Der Spiegel-Titel vom 11. Mai macht aus Olaf Scholz (narrativ) eine Zielscheibe. Ist das nicht ein Motiv, das jeder Rechtsextreme sich als Bildschirmschoner einrichten möchte? Und die Woche drauf zeichnet sich dann auf der Spiegel-Titelseite das überdeckte Hakenkreuz in der deutschen Fahne ab. Wie viel Ehre will man Neonazis erweisen? Kein Spiegel-Bashing an dieser Stelle! Die Kolleginnen und Kollegen machen tolle Arbeit und setzen damit ja dankenswert klare Zeichen gegen Rechtsextremismus. Die Motive illustrieren nur den Grenzgang, den wir alle bewältigen müssen. Und ich gestehe, dass mich dabei ein mulmiges Gefühl beschleicht.

Eure

Barbara Junge

 

 

 

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Newsletter Netzwerk Recherche 232 vom 26.04.2024

Liebe Kolleg:innen,

vom Journalismus-Festival in Perugia mit der Bahn nach Hause zu fahren, hat gleich mehrere Vorteile: Neben dem ersparten Flug hat man Zeit, sich dem Aprilwetter langsam anzunähern und all die Gespräche, Panels und Workshops noch einmal Revue passieren zu lassen. Mit rund 220 offiziellen Sessions und mehr als 600 Referent:innen gehört das Festival zu den größten Medienkonferenzen in Europa. Und mit jedem Jahr kommen mehr Besucher:innen hinzu; entsprechend lang sind die Schlangen vor vielen Veranstaltungen. Wie viele insgesamt dabei waren? Da sich Teilnehmende nicht anmelden müssen, weiß das niemand so genau.

Die Konferenz lohnt sich schon wegen ihrer inhaltlichen Breite: In diesem Jahr befassten sich jeweils einige Sessions mit Wahlen und Künstlicher Intelligenz, Investigation und Businessmodellen, Kriegsberichterstattung und Desinformation. Besonders spannend wurde es an den Berührungspunkten dieser Schwerpunkte – unten drei Empfehlungen mit aktuellem Bezug zum investigativen Journalismus. Mich haben auf den Panels vor allem die Kolleg:innen beeindruckt, die an ihren Recherchen festhalten, obwohl sie damit große Risiken eingehen – etwa in Ungarn, Iran oder Hong Kong. Und bei aller Kritik an derartigen Zuständen ist das Festival erfreulich konstruktiv, wenn es um den Journalismus von übermorgen geht.

Was nach den intensiven Tagen in Perugia bleibt, sind die Videoaufzeichnungen der Panels. Bis auf wenige Ausnahmen ist alles online und auch die Referent:innen sind nicht aus der Welt, nur eben nicht mehr an einem Ort, der auch spontane persönliche Gespräche ermöglicht. Diese Begegnungen sind es am Ende auch, die das Festival auszeichnen – ebenso wie die Jahreskonferenz in Hamburg oder die SciCAR in Dortmund. Wir freuen uns schon sehr darauf, Euch dort zu treffen!

 

Eure
Christina Elmer

 

 

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Newsletter Netzwerk Recherche 231 vom 22.03.2024

Liebe Kolleg:innen,

in den vergangenen Monaten haben journalistische Recherchen zutage gefördert, was sonst eher das Metier von Sicherheitsbehörden ist: Spiegel, ZDF, Standard und The Insider spürten den flüchtigen Ex-Wirecard-Manager Jan Marsalek in Russland auf – inklusive priesterlicher Tarnidentität und vielfältigen Verbindungen zu russischen Geheimdiensten. Das Podcast-Team von „Legion. Most Wanted“ fand gemeinsam mit einem „Bellingcat“-Kollegen die seit Jahrzehnten gesuchte ehemalige RAF-Terroristin Daniela Klette im Internet, auch wenn sie den letzten Schritt der Identifizierung nicht gingen.

