Liebe Kolleg:innen,

die NR24 ist Geschichte und wir sind geschafft, aber glücklich. Unter dem Motto „Now is the Time – Recherchen für die Demokratie” fand vor fast zwei Wochen unsere diesjährige Jahreskonferenz beim NDR in Hamburg statt – mit hunderten Teilnehmenden und mehr als 100 Veranstaltungen. Wir möchten unserem Gastgeber, dem NDR, allen Beteiligten und Unterstützer:innen herzlich danken.

Ein besonderer Höhepunkt war die erstmalige Vergabe eines Preises für herausragende Klimaberichterstattung, den wir gemeinsam mit dem Netzwerk Klimajournalismus Deutschland verliehen haben.

Eindrücklich in Erinnerung bleiben werden auch die beiden Keynotes. Gilda Sahebis Plädoyer für eine stärkere (Selbst-)Reflexion: „Ich habe das Gefühl, dass wir zu oft nicht die Wahrheit wissen wollen, sondern uns mit Fakten zufrieden geben“ und die Berichte von ARD-Moskau-Korrespondentin Ina Ruck über ihre Arbeit in Russland, die durch die aktuelle Verurteilung des Wall-Street-Journal-Reporters Evan Gershkovich zu 16 Jahren Lagerhaft eine besondere Brisanz erhielten. In unserer Konferenzzeitung „Nestbeschmutzer” und bei einer spontanen Solidaritätsaktion von fast zweihundert Teilnehmenden wurde das skandalöse Urteil ebenfalls aufgegriffen.

Für uns vom Netzwerk Recherche waren die Tage auch emotional: Wir waren zu Tränen gerührt, als wir Günter Bartsch für seine langjährige Arbeit als Geschäftsführer dankten.

Für diejenigen, die nicht an der Jahreskonferenz teilnehmen konnten, haben wir weiter unten einige Fotos, ausgewählte Mitschnitte und den aktuellen „Nestbeschmutzer“ verlinkt. Außerdem haben wir im Rahmen unseres Projekts „Fragen und Antworten – Auskunftsrechte kennen und nutzen“ drei aktuelle Recherche-Tipps für euch zusammengestellt und verlinkt.

Wir freuen uns auf die NR25 und darauf, weiter mit euch im Austausch zu bleiben.

Eure
Annelie Naumann

Annelies Tipps des Monats

Neues Handbuch zum Auskunftsrecht

Mit dem Praxishandbuch von NR bieten wir einen kompakten Überblick, welche Rechte auf Auskunft und Akteneinsicht Journalist:innen gegenüber Behörden haben, inklusive Tipps, wie man die Anträge formuliert und was zu tun ist, wenn die Ämter mauern. In einem zweiten Teil liefern erfahrene Praktiker:innen Anwendungsbeispiele, auch als Anregung für eigene Recherchen. Das Handbuch gibt es kostenlos zum Download.

Datenbank Argumente für eure Auskunft

Wer unsicher ist, wie man mit einer abblockenden Behörde juristisch umgehen kann, ohne gleich anwaltliche Unterstützung zu suchen, wird hier fündig: Die Datenbank, die FragDenStaat erstellt hat, macht zentrale Gerichtsentscheidungen zum Auskunftsrecht nach Stichworten durchsuchbar. Die Formulierungen aus den Urteilen lassen sich so als Argumente nutzen oder in die Korrespondenz einfügen.

Anfragen nach dem Landespressegesetz über FragDenStaat möglich

Bisher waren über FragDenStaat nur Anträge nach dem Informationsfreiheitsgesetz, dem Umweltinformationsgesetz oder dem Verbraucherinformationsgesetz möglich. Nun funktioniert das Portal auch für Anfragen auf der Basis der Landespressegesetze. Das ist vor allem dann hilfreich, wenn für journalistische Recherchen Abfragen bei sehr vielen Behörden oder in zahlreichen Bundesländern gemacht werden sollen.

Teilnehmer:innen der NR24 solidarisieren sich mit Evan Gershkovich. Foto: Nick Jaussi

Aus dem Netzwerk Recherche

Das war die NR24

In unserer Konferenzzeitung Nestbeschmutzer könnt ihr u. a. die dramatische Wendung im Fall Evan Gershkovich nochmal nachlesen. Außerdem gibt’s hier bald die Fotos von unserem Konferenzwochenende und hier die Mitschnitte der Panels. Außerdem haben wir auf der Mitgliederversammlung eine neue Leitlinie Journalismus und PR beschlossen.

Leuchtturm für Correctiv-Recherche „Geheimplan gegen Deutschland“

Netzwerk Recherche verleiht den Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen 2024 an das Medienhaus Correctiv. Die gemeinnützige Rechercheplattform hatte im Januar dieses Jahres unter dem Titel „Geheimplan gegen Deutschland“ über ein geheimes Treffen von Rechtsextremen in einer Potsdamer Villa berichtet. Stellvertretend für das gesamte Team wurden Marcus Bensmann, Justus von Daniels, Anette Dowideit, Jean Peters, Gabriela Keller und Mohamed Anwar ausgezeichnet. Die Verleihung mit der Laudatio der Autorin Özge Inan gibt es hier zum Gucken.

