Medienpolitik für einen starken Journalismus 

Forderungen von Netzwerk Recherche e.V. zur Bundestagswahl 2025

Wenn der Journalismus seine öffentliche Aufgabe in der Demokratie erfüllen soll, braucht er stabile Rahmenbedingungen. Durch das vorzeitige Ampel-Aus sind jedoch wichtige Reformen liegen geblieben. Netzwerk Recherche appelliert an die Politik, nach der vorgezogenen Bundestagswahl am 23. Februar 2025 den Journalismus zu stärken.

1) Pressefreiheit garantieren

Pressefreiheit ist keine Selbstverständlichkeit. Auch in Deutschland gerät sie immer wieder unter Druck – sei es durch gewalttätige Angriffe auf Journalist:innen, durch Hass und Hetze, durch die Ausweitung staatlicher Überwachungsbefugnisse oder durch schrumpfende Pressevielfalt. Netzwerk Recherche erwartet von der künftigen Bundesregierung, dass sie die Pressefreiheit als einen Grundpfeiler unseres Gemeinwesens und als Voraussetzung für investigative Recherchen garantiert und stärkt.

2) Presserechtlichen Auskunftsanspruch stärken

Der presserechtliche Auskunftsanspruch gegenüber Bundesbehörden ist seit einer Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2013 nur noch durch Richterrecht normiert. Um Rechtssicherheit und Klarheit für die tägliche journalistische Recherche zu schaffen, ist daher die Normierung in einem eigenen Bundespressegesetz geboten, wie es bereits im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung angekündigt, aber letztlich nicht umgesetzt wurde. Dabei ist ein umfassender Anspruch erforderlich, da die parallel bestehenden Recherchewege über die Informationsfreiheitsgesetze für journalistische Zwecke im Regelfall zu lange dauern und im Gegensatz zum presserechtlichen Anspruch mit hohen Kosten verbunden sein können. Auch ist auf einen modernen Medienbegriff zu achten, der die Vielfalt journalistischer Arbeit jenseits der klassischen Presse berücksichtigt.

3) Informationsfreiheit stärken, Bundestransparenzgesetz umsetzen

Durch mehr Transparenz wird das Vertrauen in staatliche Institutionen gestärkt und die Voraussetzung für eine konstruktive Teilnahme am demokratischen Diskurs geschaffen. Das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag der Ampel, die bestehenden Informationszugangsgesetze in einem Transparenzgesetz zusammenzufassen und weiterzuentwickeln, bleibt daher eine überfällige Aufgabe: Der moderne Standard ist nicht mehr die umständliche Informationsfreigabe auf Antrag, sondern die automatische Veröffentlichung von möglichst vielen Informationen der öffentlichen Stellen im Netz. Ein Transparenzgesetz des Bundes erleichtert nicht nur die faktenbasierte und hintergründige Berichterstattung aus Primärquellen, es kann zugleich der Katalysator sein für eine Modernisierung der Verwaltung hin zu Digitalisierung und Open Data-Anwendungen. Die neue Bundesregierung kann sich dabei auf die Vorarbeiten im Bundesinnenministerium stützen sowie auf einen detaillierten zivilgesellschaftlichen Gesetzentwurf zurückgreifen.

4) Gemeinnützigen Journalismus absichern

Wo die klassischen Geschäftsmodelle des Journalismus erodieren, bietet der gemeinnützige Journalismus die Chance auf die Entwicklung neuer Konzepte. Vorbilder in Europa zeigen, wie investigative Medien-Startups als Nonprofit-Organisationen den aufklärerischen Journalismus stärken. Die im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung versprochene Rechtssicherheit für den gemeinnützigen Journalismus in Deutschland wurde allerdings bislang nicht realisiert. Gemeinsam mit dem Forum Gemeinnütziger Journalismus fordert Netzwerk Recherche, den gemeinnützigen Journalismus durch eine Änderung der Abgabenordnung abzusichern.

5) Medienvielfalt bewahren

Unsere unabhängige und vielfältige Medienlandschaft ist eine zentrale Voraussetzung für den investigativen Journalismus. Die aktuelle Wüstenradar-Studie zur Verbreitung der Lokalzeitungen in Deutschland warnt jedoch vor einer zunehmenden Verödung, gerade in der Lokalberichterstattung. Netzwerk Recherche fordert von der Medienpolitik, staatsferne Maßnahmen zur Sicherung der Medienvielfalt zu entwickeln, damit sich in Deutschland keine Nachrichtenwüsten entwickeln.

6) Öffentlich-rechtlichen Rundfunk zukunftssicher gestalten

Über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird nicht nur in Deutschland gestritten. In Liechtenstein steht er nach einer Volksinitiative vor dem Aus, in Österreich soll er womöglich nach dem Vorbild Ungarns umgebaut und auf einen „Grundfunk“ reduziert werden. Auch in Deutschland entwerfen Parteien in ihren Wahlprogrammen ähnliche Szenarien. Netzwerk Recherche betont, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk ein wichtiger Pfeiler unserer Medienordnung bleiben und seine Finanzierung weiterhin hinreichend gesichert sein muss. Bei allen erforderlichen Strukturreformen sind die Ressourcen für aufwändige Recherchen und Informationsangebote in den Sendern zu sichern. Politische Einflussnahme auf die Sender und auf die Beitragsfestsetzung hat zu unterbleiben.