Sollten Journalist:innen, wenn sie den Behörden ein paar hundert Meter voraus sind, ihre Informationen mit der Polizei und anderen staatlichen Sicherheitsbehörden teilen? Und wäre es nicht gut, in extremen Fällen sogar Strafanzeige zu stellen? Die Antwort sollte klar sein: Journalismus ist kein verlängerter Arm der Strafverfolgung. Quellen würden andernfalls gefährdet und abgeschreckt, das Begehren der Exekutive würde weiter wachsen und in der Gesellschaft würde sich auch die Wahrnehmung der Medien verändern: Fotograf:innen und Kamerateams würden etwa bei Demos in den Verdacht der Hilfspolizei geraten und noch stärker zum Zielobjekt werden. Und es ist schlicht nicht unsere Aufgabe.

Wir Medienschaffende sollten uns daher auch immer auf unser Zeugnisverweigerungsrecht berufen, wenn es um berufsbezogene Wahrnehmungen geht. Andernfalls entscheiden wir über Gut und Böse: Sobald Journalist:innen gegen Terrorverdächtige aussagen, müsste konsequenterweise Glenn Greenwald auch gegen Edward Snowden aussagen. Das kann nicht die Idee von Recherchejournalismus sein.

 

Euer
Christian Deker

 

 

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Newsletter Netzwerk Recherche 230 vom 23.02.2024

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

in Site- und Blattkritiken in unserer Redaktion kommt immer wieder mal das Thema auf, dass Leserinnen und Leser sich von zu vielen schlechten Nachrichten überwältigt fühlen. Dass sie generell weniger Medien konsumieren, um auf diese Weise schlechten Neuigkeiten aus dem Weg zu gehen. Das Reuters Institute hat im vergangenen Jahr herausgefunden, dass diese Nachrichtenmüdigkeit, meistens News Fatigue oder gar News Avoidance genannt, zugenommen hat.
Und wer würde sich nicht überwältigt fühlen, von Umfragezahlen einer immer weiter ins Rechtsextreme rückenden AfD, von der Zustimmung für Donald Trump in den USA, den Kriegen in der Ukraine und Gaza, der Realität der Klimakrise? Und jetzt vom Tode Alexander Nawalnys, der selbst aus dem Straflager heraus für die Hoffnung auf ein besseres Russland stand.

Viele Redaktionen bemühen sich, in ihrer Berichterstattung nicht nur Kritik zu üben, sondern auch mögliche Lösungen zu präsentieren. Zu zeigen, wie Probleme unter schwierigen Bedingungen bewältigt werden können.

Das ist richtig. Aber die letzten Wochen haben uns auch gezeigt, wie wirkmächtig investigativer Journalismus sein kann. Die Enthüllung von Correctiv zu den Abschiebefantasien von AfD-Sympathisanten und anderen Rechtsextremen, die auf einem Treffen in Potsdam diskutiert wurde, zeigt, was Recherchen im besten Fall auslösen können. Ich finde, diese Erkenntnis kann uns allen Mut machen, und die Kraft geben, an schwierigen Recherchen dranzubleiben, auch wenn es vielfältige Widerstände gibt.

Denn unsere Recherchen können etwas verändern, und sie tun es gar nicht so selten, selbst wenn das Echo nicht so gewaltig ist wie im Fall von Correctiv.

Eure
Cordula Meyer

 

 

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Newsletter Netzwerk Recherche 229 vom 26.01.2024

Liebe Kolleg:innen,

es ist die wichtigste Veröffentlichung seit Jahren, als Correctiv vor zweieinhalb Wochen über ein geheimes Treffen von Rechtsextremen und ihren menschenfeindlichen Überlegungen berichtete. Die Enthüllung zeigt, wie tief Extremismus in Teilen der politischen Landschaft verwurzelt ist – und das nicht nur innerhalb der AfD, sondern auch in Teilen der CDU.

Die Reaktionen auf diese Enthüllungen sind beispiellos. Hunderttausende sind seitdem auf die Straßen gegangen, auch die Umfragewerte der AfD sinken.

Als Journalist:innen ist es unsere Pflicht, solche Entwicklungen weiterhin genau zu beobachten und darüber zu berichten. Wir tragen Verantwortung, die Wahrheit ans Licht zu bringen und die Öffentlichkeit zu informieren. Die Arbeit von Correctiv steht exemplarisch für den Wert und die Notwendigkeit von investigativem Journalismus. Umso mehr freut es uns, dass am 6. Februar Justus von Daniels, Anette Dowideit und Jonathan Sachse von Correctiv in einem NR-insights über ihre Recherche berichten werden.

Lasst uns gemeinsam dafür sorgen, dass unsere Gesellschaft informiert, engagiert und vor allem frei von Extremismus bleibt.

Eure

Annelie Naumann

 

 

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Newsletter Netzwerk Recherche 228 vom 22.12.2023

Liebe Kolleg:innen,

ich hoffe für euch, dass ihr noch nie ein so ungeheuerliches, verfrühtes Weihnachtsgeschenk erhalten habt. Die Nachwuchsjournalistin Jana Ballweber schrieb Anfang Dezember auf Twitter: „Mein Arbeitgeber, die Frankfurter Rundschau, schenkt mir zu Weihnachten eine Kündigung zum 31.12. Probezeit macht’s möglich.“ Ballweber erntete viel Solidarität, insbesondere von FR-Leser:innen. Aber auch eine ganze Reihe von Internet-Trotteln, die ihr eigenes Zutun unterstellten: Mangels Kompetenzen oder weil sie angeblich am Warnstreik der FR-Belegschaft eine Woche zuvor teilgenommen haben soll. Betroffen von den Kündigungen sind auch Yağmur Ekim Çay und Maxi Arnhold. Drei junge Talente, die bei der FR exzellenten Digital-, Lokal- und Klimajournalismus lieferten.

Hintergrund ist der Tarifkonflikt der Belegschaft der FR mit dem Ippen Verlag: Die Bezahlung der FR-Redakteur:innen soll deutlich unter Tarif liegen, die Redaktion fordert schon lange einen einheitlichen Tarifvertrag. Die Verhandlungen mit der Geschäftsführung sind im Herbst ergebnislos abgebrochen worden. So kam es am 1. Dezember zu dem Warnstreik, an dem sich knapp 50 der insgesamt 85 Beschäftigten beteiligten.

Darunter waren nach eigenen Angaben allerdings weder Ballweber noch Çay oder Arnhold. Aber sie waren in der Probezeit. Daher waren sie diejenigen, an denen man offenbar am einfachsten ein Exempel statuieren konnte. Besonders bitter ist dabei, dass Çay ihr Volontariat sogar auf Bitten der Geschäftsführung verkürzt hatte, um Anfang Dezember als Redakteurin im Lokalteil anzufangen. Nach vier Tagen im Job wurde sie wieder gekündigt.

Meine Vorstandskollegin Elisa Simantke hat hier vor einigen Monaten darüber geschrieben, dass sie wieder zunehmend Zuspruch an Kolleg:innen verteilt, öffentlich auf Social Media oder privat in Mails oder Nachrichten. Ich habe mir das zu Herzen genommen und am Wochenende beispielsweise meiner SZ-Kollegin Dunja Ramadan geschrieben. Sie hat in der Süddeutschen Zeitung einen Text über die bei einem Bombenangriff in Gaza getötete deutsche Familie Abujadallah geschrieben (€), der mich in seinem nüchternen Ton zutiefst berührt hat. Allen Kolleg:innen, die sich mit diesem Krieg, aber auch dem in der Ukraine in ihrer täglichen Arbeit und sogar vor Ort beschäftigen, will ich an dieser Stelle einmal meinen Respekt für ihre Arbeit aussprechen.

Ich möchte euch dazu ermutigen, es Elisa ebenfalls gleich zu tun. Verteilt zum Jahresende noch mal tüchtig Lob und Anerkennung. Und noch viel dringender: Jobs an Jana Ballweber, Yağmur Ekim Çay und Maxi Arnhold. Weihnachtswunder soll es ja geben.

