Seit einigen Tagen schlottern weltweiter Prominenz – vom Staatschef bis zum Fußballstar – die Knie. Die Panama Papers bringen lang unentdeckte Offshore-Geschäfte ans Licht, decken versteckte Milliarden auf und bringen einiges ins Wanken. Sie erhöhen den nötigen politischen und gesellschaftlichen Druck, Steueroasen trockenzulegen. Und sie zeigen auf, wie wichtig guter Recherche-Journalismus ist.

Was innerhalb des letzten Jahres hinter verschlossenen Türen recherchiert wurde und heute als unvergleichbare Enthüllungsgeschichte Wellen schlägt, begann mit einer kurzen E-Mail an das Investigativteam der Süddeutschen Zeitung. Aus der ersten Nachricht des „John Doe“ wurde eine stetig wachsende Datensammlung geleakter Informationen über die Geheimnisse der Kanzlei „Mossack Fonseca“, die von Panama City aus anonyme Briefkastenfirmen gründet: Zur Vertuschung großer Vermögen etwa, zur Geldwäsche, zur Finanzierung von Krieg und Terror oder der Umgehung von Sanktionen. Circa 2,6 Terabyte groß ist die Datenmenge, die der anonyme John Doe nach und nach an die Journalisten schickte. Schon früh war klar, dass dieser Berg an Informationen nicht von einer einzelnen deutschen Redaktion ausgewertet werden kann.

Zum einen liegt das an der großen Menge an elektronischer Post, Tabellen, PDFs, Bilder und Textdokumenten. Das Leak beinhaltet allein schon mehr als 4,8 Millionen E-Mails und 3 Millionen Datenbanken. Zum anderen machen die Informationen auch nicht an der deutschen Grenze halt. So fiel schon sehr früh die Entscheidung, die geheimen Daten grenzüberschreitend zu teilen, um eine bestmögliche Auswertung zu ermöglichen. Die Zusammenarbeit wurde mit dem der Zeitung vertrauten und spendenfinanzierten Internationalen Konsortium für Investigative Journalisten (kurz ICIJ) organisiert, welches das radikale Teilen von Informationen befürwortet und mit 200 vernetzten Journalisten das Ziel verfolgt, Korruption und Machtmissbrauch offenzulegen. In Deutschland gibt es fünf ICIJ-Mitglieder, darunter auch Netzwerk Recherche Vorsitzende und NDR Redakteurin Julia Stein, die bereits an den ICIJ-Projekten Offshore Leaks, LuxLeaks und SwissLeaks maßgeblich mitarbeitete.

Mehr als 100 Medienorganisationen arbeiteten über fast ein Jahr gemeinsam unter vollster Geheimhaltung an dem wohl größten Datenleck der Geschichte. In Deutschland war der Rechercheverbund von WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung beteiligt. International wurden die Datensätze Medienhäusern wie The Guardian und BBC in Großbritannien, Le Monde in Frankreich, The Miami Herald und dem Charlotte Observer in den USA, aber auch an Medienpartner von Kolumbien und Brasilien über Südafrika, Jordanien und Senegal, bis nach Indien und Japan bereitgestellt. Hinter verschlossenen Türen mussten 400 Journalisten miteinander vernetzt, 2,6 Terabyte an Daten durchsuchbar und neue Erkenntnisse untereinander kommunizierbar gemacht werden. Hierfür setzte das ICIJ Hochleistungsrechner in Betrieb, die das Durchsuchen aller Daten nach Stichworten und Namen ermöglichten. In einem mit doppeltem Passwort geschützten virtuellen Newsroom konnten die Funde mit der Gemeinschaft online geteilt und diskutiert werden. Zugang hatten nur die am Projekt beteiligten Journalisten. Allein die Koordination eines so großen Teams war ein Mammutprojekt. Doch sie war notwendig, um die Informationen und die Journalisten, die mit ihnen arbeiteten, gleichermaßen zu schützen. In Ländern wie Russland müssen Journalisten bei ihrer Arbeit natürlich vorsichtig sein. Erst Recht, wenn sie über das Umfeld von Wladimir Putin schreiben. Und was hätte wohl in Island, einem Land mit nur 323.000 Einwohnern, das Durchsickern der Informationen über den Premierminister Sigmund Gunnlaugsson an die falsche Person bedeuten können?

