Eine neue Studie von Netzwerk Recherche unterstreicht die Bedeutung unabhängiger, gemeinwohlorientierter Medien für den investigativen Journalismus und den Lokaljournalismus in Europa. Der „Journalism Value Report“ liefert detaillierte Daten über den Zustand eines wachsenden Sektors in der europäischen Medienlandschaft, der durch zahlreiche kleine, oft gemeinnützige Nachrichtenredaktionen geprägt ist.

Journalism Value project

Interaktive Karte: Übersicht der teilnehmenden Medienorganisationen

„Angesichts der anhaltenden Krise vieler traditioneller Medien und der großen gesellschaftlichen Herausforderungen, denen sich der Journalismus aktuell gegenübersieht, versucht der ‚public interest journalism‘ entstandene Lücken zu füllen“, sagt Dr. Choni Flöther, die den Bericht mitverfasst hat. „Sie stellen dabei den gesellschaftlichen Auftrag des Journalismus vor Renditeaussichten und veröffentlichen ihre Inhalte meist kostenlos.“

Die Ergebnisse der Befragung von 174 Redaktionen aus 31 Ländern sind insbesondere für lokale Medien, die einen großen Teil des Sektors ausmachen, besorgniserregend (eine Zusammenfassung der Ergebnisse gibt es hier). „Trotz der wichtigen Rolle, die der Lokaljournalismus in demokratischen Gesellschaften spielt, sind ausgerechnet diese Medien besonders anfällig für finanzielle Unsicherheit“, sagt Malte Werner, Co-Autor der Studie, der diesen Teil der Medienlandschaft bereits 2022 im New Sector Report untersucht hatte. „Im Vergleich zu unabhängigen, gemeinwohlorientierten Redaktionen, die über nationale oder globale Themen berichten, erwirtschaften die Lokalmedien in der Regel die geringsten Einnahmen und bieten oft besonders prekäre Arbeitsbedingungen.“ In vielen dieser Redaktionen reichen die finanziellen Ressourcen nur für maximal sechs Monate.

Um zu überleben, sind weite Teile des Sektors von Stiftungsförderung abhängig. Zwar trägt auch das Publikum einen wichtigen finanziellen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Medienvielfalt Europas bei. Wie das Beispiel Lokaljournalismus zeigt, reicht dies aber meist nicht aus. Medienorganisationen, die dezidiert investigativ recherchieren, haben dabei bessere finanzielle Aussichten als andere.

Journalism Value Report

Den gesamten Report herunterladen.

Um den neuen Sektor zu stärken, empfiehlt der Bericht eine Reihe von Maßnahmen. Dazu gehört eine Ausweitung der Strukturförderung, mit der sich Medienorganisationen besser um die eigene Entwicklung kümmern können. Das vorherrschende Modell der Projektförderung ist mit hohen bürokratischen Hürden versehen und bindet in den Augen der Befragten zu viele redaktionelle Ressourcen. Neben der finanziellen Unterstützung durch Stiftungen oder staatliche Programme ist auch der Kompetenzaufbau in nicht-journalistischen Bereichen wie Unternehmensführung, Buchhaltung oder Personalwesen von entscheidender Bedeutung für nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg. Vielen Journalist:innen, die ein solches Indie-Medium aus hehrem Antrieb gründen, fehlen essentielle Kenntnisse aus diesen Bereichen. Formen der Wissensvermittlung und des Erfahrungsaustauschs könnten die allgemeine Resilienz des Sektors stärken.

Eine Übersicht über die neue europäische Medienlandschaft bietet eine interaktive Karte, die Simon Jockers im Auftrag von Netzwerk Recherche erstellt hat. Karte und Report sind Teil des Journalism Value Project. Die Studie wurde zudem vom Journalism Funders Forum finanziell unterstützt.

Zum Hintergrund:

Das Journalism Value Project ist ein von der EU gefördertes Projekt von Arena for Journalism in Europe, Netzwerk Recherche und den drei Medienorganisationen Fumaça, Átlátszó Erdély und Investigate Europe zur Stärkung des gesellschaftlichen Wertes von Journalismus. Ziel ist es, Informationen über den wachsenden Sektor gemeinwohlorientierter Redaktionen in Europa zu sammeln und so herauszufinden, wie die Situation der unabhängigen Medienorganisationen ist und wie sie besser unterstützt werden können. Dafür setzt das Journalism Value Projekt auf drei Bereiche:

  • Eine umfangreiche Befragung der neuen Indie-Medien, deren Ergebnisse in den Journalism Value Report eingeflossen sind.
  • Den Podcast „The Loop“, in dem Mitglieder des „Reference“-Netzwerks Erfahrungen aus nicht-journalistischen Bereichen der Organisationsführung teilen und so den Wissenstransfer fördern.
  • Die Debatte mit Förderinstitutionen, Politik und Zivilgesellschaft zum gesellschaftlichen Wert des Journalismus, aus der Handlungsempfehlungen zur besseren Unterstützung des Sektors gewonnen werden sollen.

gefördert von:

The Journalism Value Project (‘Monetising Value’, project ID: 101105023) is co-funded by the European Union. Views and opinions expressed are however those of the author(s) only and do not necessarily reflect those of the European Union or the European Education and Culture Executive Agency (EACEA). Neither the European Union nor EACEA can be held responsible for them.