Eure
Lena Kampf

 

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Newsletter Netzwerk Recherche 227 vom 24.11.2023

Liebe Kolleg:innen,

der bekannte Journalist Hubert Seipel hat Recherchen zufolge 600.000 Euro von einem Putin-Freund bekommen, um ein Buch über Putin zu schreiben. Zusätzlich zu seinen Verlagshonoraren. Transparent hat er das offenbar nicht gemacht, weder intern bei seinen Arbeitgebern, noch öffentlich. Selbst auf explizite Nachfrage in einem Interview verschwieg er die Zahlungen.

Für uns im Vorstand des Netzwerk Recherche war natürlich schnell klar, dass diese Zahlungen allen Regeln der journalistischen Redlichkeit widersprechen. Und dass Seipel damit allen Journalist:innen schweren Schaden zugefügt hat. Deshalb haben wir gleich am Tag nach der Enthüllung eine E-Mail an Seipel geschrieben, ihn um eine Stellungnahme gebeten und ihm einen sofortigen Austritt aus dem Netzwerk Recherche nahegelegt.

Wir haben außerdem seine stimmberechtigte Mitgliedschaft ruhend gestellt. Dies können wir, weil wir seine Arbeit nach den von ihm eingeräumten Zahlungen als PR einstufen. Ein Mitglied aus dem Verein ausschließen kann jedoch nur die Mitgliederversammlung. Diese trifft sich jedoch das nächste Mal erst am 19. Juli 2024, bei der Jahreskonferenz des Netzwerk Recherche. Sollte Seipel bis dahin nicht selbst aus dem Verein austreten, werde ich als Vorsitzender dort seinen Ausschluss beantragen.

Seipel war in der Vergangenheit auch mehrfach Referent und Moderator auf unseren Jahrestagungen – vor allem in den Jahren 2007 bis 2012. Anfang Juni 2012 diskutierte er seinen Film „Ich, Putin“. In der Veranstaltung wurde den damaligen Berichten zufolge kontrovers über Seipels Nähe zu Putin diskutiert.

„Zwischenzeitlich kommt – auch bei den Interviewsequenzen des Films – der Verdacht auf, es handle sich mehr um ein Selbstportrait als um den kritischen Blick eines westlichen Journalisten auf den mächtigsten Mann Russlands“, heißt es in der Dokumentation zur Jahreskonferenz 2012.

Ich hoffe, dass der Fall Seipel zu einer kritischen Überprüfung der Russland-Berichterstattung in deutschen Medien führt. Und den Blick schärft für mögliche Abhängigkeiten, auch in weniger prominenten, weniger hoch dotierten Konstellationen.

Euer
Daniel Drepper

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Newsletter Netzwerk Recherche 226 vom 27.10.2023

Liebe Kolleg:innen,

Stress, Druck, arbeiten an der Belastungsgrenze: Journalismus kann krank machen. Kennt ihr das? Habt ihr Ärger mit euren Redaktionsleiter:innen? Mit Kolleg:innen? Rauben euch diese Probleme den Schlaf? Oder hat euch ein Erlebnis im Job traumatisiert? Dann ruft jetzt unsere Helpline an! Unser kostenloses und anonymes Beratungsangebot startet am 2. November. Ihr erreicht hier erfahrene Kolleg:innen, die selbst Journalist:innen sind. Unser Hilfsangebot ist natürlich keine Alternative, beispielsweise zu einer Therapie, aber vielleicht können wir Lösungswege für eure Sorgen aufzeigen. Unter www.journalisten-helpline.de bieten wir offene Sprechstunden und online buchbare Gesprächstermine an. Ein ganz herzlicher Dank geht an die Förderer, die dieses Projekt möglich gemacht haben. Die Finanzierung ist erst einmal für sechs Monate gesichert. Wir hoffen aber, dass wir die Helpline darüber hinaus weiterbetreiben können.

Jetzt wünsche ich euch eine gute, stressfreie Zeit!

Euer
Christian Esser

P.S.: Save the date! Seit ein paar Tagen steht der Termin für unsere nächste Jahreskonferenz fest: Wir sehen uns am 19. und 20. Juli 2024 beim Norddeutschen Rundfunk in Hamburg.

