Informationsfreiheit bezeichnet das Prinzip, dass grundsätzlich alle Unterlagen öffentlicher Stellen für jeden zugänglich sind. Eine persönliche Betroffenheit desjenigen, der Informationen haben möchte, oder auch nur eine Antragsbegründung sind nicht erforderlich. Das Informationsfreiheitsgesetz kehrt damit das bisher gültige Rechtsprinzip der “Amtsverschwiegenheit” um: Statt vom Prinzip der Geheimhaltung wird vom Prinzip der Öffentlichkeit ausgegangen. Falls eine Behörde der Meinung ist, Informationen aufgrund von Ausnahmeklauseln nicht herausgeben zu dürfen, so liegt die Begründungspflicht bei ihr.
Als das IFG des Bundes zum Jahresbeginn 2006 in Kraft getreten ist, markierte es für die damalige Zeit einen deutlichen Fortschritt gegenüber der alten Gesetzeslage: Mit dem Abschied vom Prinzip des “Amtsgeheimnisses” wurde eine grundlegende Kulturveränderung in der Verwaltung eingeleitet. Allerdings wird der Grundgedanke der Transparenz von Beginn an durch zahlreiche und sehr breit gefasste Ausnahmeregelungen gefährdet. Das Gesetz geht nicht annähernd so weit, wie von den Befürworter*innen der Informationsfreiheit erhofft und wie schon damals von Netzwerk Recherche gefordert. Dies gilt neben den Ausnahmen zum Schutz von Behördeninteressen z.B. auch für die Regelung bei den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen: Hier kann ein betroffenes Unternehmen im Alleingang entscheiden, ob Informationen freigegeben werden oder nicht. Dem internationalen Standard würde es dagegen entsprechen, der Behörde nach Anhörung der Betroffenen die Entscheidung zu überlassen. So wäre eine Güterabwägung möglich zwischen den Interessen der Öffentlichkeit auf der einen Seite und den Interessen der Firmen auf der anderen. Auch die Antwortfrist ist nur in Form einer “Soll-Bestimmung” geregelt und damit wenig bürgerfreundlich ausgefallen. Das hat sich in den letzten Jahren immer wieder bei journalistischen Recherchen sehr negativ ausgewirkt, wenn die Behörden erstmal auf Zeit gespielt haben, während die Redaktionen schnell Informationen benötigten.
Netzwerk Recherche und andere zivilgesellschaftliche Organisationen drängen deshalb darauf, das alte IFG zu einem modernen Transparenzgesetz mit automatischen Veröffentlichungspflichten weiterzuentwickeln. Mit einem eigenen Gesetzesvorschlag für ein fortschrittliches Transparenzgesetz hat die Zivilgesellschaft im Herbst 2022 die Bundesregierung beim Wort genommen, die im Koalitionsvertrag eine solche Regelung verspricht. Hier wiederholt sich die Geschichte: Auch das IFG kam 2005 erst auf Druck der verschiedenen Verbände und engagierter Parlamentarierinnen und Parlamentarier zustande.
Leider enthält das Gesetz viele und sehr breit angelegte Ausnahmeregelungen. Geschützt bleiben bestimmte öffentliche Interessen, z.B. wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen haben könnte auf die internationalen Beziehungen, auf sicherheitsempfindliche Belange der Bundeswehr, auf die innere oder äußere Sicherheit oder auf Kontrollaufgaben der Finanz-, Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden. Sofern laufende Gerichtsverfahren oder Behördenberatungen beeinträchtigt werden können, greift weiterhin das Geheimhaltungsprinzip. Die Geheimdienste sind komplett vom Auskunftsanspruch ausgenommen. Auch private Belange führen zu Ausnahmeklauseln, etwa wenn Konflikte mit dem Datenschutz auftreten oder wenn Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse einer privaten Firma berührt sind.
