Die große Schwester der Krautreporter
Journalistin aus Leidenschaft: Die Münchenerin Monika Bäuerlein steht an der Spitze von „Mother Jones“. Das US-Magazin ist seit 1976 das, wovon viele deutsche Journalisten noch träumen: ein gemeinnütziges Print- und Online-Journal auf solider finanzieller Basis. Wird so auch in Deutschland die Zukunft des Journalismus aussehen?
Die Beerdigungsglocken haben geläutet, der Grabstein war in Arbeit. Als in den vergangenen Jahren eine Zeitung nach der anderen starb, schien der Journalismus am Ende. Doch die Nachrufe auf den Recherche-Journalismus wurden zu früh geschrieben, da ist sich Monika Bäuerlein sicher. Die Chefredakteurin des US-Magazins „Mother Jones“ (www.motherjones.com) glaubt an die Wiedergeburt der Recherche.
Sie wirf einen kurzen Blick in den Pappbecher. „Danke, ich habe noch.“ Monika Bäuerlein gehört nicht zu denen, die das halbleere Glas sehen. Sie ist Optimistin. Während andere die Zukunft des Journalismus schwarz malen, entdeckt die 49-Jährige „frische, grüne Knospen der Recherche“. Seit 2006 steht die Münchener Journalistin an der Doppelspitze des amerikanischen Magazins „Mother Jones“ (MoJo). Das Magazin lebt vor allem im Netz, zweimal im Monat erscheint jedoch auch eine gedruckte Ausgabe. Die Arbeit finanziert sich zu fünfzig Prozent aus dem Verkauf von Abonnements und zur anderen Hälfte aus Spenden und Stiftern. „Dass wir diese Mischfinanzierung haben, ist ein großer Erfolg“, sagt die Chefredakteurin. Die Spenden können steuerlich abgesetzt werden, da das Magazin gemeinnützig ist. Ein Modell, das auch in Deutschland diskutiert wird. Monika Bäuerlein kann sich gut vorstellen, dass ein solches Modell auch in ihrer alten Heimat funktioniert. Ihre kleine Schwester Theresa Bäuerlein ist Teil des Projekts krautreporter.de, einem der ersten deutschen Versuche. Auch David Schravens neuem gemeinnützigem Recherchebüro correctiv.org gibt sie eine Chance.
„Es wird eine Zukunft für den Journalismus geben.“ Monika Bäuerlein glaubt an neue Strukturen. Ihre positive Einstellung ist für sie Überlebensinstinkt. Und sie hofft begründet. 200 000 Abonnenten und sieben Millionen Internetnutzer hat „Mother Jones“ derzeit. Das Experiment hätte scheitern können, doch mit der Erstausgabe 1976 begann eine Erfolgsgeschichte. Schon zweimal bekam es den bedeutendsten Magazinpreis der Vereinigten Staaten, den National Magazine Award.
Das Geheimnis von „Mother Jones“ sei es, die Geschichten zu schreiben, die sich sonst niemand traue, sagt Monika Bäuerlein. Sie fühle sich zur Aufklärung berufen, auch wenn ihre Kinder fragen, warum sie schon wieder an den Computer muss. Um niemanden ungerecht zu behandeln, rät sie: „Man muss nach Möglichkeit allen auf die Füße treten.“