 

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Newsletter Netzwerk Recherche 225 vom 22.09.2023

Liebe Kolleg:innen,

bevor ich anfing, selbst bei einer Zeitung zu arbeiten, habe ich hin und wieder E-Mails an Journalist:innen geschrieben, wenn mich ein Text besonders beeindruckt hat. Einfach so, spontan, direkt nach dem Lesen, um mich zu bedanken. Später dann, im Job, hätte ich mich so etwas nicht mehr getraut. Ich hatte zu viel Sorge, es könnte anbiedernd oder gar überheblich rüberkommen. Dabei habe ich mich selbst immer unglaublich gefreut, wenn es Lob gab für Texte, gerade von Kolleg:innen.

In letzter Zeit verteile ich deshalb wieder aktiv Zuspruch, persönlich, schriftlich, und über die sozialen Medien, auch viel öffentlicher als früher. Ich mache das bewusst, weil ich mich oft genug über unsere Branche ärgere, die so unsolidarisch gegenüber Kolleg:innen sein kann. Natürlich ist es wichtig, dass wir uns gegenseitig auf die Finger schauen, falschen Berichten widersprechen, auch inhaltlich öffentlich streiten. Aber wo Kolleg:innen Angriffen und Beleidigungen ausgesetzt sind, schlicht weil sie ihren Job machen, könnten wir viel klarer redaktions- und medienübergreifend zusammenstehen.

Wo sich Altrocker mit perversen Castingmethoden und Politiker mit Neo-Nazi-Vergangenheit statt an ihren Taten an der angeblichen „Hetze“ und „Kampagnen“ der berichtenden Medien abarbeiten und damit dann auch noch in den Kommentarspalten Widerhall finden, da schadet sich unsere Branche selbst. Wenn Kolleg:innen ihre Recherchewege transparent machen und offenlegen, was sie wissen und was sie nicht wissen (können), dann gehören sie dabei unterstützt und nicht zerfleischt.

In diesem Sinne: Seid solidarisch und hakt euch unter – virtuell oder auch persönlich bei einer der tollen Konferenzen/Treffen, von denen ihr auch in diesem Newsletter wieder lesen könnt – diese Gesellschaft braucht mutige und ermutigte Reporter:innen.

Eure

Elisa Simantke

 

P.S.: Ich bin für dieses Editorial sehr tief in mein E-Mail Archiv gestiegen, um die allererste E-Mail zu finden, die ich in dieser Art verschickt habe. Leider sind die frühen 2000er darin nicht mehr auffindbar. Ich weiß aber noch genau, dass ich zu meiner großen Überraschung noch am selben Tag eine überschwängliche Antwort zurückbekam, in der sich der Autor für das Lob bedankte. Allzu häufig scheint er solche Post wohl nicht bekommen zu haben.

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Newsletter Netzwerk Recherche 224 vom 30.08.2023

Liebe Kolleg:innen,

spürt ihr das auch? Die leichte Schwermut, weil der Sommer sich allmählich dem Ende zuneigt und die gleichzeitige Vorfreude auf die zahlreichen Veranstaltungen in den kommenden Wochen?

Den Anfang macht vom 11. bis 15. September die erste Hamburger Woche der Pressefreiheit mit einer ganzen Reihe Workshops. Auch das Netzwerk Recherche ist Partner und veranstaltet gemeinsam mit den „Neuen deutschen Medienmacher*innen“ eine Diskussionsrunde zu Hass und Häme gegenüber Journalist:innen. Als Moderatorin der Runde freue ich mich auf spannende Panelist:innen.

Nur drei Tage später, am 19. September, startet die viertägige Global Investigative Journalism Conference (GIJC) in Göteborg – das wohl größte Zusammentreffen von Investigativjournalist:innen weltweit. Wenn die Konferenz nur annähernd so gut wird wie 2019 in Hamburg, wird sich die Anreise lohnen. Ein Höhepunkt damals war die Keynote der philippinisch-amerikanischen Journalistin und späteren Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa, die ihren Vortrag mit den Worten schloss: „An attack on one is an attack on all.

