Vier Fragen an… Sylke Gruhnwald, Leitung Data-Journalismus, Neue Zürcher Zeitung

Sylke Gruhnwald (Foto: Raphael Hünerfauth)

1. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich für Datenjournalisten in Deutschland?
Eine besondere Herausforderung birgt oftmals der Zugriff auf unterschiedlichen Datenquellen, sprich die Verfügbarkeit von Datensätzen und Dokumenten. Welche Datensätze und Dokumente sind öffentlich zugänglich, welche sind weggeschlossen? Wir nutzen das Schweizerische Öffentlichkeitsgesetz oder die Informationsfreiheitsgesetze in Deutschland und auf Ebene der Europäischen Union, um Zugriff auf solche bis dato verschlossenen Informationen der öffentlichen Verwaltungen zu bekommen. Verschiedene Initiativen auf nationaler und internationaler Ebene unterstützen und stärken Journalisten darin, diese an die Öffentlichkeit zu bringen. Dazu zählen Öffentlichkeitsgesetz.ch, Transparenzsgetz.at, Fragdenstaat.de und Asktheeu.org.

2. Wo könnten Datenjournalisten mit Wissenschaftlern zusammenarbeiten?
Wir arbeiten immer wieder mit Experten aus unterschiedlichen Bereichen zusammen. Und zwar immer dann, wenn wir merken, dass wir zusätzlich zu unseren Kenntnissen Fachwissen brauchen – beispielsweise aus dem Rechtsbereich oder der Statistik. In unserem Netzwerk finden sich wir aber auch Historiker und Kartografen. Ein solches Netzwerk und gute Kooperationen sind zwingend notwendig, um das beste Ergebnisse für eine Geschichte zu erreichen.

3. Wie sollte man den Datenjournalismus in Deutschland fördern?
Zunächst einmal muss in den Redaktionen angesetzt werden: Die Zusammenarbeit von Journalisten, Gestaltern und Entwicklern als ein Team innerhalb der Redaktion wird – hoffentlich bald! – eine Selbstverständlichkeit sein. Des Weiteren gilt es talentierte und motivierte Mitarbeiter innerhalb der Redaktion zu fördern – beispielsweise mit Weiterbildungen, aber vor allem Zeit. Zeit für die Entwicklung eigener Geschichten: von der Anfangsrecherche bis zur Publikation und der Betreuung der Leserreaktionen bzw. der Leserbeteiligung.

4. Wo sind die Grenzen des Datenjournalismus vor dem Hintergrund jüngster Datenschutzdebatten?
Für die Berichterstattung, die sich die Daten-journalistische Methoden zu Nutze macht, gelten dieselben Spielregeln wie für jede andere Form der Berichterstattung auch. Zum einen gilt der Pressekodex. Zum anderen erleben wir gerade in der grenzüberschreitenden Arbeit ganz unterschiedliche Regelungen auf nationalen Ebenen der öffentlichen Verwaltungen. Die USA regeln den Zugriff auf Daten und Dokumente anders als die Schweiz. Und hier weichen die Regeln wieder von den Vorschriften in Deutschland, Italien oder Frankreich ab. Sprich: Wir müssen uns in diesem Regel-Dickicht lernen gut zu Recht zu finden und uns nicht zu leicht geschlagen zu geben. Und zusätzlich gilt es dann im Einzelfall abzuwägen, welche Information genutzt bzw. publiziert wird.