Ein besserer Informationszugang ermöglicht fundiertere Entscheidungen und stärkt die demokratischen Mitwirkungsmöglichkeiten. So war nicht einzusehen, warum im Zuge der Corona-Krise viele Millionenausgaben für Schutzmasken zunächst im Verborgenen getätigt wurden. Das Recht auf Akteneinsicht beugt so auch der Korruption vor, denn Transparenz ist das beste Mittel gegen den Missbrauch öffentlicher Gelder. Dabei ist es zu begrüßen, wenn nicht nur aus dem Journalismus den Ämtern auf die Finger geschaut wird, sondern auch durch zivilgesellschaftliche Organisationen oder einzelne engagierte Bürger*innen.
Das Informationsfreiheitsgesetz verbessert die Recherchemöglichkeiten, denn es erlaubt die Prüfung von Originalakten. Damit geht es weit über den Informationswert von mündlichen Auskünften durch Behörden-Pressestellen hinaus. Auch das generelle Klima der Offenheit, das mit dem Abschied vom “Amtsgeheimnis” gefördert wird, kommt der journalistischen Recherche zugute. Aus diesem Grund hat sich das Netzwerk Recherche zusammen mit dem Deutschen Journalisten-Verband (DJV) und der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union in ver.di sowie der Anti-Korruptionsorganisation Transparency International (TI) und der Bürgerrechtsvereinigung Humanistische Union (HU) für das IFG stark gemacht und im April 2004 einen eigenen Gesetzentwurf präsentiert, der über die jetzt verabschiedeten Regelungen deutlich hinausgeht.
Weltweit haben nach einer Erhebung der UNESCO aus dem Jahr 2019 schon 125 Staaten Informationsfreiheitsgesetze oder vergleichbare Regelungen eingeführt. Als das IFG des Bundes in Deutschland in Kraft trat, waren es auch bereits rund 50 Länder, die Bundesrepublik somit international ein Nachzügler. Innerhalb der OECD-Staaten gehörte Deutschland zu den letzten, die noch an obrigkeitsstaatlichen Geheimhaltungsregeln festhielten. In der erweiterten EU der 25 verzichten Ende 2005 außer Deutschland nur noch Luxemburg, Malta und Zypern auf die Informationsfreiheit. Vier Bundesländer (Brandenburg, Berlin, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen) hatten die Transparenzverpflichtung allerdings schon zwischen 1998 und 2002 auf Landesebene umgesetzt – und damit gute Erfahrungen gemacht. Jetzt, Stand 2023, verfügen alle bis auf zwei Bundesländer über ein IFG oder eine weitergehende gesetzliche Regelung, die auch automatische Veröffentlichungspflichten enthält. Nur Niedersachsen und Bayern präsentieren sich weiterhin als weiße Flecken auf der IFG-Landkarte.
Alle Erfahrungen zeigen, dass die Bürger*innen sehr zielgerichtet und verantwortungsbewusst mit dem Informationsrecht umgehen. Weder im Ausland noch in den deutschen Bundesländern ist es zu der von Kritikern oft heraufbeschworenen “Antragsflut” gekommen. Im Gegenteil: Es hat sich gezeigt, dass die Anträge überwiegend sehr naheliegende und für die Öffentlichkeit wichtige Fragen betreffen – auf Landesebene vor allem zu Bauvorhaben. Und die Politik hat auch immer die Option, bei steigendem Interesse an Informationen der Verwaltung einen Weg zu wählen, der Verwaltungsmodernisierung und mehr Transparenz kombiniert: Transparenzgesetze schreiben vor, bestimmte Unterlagen, z.B. Gutachten und Studien, Unterlagen zu größeren Bauplanungen oder Verträge der öffentlichen Hand ab einer bestimmten Größenordnung automatisch im Internet zu veröffentlichten. Seit über zehn Jahren macht Hamburg mit seinem Transparenzgesetz gute Erfahrungen und gilt bundesweit als Vorbild. Dank der Veröffentlichungen im Transparenzregister kann in Hamburg jede Person an Verwaltungsinformationen gelangen, ohne dass eine Behörde mit Anträgen beschäftigt wird. Und auch die Verwaltung selbst nutzt in Hamburg diese Form des Informationszugriffs gerne, weil es einfacher ist, als Akten hin und her zu schieben. Eine klug umgesetzte Transparenzstrategie kann so zum Treiber der Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung werden.
