„Die Datenlage könnte besser sein“
Vier Fragen an… Lorenz Matzat
1. Welche besondere Herausforderungen stellen sich für Datenjournalisten in Deutschland?
Die Datenlage könnte besser ein. Vor allem aus dem öffentlichen Bereich gibt es noch viele Vorbehalte, Informationen preiszugeben. Technologisch, finde ich, gibt es nichts zu beklagen. Es gab noch nie eine bessere Zeit als heute, um günstig an tolle Technik zu kommen, die Demokratisierung von Technologie schreitet stündlich voran.
2. Wo könnten Datenjournalisten mit Wissenschaftlern zusammenarbeiten?
Es gibt kaum einen wissenschaftlichen Bereich, in dem nicht mit großen Datensätzen gearbeitet wird – sei es in Natur- oder Geisteswissenschaften. Bei den empirischen Sozialwissenschaften sind natürlich große Datenmengen da. Bei klassischen Wissenschaftlern besteht aber oft das Problem, ihre Arbeit anderen Leuten zu erklären und rüberzubringen. Und weil sie von der Gesellschaft in der Regel – zumindest zum Teil – finanziert werden, wäre es nicht schlecht, wenn sie deutlicher machen können, was sie eigentlich tun. Und warum es wichtig ist, dass die Gesellschaft sie finanziert. Dazu könnte man sich ja mit Leuten zusammentun, die etwas davon verstehen, anderen etwas zu erklären. Und das sind Journalisten.
3. Wie sollte man den Datenjournalismus in Deutschland fördern?
In NRW hat jüngst die nach der ehemaligen WAZ-Verlegerin benannte Brost-Stiftung drei Millionen Euro in CORRECT!V, ein gemeinnütziges Recherchebüro, gesteckt. Die sagen auch dezidiert, dass sie Datenjournalismus betreiben wollen. Insofern ist das ein Modell. Und es gibt auch die Robert Bosch Stiftung, die im Wissenschaftsjournalismus Stipendien verteilt, wobei neue Formen im Storytelling und datenjournalistische Ansätze explizit genannt wurden. Ich glaube, Stipendienprogramme sind hilfreich, denn oft scheuen Redaktionen die oft recht hohen Entwicklungskosten von so einer datenjournalistischen Geschichte. Eine weitere Möglichkeit wäre ein Förderprogramm, das in irgendeiner Form Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen hilft, die sagen: „Wir müssen das mal erzählen“, die entsprechenden Journalisten zu finden – und umgekehrt. Quasi ein Matchmaking.
4. Wo sind die Grenzen des Datenjournalismus vor dem Hintergrund jüngster Datenschutzdebatten?
Es gibt das Schlagwort: „Offene Daten nutzen, private Daten schützen.“ Ich kenne kein datenjournalistisches Projekt, wo es um private Daten ging, außer dass ein Mensch explizit gesagt hat: „Ich stelle meinen Datensatz zur Verfügung.“ Datenjournalismus ist Journalismus. Das heißt, es gelten die gleichen ethischen Grundsätze bzw. der Pressekodex. Da sind Standards definiert und die kann man auf öffentliche und private Daten übertragen.