Leuchtturmpreisträger 2011: FAZ und FAS
Redner: Markus Grill, Vorstand Netzwerk Recherche
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Netzwerk Recherche vergibt jedes Jahr einen Leuchtturm für herausragende publizistische Leistungen. In diesem Jahr zeichnen wir erstmals nicht eine besondere investigative Leistung aus, sondern eine Redaktion für ihre unbestechliche Haltung in einer ganz bestimmten Frage zu einem ganz bestimmten Moment. Der Leuchtturm des Netzwerks Recherche geht in diesem Jahr an die Redaktionen des Frankfurter Allgemeinen Zeitung und der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung für ihre Berichterstattung in der Guttenberg-Affäre. Die beiden Redaktionen haben über die Plagiate des damaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg so scharf und hartnäckig klassisch bürgerliche Werte wie Leistung und Ehrlichkeit verteidigt wie kein anderes Blatt. Sie mussten deshalb einem Sturm von Teilen der eigenen, Guttenberg-begeisterten Leserschaft standhalten und Abokündigungen hinnehmen. Dass zu Guttenberg ausgerechnet in dieser Woche sein Comeback über die Medien vorbereitet, verschafft der Auszeichnung am heutigen Abend eine ungeplante Aktualität.
Es mag Sie vielleicht überraschen, dass ein Verein investigativer Journalisten wie das Netzwerk eine Redaktion für ihre Haltung auszeichnet. Aber Recherche und Haltung gehören zusammen, sie bedingen sich gegenseitig. Es gehört zu den verbreiteten, aber dennoch falschen Bequemlichkeiten im Journalismus, sich damit zu begnügen, dass bei der Recherche eines Sachverhalts die Wahrheit angeblich irgendwo in der Mitte liegt. Dort liegt sie meistens nicht. Nur wer sich nicht mit PR-Floskeln und vorgekauten Informationen abspeisen lässt, wer tief in einen Sachverhalt einsteigt, wer also hartnäckig recherchiert, kann auch zumindest für sich entscheiden, was richtig und falsch ist. Und dies wiederum treibt ihn bei der Recherche an, Hindernisse zu überwinden und weiter zu bohren.
Die Laudatio auf die Preisträger des heutigen Abends wird ein Journalist halten, dem, wenn ich es recht sehe, bisher zumindest noch niemand einen Mangel an Haltung vorgeworfen hat. Freuen Sie sich mit mir auf Hans-Uli Jörges, den Mann aus der Chefredaktion des “stern”.