Die Form kann von der*dem Antragsteller*in selbst bestimmt werden und reicht von der Akteneinsicht über die Zusendung von Kopien bis zur Herausgabe von elektronisch gespeicherten Daten. Das Wahlrecht darf nur beschränkt werden, wenn die gewählte Form unverhältnismäßigen Aufwand verursachen würde – z.B. wenn ein Dokument nur als Akte vorliegt und für die elektronische Zusendung extra eingescannt werden müsste.
Nur mündliche und einfache schriftliche Auskünfte (inklusive weniger Kopien) sind kostenfrei. Ansonsten können Gebühren für den Arbeitsaufwand der Behörde und Sachauslagen (z.B. für Kopien 0,10 Euro pro DIN A4-Seite) in Rechnung gestellt werden. Die Akteneinsicht im Amt kann je nach Dauer und Vorbereitungsaufwand der Behörde mit 15 bis 500 Euro zu Buche schlagen. Details der Gebührenordnung, die leider sehr abschreckend und wenig bürgerfreundlich ausgefallen ist, sind hier nachzulesen.
Der Gebührenhöchstsatz liegt demnach in außergewöhnlich aufwändigen Fällen bei 500 Euro. Weil die Gebühr sich immer auf den Arbeitsaufwand bezieht, die Kosten für Kopien aber noch als Sachauslage hinzugerechnet werden, kann bei vielen Kopien der Satz von 500 Euro auch überschritten werden. Das Netzwerk Recherche wird sehr genau beobachten, ob die Behörden wirklich nur im Ausnahmefall die Gebührenobergrenze ausschöpfen. Selbst wenn dies nur selten geschehen sollte, sind wir der Meinung, dass die vorliegende Gebührenordnung dringend nachgebessert werden muss, so dass z.B. die Akteneinsicht im Amt grundsätzlich kostenfrei bleibt.
Antragsteller*innen sollten sich, wenn immer möglich, auf § 2 der Gebührenordnung berufen, wonach bei Bedürftigkeit oder aus Gründen des öffentlichen Interesses die Gebühr auf die Hälfte ermäßigt und in besonderen Fällen auch erlassen werden kann. Wer als Journalist*in recherchiert, kann unserer Meinung nach im Regelfall ein besonderes öffentliches Interesse an der Information geltend machen, sich also auf § 2 berufen. Außerdem ist es sinnvoll, im Antrag bereits anzugeben, dass um Rücksprache gebeten wird, sollten für die Bearbeitung Kosten entstehen die jenseits eines vertretbaren Satzes liegen (z.B. Rücksprache, falls mehr als 30 Euro an Gesamtkosten zu erwarten sind).
Die Informationen müssen laut Gesetz “unverzüglich” zugänglich gemacht werden, worunter Jurist*innen allerdings nicht “sofort” verstehen, sondern “ohne schuldhaftes Zögern”. Es handelt sich also um einen dehnbaren Begriff, der im Gesetz ergänzt wird um die Formulierung “der Informationszugang soll innerhalb eines Monats erfolgen”. Leider ist auch diese Soll-Bestimmung keine definitive Frist, so dass es in der Praxis bei umfangreichen Anträgen oder wenn Dritte angehört und geschützte Daten aussortiert werden müssen, zu Bearbeitungszeiten von mehreren Wochen und Monaten kommen kann. Die Verwaltung hatte sich im Gesetzgebungsverfahren energisch gegen enge Antwortfristen gesträubt, obwohl Behörden den Bürger*innen regelmäßig solche Fristen setzen. Netzwerk Recherche hat deshalb diese Regelung im Gesetz deutlich kritisiert. In der Praxis wird es darauf ankommen, dass die Antragsteller*innen die Behörde von der Dringlichkeit ihres Anliegens überzeugen und den Bearbeitungsprozess möglichst durch eindeutig formulierte und von vornherein richtig adressierte Anfragen beschleunigen. Dies kann z.B. geschehen, indem man anhand einer telefonischen Vorrecherche ermittelt, wo genau die Information vorhanden ist, die man sucht, wie umfangreich die Unterlagen sind und wie man den Antrag so stellt, dass die Sachbearbeiter *innen genau wissen, was gesucht wird.