Dass die Herangehensweise der Süddeutschen Zeitung und des ICIJ richtig war, zeigen nun auch das explosionsartige Medienecho und die politischen Debatten dieser Tage. Ohne die komplexe Zusammenarbeit des internationalen investigativen Teams hätte das umfangreiche Material nicht auf diesem qualitativen Level bearbeitet und weiterrecherchiert werden können. Den vielen entstandenen Geschichten liegt eine lange Zeit der Suche und des Findens zu Grunde, die für guten und fundierten Datenjournalismus obligatorisch ist.

Panama-Papers 1: Übersichten

Panama Papers – Die Geheimnisse des schmutzigen Geldes
Das sind die Panama Papers
Von Bastian Obermayer, Frederik Obermaier, Vanessa Wormer und Wolfgang
Jaschensky. – Süddeutsche, 03.04.2016
http://panamapapers.sueddeutsche.de/articles/56ff9a28a1bb8d3c3495ae13/

English Version:
http://panamapapers.sueddeutsche.de/articles/56febff0a1bb8d3c3495adf4/

The Panama Papers
Politicians, Criminals and the Rogue Industry That Hides Their Cash
https://panamapapers.icij.org/

Tagesschau.de: Panama Papers
http://www.tagesschau.de/panamapapers/

Panama Papers: 2,6 Terabyte gehackte Daten über Briefkastenfirmen und
internationale Finanzströme
Von Kristina Beer. – heise online, 04.04.2016
http://www.heise.de/newsticker/meldung/PanamaPapers-2-6-Terabyte-gehackte-Daten-ueber-Briefkastenfirmen-und-internationale-Finanzstroeme-3161061.html

What are the Panama Papers? A guide to history’s biggest data leak
By Luke Harding. – The Guardian, 05.04.2016
http://www.theguardian.com/news/2016/apr/03/what-you-need-to-know-about-the-panama-papers

Panama Papers 2: Hintergrundberichte

ZAPP: Eine Quelle – 400 Journalisten
Das Making Of der PanamaPapers
NDR Zapp, 08.04.2016
https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/Das-Making-Of-der-PanamaPapers,sendung516796.html
(Video, 30:32 min)

“Wir sind doch nicht der verlängerte Arm der Staatsanwaltschaft”
Die Süddeutsche-Redakteure Bastian Obermayer und Frederik Obermaier
haben den größten Datenschatz der Geschichte gehoben. Und wollen damit
die Welt ein bisschen verbessern
Von Florian Klenk, Josef Redl. – Falter.at
https://cms.falter.at/falter/2016/04/03/wir-sind-doch-nicht-der-verlaengerte-arm-der-staatsanwaltschaft/

“In unseren Investigativraum kam nicht mal die Putzfrau rein” –
Datenjournalistin Vanessa Wormer über die Panama Papers
Interview von William Stern. – Watson.ch, 06.04.2016
http://www.watson.ch/!446120152?utm_medium=earned&utm_source=mail&utm_rainbowunicorn=0&utm_campaign=share-tracking

Versunken in Panama
Die Panama-Papers sind eines der umfangreichsten Informationslecks der
Geschichte. Aus der mehrmonatigen Arbeit mit der dazugehörigen Datenbank
lassen sich sieben wertvolle Lektionen ableiten.
Günter Hack. – ORF.at, 03.04.2016
http://orf.at/stories/2331705/2332051/

Die Geschichte der PanamaPapers
von Elena Kuch und Julia Stein. – NDR, 06.04.2016
http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/Die-Geschichte-der-PanamaPapers,panama176.html
http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/panama176_page-2.html

Offshore-Geschäfte
11 Antworten zu den “Panama Papers”
Wer versteckte Geld in Briefkastenfirmen in Panama? War das legal? Was
ist die Verbindung zwischen Panama und der Schweiz? Ein Überblick.
NZZ, 04.04.2016
http://www.nzz.ch/international/europa/offshore-geschaefte-8-antworten-zu-den-panama-papers-ld.11367

Panama Papers
Häufige Fragen zu Panama Papers – und Antworten
Von Wolfgang Krach. – Süddeutsche, 05.04.2016
http://www.sueddeutsche.de/politik/panama-papers-haeufige-fragen-zu-panama-papers-und-antworten-1.2935507

Recherche-Netzwerk in Washington ICIJ – wie investigative Journalisten arbeiten
Von Martin Ganslmeier, ARD-Studio Washington. – tagesschau, 08.04.2016
https://www.tagesschau.de/ausland/recherchenetzwerk-icij-101.html

Panama Papers 3: Weitere Berichte

Panama Papers: “Wir fürchten um das Leben unserer Reporter”
Manche wurden bedroht oder beschimpft, andere versuchte man zu erpressen: Sechs Reporter erzaehlen, was sie bei den Recherchen zu den Panama Papers erlebt haben.
Süddeutsche, 18.04.2016
http://www.sueddeutsche.de/medien/panama-papers-wir-fuerchten-um-das-leben-unserer-reporter-1.2953809

Panama Papers : Konspirologen und Leibwächter des Kapitals
Eine anonyme Quelle steckt hinter den Panama Papers – und schon beginnt das Spiel der Verschwoerungstheoretiker: Wer ist’s gewesen?
Von Hans Leyendecker. – Sueddeutsche, 13.04.2016
http://www.sueddeutsche.de/medien/panama-papers-konspirologen-und-leibwaechter-des-kapitals-1.2945738

Kritik an den “PanamaPapers”
Von Aimen Abdulaziz-Said und Daniel Bouhs. – NDR ZAPP, 12.04.2016
http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/Kritik-an-Panama-Papers-,panamapapers146.html

Wie investigative Journalisten arbeiten
Alle Welt redet von den Panama Papers. Dahinter steht die Arbeit investigativer Reporter. Geheime Dokumente, verdeckte Recherchen: Welche Bedeutung hat der Enthuellungsjournalismus?
Von Arno Makowsky. – Tagesspiegel, 11.04.2016
http://www.tagesspiegel.de/politik/panama-papers-wie-investigative-journalisten-arbeiten/13425472-all.html

Eine Briefkastenfirma, bitte
Von Frederik Obermaier, Bastian Obermayer, Klaus Ott, Ulrich Schaefer und Vanessa Wormer. – Süddeutsche, 06.04.2016
http://panamapapers.sueddeutsche.de/articles/56effb802f17ab0f205e6370/

Mehr als 1000 Deutsche nutzen Offshore-Dienste
Von Peter Hornung, Kersten Muegge, Jan Lukas Strozyk und Benedikt Strunz. – NDR, 05.04.2016
http://www.tagesschau.de/ausland/panamapapers-161.html

Die Briefkaesten von gestern
Auch deutsche Banken nutzten die Dienste von Mossack Fonseca. Die Fälle liegen aber bereits einige Jahre zurück. Wie gross ist das Geschäft mit Steueroasen heute?
Von Matthias Breitinger. – Süddeutsche, 05.04.2016
http://www.zeit.de/wirtschaft/2016-04/panama-leaks-deutsche-banken-briefkastenfirmen/komplettansicht

Mehrere Tausend Deutsche nutzten Briefkastenfirmen von Mossack Fonseca
Die Panama Papers zeigen: Fast alle grossen deutschen Banken gründeten oder verwalteten Briefkastenfirmen.
Von Frederik Obermaier, Bastian Obermayer und Ulrich Schaefer. – Süddeutsche, 04.04.2016
http://www.sueddeutsche.de/politik/panama-papers-mehrere-tausend-deutsche-nutzten-briefkastenfirmen-von-mossack-fonseca-1.2933656

