Ein Jahr Helpline
Was wünscht man einem Hilfsangebot für psychisch belastete Journalist:innen zum ersten Geburtstag? Ein möglichst langes oder kurzes Leben?
In den ersten Interviews zum Start der Helpline im November 2023 haben wir gesagt: Es wäre schön, wenn wir den Betrieb in ein paar Jahren wieder einstellen könnten. Die gesellschaftlichen Entwicklungen der jüngeren Vergangenheit sowie der aktuelle Zustand unserer Branche lassen jedoch befürchten, dass die Zeiten für Journalist:innen nicht einfacher werden. Deshalb ist es wichtig, dass wir nicht nur die Probleme in der Welt im Blick behalten, sondern uns auch um uns selbst kümmern.
Seelische Verletzungen, die durch belastende Recherchen, „Lügenpresse“-Rufe oder prekäre Arbeitsbedingungen ausgelöst werden können, sind Arbeitsunfälle – genauso wie ein verstauchter Knöchel auf dem Weg in die Redaktion. Und über mentale Belastungen zu sprechen, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern erfordert (leider immer noch) Mut, weshalb Prof. Dr. Burkhard Schmidt, Co-Autor der Studie „Arbeitsdruck – Anpassung – Ausstieg“ im diesjährigen Nestbeschmutzer sagt: „Jemand, der sich mit seinen mentalen Problemen offen zeigt, muss gefeiert werden wie ein Held.“
An einen dieser Helden denken wir in diesen Tagen besonders oft, weil er nicht mehr mit uns feiern kann. Andreas Lorenz nahm im Sommer 2023 noch an unserem Ausbildungs-Workshop teil. Eine schwere Erkrankung verhinderte, dass er je für die Helpline im Einsatz war. Im vergangenen Juli ist Andreas gestorben. Auch wenn wir ihn nur wenige Tage lang persönlich erleben durften, bleiben uns seine Warmherzigkeit, seine schonungslose Offenheit im Umgang mit eigenen psychischen Problemen sowie seine Energie und Leidenschaft in lebhafter Erinnerung. Aus diesem Enthusiasmus speiste sich sein ansteckender Tatendrang, das Hilfsangebot lieber früher als später auf die Schiene zu bringen. Für Andreas war die Helpline ein echtes Herzensprojekt. Wir sind dankbar, dass er uns auf einem Stück des Weges begleitet hat. 🖤
Ganz in seinem Sinne werden wir auch im zweiten Helpline-Jahr unermüdlich daran arbeiten, auf den unterschiedlichsten Wegen möglichst viele Kolleg:innen für das Thema zu sensibilisieren und für all jene da zu sein, die eine Schulter zum Anlehnen oder ein offenes Ohr brauchen.
Das ist nur möglich, weil uns viele tolle Menschen und Organisationen unterstützen. Von Herzen: Dankeschön! 🙏
Last but not least eine große Umarmung für das Team – von psychologischer Leitung über die Koordination bis hin zum Herzstück der Helpline, den Peer Supporters: Ihr seid toll! ❤️
Die Helpline in den Medien: