Nach jahrelangem Ringen um mehr Transparenz ist jetzt klarer, wer von den Agrarsubventionen profitiert: Die Liste der Empfänger wird von großen Unternehmen der Lebensmittelbranche angeführt, aber auch branchenfremde Konzerne sind darunter. Das ergibt sich aus zwei Veröffentlichungen innerhalb der letzten beiden Wochen. 
Zunächst war Greenpeace mit einer Klage auf Offenlegung der Empfänger von Agrarexportsubventionen vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erfolgreich. Mitte Juni kam die Bundesregierung dann teilweise ihrer Pflicht nach, auch die Direktzahlungen an die Landwirte im Internet zu veröffentlichen, so wie es alle anderen Mitgliedsstaaten der EU bereits Ende April getan hatten. Die Verzögerung in Deutschland war mit datenschutzrechtlichen Bedenken begründet worden – wobei allerdings alle Bauern schon bei der Beantragung der Gelder unterschrieben hatten, dass sie sich mit der Veröffentlichung ihrer Namen und der Subventionshöhe einverstanden erklären.
Lediglich Bayern hält seine Daten über die unmittelbaren Zahlungen an die Landwirte weiterhin unter Verschluss. Die EU wird deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland anstrengen, das für den Bund teuer werden kann.
Bereits im April 2006 hatte Greenpeace beim Hauptzollamt Hamburg-Jonas, das dem Bundesfinanzministerium untersteht, unter Berufung auf des Informationsfreiheitsgesetz und das Umweltinformationsgesetz beantragt, die vierzig größten Empfaenger aus den Jahren 2004 und 2005 zu veröffentlichen. Nachdem die Behörde dies abgelehnt hatte, weil sie die Daten als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Firmen ansah, entschied das Verwaltungsgericht Hamburg im Mai vorigen Jahren bereits zu Gunsten von Greenpeace.
Gleichzeitig liess das Gericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles eine Sprungrevision zu, bei der der Fall unmittelbar dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt werden kann. Nachdem die Behörde den Hamburger Beschluss angefochten hatte, gab das Bundesverwaltungsgericht nunmehr Greenpeace in letzter Instanz recht.
Allerdings weigerte sich die Behoerde auch nach diesem Urteil weiterhin, die Zahlungen zugänglich zu machen, und begründete dies damit, man habe mit einem solchen Ausgang nicht rechnen können und müsse jetzt zunächst intern abstimmen, wie weiter verfahren werden solle. Nachdem die Behörde trotz unmittelbarer Wirkung des Urteils auch zehn Tage nach der höchstrichterlichen Entscheidung noch nicht mal zu einer Aussage bereit war, wann die Daten veröffentlicht werden sollen, beantragte Greenpeace ein Zwangsgeld gegen das Hauptzollamt, wegen Missachtung der Gerichtsentscheidung.
Diese Massnahme hat das Amt schliesslich bewogen, die lange gehüteten Daten freizugeben. An der Spitze der Empfänger steht im Jahr 2005 mit 82 Millionen Euro Europas größter Zuckerproduzent, die Südzucker AG aus Mannheim. Auf Platz zwei folgt mit 61 Millionen die Firma August Töpfer aus Hamburg, die vorrangig Zucker exportiert. Diese Zahlung ist besonders pikant, weil zeitgleich zur Veröffentlichung bekannt wurde, dass die Staatsanwaltschaft wg. Subventionsbetruges in Hoehe von 370 Millionen Euro gegen diese Firma ermittelt: 270 Beamte der Zollfahndung und sieben Staatsanwaelte waren jüngst bei Durchsuchungen im Einsatz. Töpfer soll in den Jahren 2000 bis 2006 gut ein Drittel Milliarde erschwindelt haben, indem preiswerter Rohrzucker aus dem Ausland eingefuehrt und mit subventionsberechtigtem deutschen Rübenzucker vermischt wurde. Fuer diese Mischung wurde dann bei der Ausfuhr die volle Subvention bezogen. Der Betrug fiel auf, weil Mengen abgerechnet wurden, die das Fassungsvermögen des Lagerhauses von August Töpfer im Hamburger Hafen bei weitem übersteigen.
Aufschlussreich ist ferner, dass Deutschlands größte Molkerei, Nordmilch, mit 22 Millionen Euro auf der Liste steht. Deutsches Milchpulver wird aufgrund der hohen Subventionen z.B. in Kamerun preiswerter angeboten als die lokal erzeugte Milch. Diese Handelspolitik führt dazu, dass lokale Märkte in Entwicklungsländern zerstört und zentrale entwicklungspolitische Ziele unterlaufen werden. Gleichzeitig gehört Nordmilch zu den Molkereien, die den hiesigen Bauern die niedrigsten Milchpreise zahlen.
Eine Woche nach der gerichtlich erstrittenen Freigabe der Exportsubventionen wurden dann auch die Direktzahlungen ins Internet gestellt. Sie sind zugänglich auf der Seite www.agrar-fischerei-zahlungen.de. Wiederum zeigt sich, dass es nicht die Landwirte sind, die das meiste Geld erhalten, sondern Unternehmen wie Südzucker, Emsland-Stärke oder auch branchenfremde Unternehmen wie RWE. Auch Golfplätze gehoeren zu den Empfängern.
Ebenfalls gut vertreten ist der Landadel, der nach wie vor über große Flächen verfügt: So gehen 1.3 Millionen Euro an den Grafen von Westphalen und 600.000 Euro an den Prinzen von Schleswig-Holstein. Zu den Nutzniessern gehören auch die Spitzenfunktionäre des Deutschen Bauernverbandes, der seine Mitglieder aufgerufen hatte, gegen die Veröffentlichung zu klagen: 162.000 Euro gingen beispielsweise an den schleswig-holsteinischen Verbandschef Werner Schwarz, 117.000 Euro an seinen saarländischen Amtskollegen Klaus Lafontaine.
Insgesamt machen die Agrarsubventionen fast die Hälfte des EU-Budgets aus. Allein in Deutschland werden jährlich fast sechs Milliarden Euro verteilt. Aus diesem Grund galt die Offenlegung der Agrarzahlungen seit Jahren als Paradeprojekt einer europaweiten Transparenzbewegung von NGOs und Journalisten.

Link zur Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung: Zahlungen aus den Europäischen Fonds für Landwirtschaft und Fischerei.