Die PanamaPapers – Worin liegt der eigentliche Skandal?
Die PanamaPapers sind in aller Munde. Aber worin liegt der eigentliche Skandal? Das haben wir am Donnerstag, den 7. April ab 18 Uhr in unserer Berliner Redaktion diskutiert. Mit: Julia Stein, stellv. Leiterin NDR Ressort Investigation und Mitglied des International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) – Correctiv, 08.04.2016
https://www.youtube.com/watch?v=pRFhq9sNFkQ
(Video, 1:07:35 h)

Warum die Panama-Papiere wichtig sind
Sind die Veröffentlichungen der Panama-Papiere nur ein Hype? Fünf Gründe, warum die Recherche über Briefkastenfirmen genauso groß ist, wie sie erscheint
Von Philip Faigle und Karsten Polke-Majewski. – Die Zeit, 06.04.2016
http://www.zeit.de/politik/ausland/2016-04/steuerhinterziehung-panama-papers-enthuellungen-bedeutung-wichtigkeit-konsequenzen-briefkastenfirmen

Geleakt oder gelenkt : Journalismus zwischen Recherche und Vermarktung
Ein anonymer Informant versorgt Journalisten mit Datenmassen über Briefkastenfirmen in Panama. Ein Arzt wird mit versteckter Kamera gefilmt, während er einem Lockvogel von Doping-Geschäften berichtet. Diese aktuellen Beispiele werfen Fragen auf: Wie sollten Journalisten mit durchgesickerten Informationen umgehen?
Hans Leyendecker (SZ), Markus Grill (correctiv), Frank Lübberding (freier Medienjournalist) und Gregor
Peter Schmitz (Wirtschatswoche) über die Rolle der Medien bei der Enthüllung der Panama Papers.
Diskussionsleitung: Bettina Schmieding. – Deutschlandfunk, 06.04.2016
http://www.deutschlandfunk.de/geleakt-oder-gelenkt-journalismus-zwischen-recherche-und.2011.de.html?dram:article_id=350418

Was steckt hinter den “Panama Papers”?
Die Auswahl an Steuersuendern fällt recht einseitig aus und passt aussergewöhnlich gut in das Konzept der US-Regierung
Ernst Wolff. – telepolis, 05.04.2016
http://www.heise.de/tp/artikel/47/47867/1.html ,
http://www.heise.de/tp/artikel/47/47867/2.html

Zweifelhafte Recherche? Von wegen!
Kein strafbares Verhalten, alles schon gewusst, nur mediale Inszenierung: Die Kritik an den “Panama Papers” wird lauter. Aber sie zielt am Kern vorbei. Ein Kommentar.
Von Christian Tretbar. – Tagesspiegel, 05.04.2016
http://www.tagesspiegel.de/politik/panama-papers-zweifelhafte-recherche-von-wegen/13403666.html

Enthüllung durch “Panama Papers”
Die einzige Antwort : Das Internationale Journalistenkonsortium inszeniert mit Dutzenden Medien die “Panama Papers”. Ist das eine Ausgrenzung anderer?
Von Juern Kruse. – Tageszeitung, 04.04.2016
http://www.taz.de/Enthuellung-durch-Panama-Papers/!5289286/

Wer steckt hinter den Rechercheverbünden?
Rechercheverbünde liegen in einer sich rasant verändernden Medienlandschaft im Trend. “SZ”, WDR und NDR haben mit den Steueroasen einen Scoop gelandet.
Von Markus Ehrenberg und Martin Niewendick. – Tagesspiegel, 04.04.2016
http://www.tagesspiegel.de/medien/panama-papers-wer-steckt-hinter-den-rechercheverbuenden/13401266.html

Panama Papers: Wie objektiv ist die Recherche?
400 international vernetzte Journalisten teilen sich einen Schatz
Markus Kompa. – telepolis, 04.04.2016
http://www.heise.de/tp/news/Panama-Papers-Wie-objektiv-ist-die-Recherche-3161081.html