Der erste Nestbeschmutzer aus dem Homeoffice
Zeitungsproduktion aus dem Homeoffice ist in vielen Redaktionen Deutschlands coronabedingt mittlerweile Routine. Für 16 Nachwuchsjournalist*innen aus dem Master-Studiengang Journalistik und Kommunikationswissenschaften an der Universität Hamburg war es eine Premiere – in jeder Hinsicht. Das Ergebnis, der Nestbeschmutzer, kann sich sehen lassen. Auf 17 Seiten präsentieren die Studierenden die Ergebnisse ihrer medienjournalistischen Recherchen, die meist thematisch an die diesjährige digitale Jahreskonferenz von Netzwerk Recherche andocken. Und eine Reminiszenz an den bei nr20 schmerzlich vermissten Pommeswagen gibt es auch.
Natürlich kommt auch der Nestbeschmutzer nicht an Corona vorbei: Friederike Deichsler beschäftigt sich mit der positiven Entwicklung im gebeutelten Lokaljournalismus in Zeiten des Lockdowns. Felix Theuerkauf hat sich in den Redaktionen umgehört, wie sich die Arbeitsroutinen durch Corona verändert haben, und erfahren, warum das gut ist. Der Corona-Schwerpunkt beschäftigt sich außerdem mit den dramatischen Auswirkungen auf freie Journalist*innen (Camila Weiss Franco) und der Debatte um Staatshilfen (Anna-Sophie Schütz).
Ein weiterer Schwerpunkt widmet sich den Angriffen auf Journalist*innen: von verbalen Attacken aus den Reihen der AfD (Lucas Wendt) über körperliche Gewalt (Sharifa Braimah) bis hin zu Cyber-Kriminalität (Susan Jörges). Simon Walters blickt außerdem in einem Interview auf die schwierige Situation für die Presse in Brasilien.
Der Aufmacher von Friederike Deichsler und Lucas Wendt beschäftigt sich mit einem NR-„Klassiker“ – der Frage nach Haltung im Journalismus. Dieser Text ist schon allein deshalb lesenswert, weil er beweist, dass man über Haltung schreiben kann, ohne die beiden für diese komplexe Diskussion viel zu oberflächlichen, dafür aber mit Bedeutung überfrachteten Bonmots von Hanns Joachim Friedrichs (sich nicht gemein machen) und Rudolf Augstein (sagen, was ist) zu erwähnen.
Die weiteren Themen der Zeitung: Was Journalisten von Rezo lernen können (Anna-Lena Limpert), die Verheißungen und Herausforderungen von Virtual Reality (Fabian Severin) und seelische Belastungen nach Berichterstattung über Kriege, Katastrophen, Terror (Teresa Kainz). Vanessa Bilardo und Leonie Albrecht setzen sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit der (fehlenden) Vielfalt in Medienangeboten auseinander. Franka Bals und Lena Bender beschäftigen sich in ihren Artikeln mit der Rolle des Publikums.
Der Nestbeschmutzer entstand in Zusammenarbeit mit Message unter Leitung von Volker Lilienthal (Rudolf-Augstein-Stiftungsprofessur für Praxis des Qualitätsjournalismus an der Universität Hamburg) und Malte Werner.
Autor: Malte Werner / Datum: 15.07.2020 / Kommentieren