Nach der GIJC habt ihr immerhin sechs Tage Zeit, euch von dem vielen Input zu erholen und nach Dortmund zu reisen. Denn dort findet am 29. und 30. September die (noch nicht ausgebuchte!) NR-Fachkonferenz SciCAR statt. Vielleicht liegt es an meinen Ruhrpott-Wurzeln, aber ich mag den Veranstaltungsort, die rustikale Stahlhalle der DASA, sehr. Journalist:innen und Wissenschaftler:innen loten hier aus, wo gewinnbringende Schnittstellen sind. Es geht darum, wie man mit und über Daten und KI berichtet – ganz praxisnah. Für mich ein Highlight der diesjährigen SciCAR: Das legendäre KI-Pubquiz am ersten Konferenzabend.

Ich wünsche euch einen angenehmen Konferenz-Triathlon. Vielleicht sehen wir uns auf der einen oder anderen Teilstrecke.

Eure
Anna Behrend

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Newsletter Netzwerk Recherche 223 vom 28.07.2023

Liebe Kolleg:innen,

manchmal sind es ja die kleinen Dinge, bei denen es sich lohnt, genauer hinzuschauen. Mir ist in den letzten Monaten aufgefallen, dass sich bei Themen der Verdachtsberichterstattung hin und wieder ein Satz einschleicht, den ich problematisch finde. Der Satz geht (inhaltlich) ungefähr so: „Auf Anfrage schickte der Anwalt von XY ein fünfseitiges Schreiben, aus dem wir aber nicht zitieren dürfen.“

Ich frage mich dann: Warum eigentlich nicht? Anwaltskanzleien wissen sehr genau, wie sie Druck aufbauen können, sie sind, in aller Regel, medienerfahren. Sie wissen deshalb, dass sie nicht einfach festlegen können, wie (und ob) Journalist:innen Antworten auf eine Presseanfrage verwenden dürfen. Solange sich nicht beide Seiten im Vorfeld darauf verständigt haben, dass aus einer Antwort nicht zitiert wird, ist es vollkommen egal, was diese Kanzleien an Rahmenbedingungen zu diktieren versuchen (siehe auch: BGH, 26.11.2019 – VI ZR 12/19).

Ich weiß, angesichts der größeren Debatten in Sachen Verdachtsberichterstattung ist das hier fast schon marginal, aber mich persönlich würde es trotzdem freuen, in Zukunft solche Sätze (inhaltlich) zu lesen: „Auf Anfrage schickte der Anwalt von XY ein fünfseitiges Schreiben, aus dem wir angeblich nicht zitieren dürfen. So einem Deal haben wir nicht zugestimmt, also sehen wir uns nicht an die Auflagen gebunden. Hier also die Antworten.“

Euer
Hakan Tanriverdi

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Sicherheitstool JSAT jetzt auf Deutsch

Sicherheit ist für Journalist:innen – besonders investigative – enorm wichtig. Das Thema kann jedoch eine Herausforderung für Redaktionen sein. Deswegen hat das Global Investigative Journalism Network (GIJN) mit der Ford Foundation zusammengearbeitet, um das Cybersecurity Assessment Tool (CAT) der Ford Foundation dem Journalismus anzupassen.

Das Journalist Security Assessment Tool (JSAT), das inzwischen in zahlreiche Sprachen übersetzt wurde, ist eine Art Test: Es bietet eine Diagnose über die physische und digitale Sicherheit einer Redaktion und wie diese verbessert werden kann. Um zu prüfen, wie eure Redaktion beim Thema Sicherheit aufgestellt ist, könnt ihr das JSAT hier machen. Der Test dauert ca. eine Stunde und ggf. musst du Kolleg:innen oder die IT-Abteilung nach Infos fragen, um alles beantworten zu können. Am Ende des JSAT erhältst du dann eine Punktzahl und Tipps, wie die Sicherheit in deiner Redaktion verbessert werden kann. Weiterlesen