Von Frederike Holewik, JONA

Foto: Wulf Rohwedder

“Es gehört nicht zum Berufsbild, sich mit lokalen Institutionen anzulegen” – diese Lokaljournalisten mit ihren Mentoren tun es trotzdem. Foto: Wulf Rohwedder

Als das Angebot für die Redakteursstelle in Bad Säckingen kam, dachte Daniel Gräber: „Lokaljournalismus ist doch schön!“ Dass sich hier das perfekte Pflaster für investigativen Journalismus bieten sollte, ahnte er nicht.

 

Wenig später stolperte er über einen Artikel von Wolfgang Messner von der Stuttgarter Zeitung zum dubiosen Verkauf eines lokalen Krankenhauses in Bad Säckingen. Bei weiteren Recherchen wurde Messner zum Mentor und Vertrauten. Er habe ihm seine Dokumente weitergeleitet, was ein großer Vertrauensvorschuss gewesen sei. „Wir kannten uns da noch gar nicht so gut“, sagt Gräber heute, drei Jahre später. Nicht das Wesentliche aus den Augen zu verlieren und auch immer mal wieder schriftliche Anfragen zu stellen um etwas Handfestes zu haben, seien wertvolle Tipps gewesen.

Seine Geschichte über eine Brücke an der Schweizer Grenze, in der die Schweiz Sprengstoff gebunkert hatte, war eine „Bombenstory“, die ihm den Axel-Springer-Preis für junge Journalisten einbrachte. Die Geschichte zeigt, dass Lokales nicht lokal begrenzt bleiben muss: „Panzer wären ja nicht nur über Bad Säckingen gefahren.“ Ein gutes Netzwerk helfe, Geschichten auch überregional zu vermarkten und spreche Mut zu, denn „es gehört nicht zum Berufsbild, sich mit lokalen Institutionen anzulegen“, sagt Gräber.

Man kennt die Akteure. Das ist Fluch und Segen zugleich, wie die verschiedenen Erfahrungen auf dem Podium zeigen. Silja Kummer von der Heidenheimer Zeitung sagt, dass saubere Recherche mit guten Beweisen dazu führe, dass ihr niemand widersprechen konnte, und wenn doch, waren ihre Argumente stärker. In Heidenheim kannte sie sich aus, es dauerte daher nur wenige Tage, bis sie die entscheidenden Unterlagen zum Thema „Cross Border Leasing“ in der Stadt zusammen hatte.

Kummer wünscht sich, dass in Redaktionen ein stärkeres Bewusstsein für den Mehrwert entsteht, den investigative Recherche auch im Lokalen liefert: Vertrauen der Leser in das Medium Zeitung. Es sei nicht unbedingt „teurer“ lange zu recherchieren, wenn daraus eine Reihe guter Geschichten entstünden und es die Leserbindung fördere. Dafür braucht es aber Journalisten, die diese Geschichten schreiben.

Der freie Journalist Christian Schweppe sagt, man muss sich „einfach rantrauen, auch an Sachen, die nicht zwingend nahe liegen“ – und sich nicht auf den Zufall verlassen. Zu diesem Zweck wurde die Lehrredaktion „ProRecherche“ gegründet. Thomas Schuler und sein Team wollen mit Seminaren die investigative Recherche im Lokalen fördern. Die Gewissheit, etwas zu können sei wichtig, um die Geschichten verschiedenen Medien anzubieten. Die Journalisten müssen „weg von der Position des Bittstellers und in eine aktive Rolle kommen“, sagt er. Dazu gehöre es, sich seiner Argumente sicher zu sein und damit Quellen zu öffnen. Die Gegenseite müsse erkennen: „Denen erzähle ich besser keinen Quatsch!“