Verschlossene Auster an Verkehrsminister Wissing

Netzwerk Recherche verleiht die „Verschlossene Auster“ für den Informationsblockierer des Jahres an Volker Wissing und das Bundesverkehrsministerium. Wissing erhält den Negativpreis für seinen problematischen Umgang mit Recherchen des Handelsblatt-Reporters Daniel Delhaes zu Interessenkonflikten in seinem Ministerium. Die Laudatio des Spiegel-Reporters Serafin Reiber gibt es hier als Video und Text, die Antwort des Bundesverkehrsministeriums hier. Und eine Übersicht der bisherigen Preisträger:innen gibt es hier.

Grow & Greenhouse Fellowship

Bis zum 8. September könnt ihr euch noch für unsere beiden laufenden Ausschreibungen bewerben. Mit dem Grow-Stipendium unterstützen wir Gründer:innen mit einer Anschubfinanzierung, individuellen Coachings und maßgeschneiderten Workshops dabei, spannende journalistische Projekte umzusetzen. Mit dem Greenhouse Fellowship ermöglichen wir in diesem Jahr eine Recherche zu der Frage, warum Journalist:innen ihren Beruf an den Nagel hängen – und was sich dagegen unternehmen lässt. Beide Förderprogramme werden durch die Schöpflin Stiftung ermöglicht.

Inspiration Day

Mit dem Inspiration Day am 10. Oktober in Potsdam bringen NR und das Medieninnovationszentrum Babelsberg (MIZ) Innovationen zu Journalist:innen. Der kostenlose Praxistag richtet sich an alle, die mit der Produktion von medialen Inhalten zu tun haben, und bietet acht Workshops an, in denen innovative Ansätze und Technologien präsentiert und weiterentwickelt werden. Mit dabei sind jeweils drei Förderprojekte vom MIZ und NR und zwei geförderte Projekte der mabb, die allesamt neuartige Ansätze, Inhalte, Methoden und technische Lösungen für den Medienbereich entwickeln. Jetzt anmelden!

Eigenanzeige

GIJN Deutsch

Internationale Recherche des Monats: The killing of Hind Rajab

In enger Zusammenarbeit mit Journalist:innen von Al Jazeera Media Network Fault Lines und Earshot hat Forensic Architecture die Umstände eines Todesunglücks in Gaza untersucht: dabei kam das sechsjährige Mädchen Hind Rajab, ihre vier Cousins, ihre Tante und ihre Onkel sowie zwei Sanitäter, die zu ihrer Rettung kamen, ums Leben. Mittels 3D-Modelling, Audio-Analyse, Geolocation und Image Complex versuchen die Reporter:innen, die Recherchefragen zu beantworten. Zur Rekonstruktion geht es hier.

Global Investigative Journalism Conference 2025 (GIJC) goes Malaysia

Die #GIJC25 wird in Malaysia stattfinden! Das GIJN freut sich auf eine vielversprechende Kooperation mit dem Investigativmedium Malaysiakini und eine spannende Konferenz. Die genauen Daten sowie die Möglichkeit zur Einreichung von Sessions wird noch bekanntgegeben.

Nachrichten

Politikjournalist:innen für Forschungsinterviews gesucht

Für die Studie „Virtual Battlefields“ sucht die Uni Hamburg Politikjournalist:innen, die auf Plattformen wie X, Zoom oder WhatsApp mit anderen Menschen in einem politischen Konflikt stehen. Ziel der Untersuchung ist es, Unterschiede zwischen digitalen und analogen Konflikträumen zu identifizieren und zur Verbesserung der Online-Diskurskultur beizutragen. Wer zu einem etwa einstündigen Forschungsinterview bereit ist, meldet sich bitte per Mail bei Dr. Niclas Rautenberg. Mehr Infos zum Projekt findet ihr hier.

Engagiert und gefährdet

Wer sich in Sachsen für die Demokratie engagiert, setzt sich einem besonderen Risiko aus: Aktive in der politischen Bildung werden immer wieder zum Angriffsziel von rechten Akteuren. Das neue Arbeitspapier der Otto Brenner Stiftung untersucht, welches Ausmaß die Angriffe auf die politische Bildung in Sachsen haben und wie sie den Alltag der Betroffenen beeinflussen.

Bessere Bedingungen für gemeinnützige Medienprojekte

Die Bundesregierung will die Bedingungen für gemeinnützigen Journalismus verbessern. Dafür ändert sie jedoch nicht die Abgabenordnung, die die steuerlich begünstigten Zwecke regelt. Stattdessen wird es einen Anwendungserlass geben, der gemeinnützige Medienprojekte anerkennt. Anna Biselli, Co-Chefredakteurin bei netzpolitik.org, kommentiert, warum es mehr als eine Interpretationshilfe für Finanzämter braucht.

EigenanzeigeGreenhouse Fellowship 2024 von Netzwerk Recherche und Schöpflin Stiftung: Adieu, Journalismus! Recherchen zum Ausstieg aus dem Beruf

Veranstaltungen, Preise & Stipendien

WPK-Innovationsfonds fördert Zukunftsideen

Der WPK-Innovationsfonds für Wissenschaftsjournalismus sucht „Pioniere, die im Wissenschafts- und Datenjournalismus neue Wege beschreiten wollen.“ Dafür bieten sie finanzielle und ideelle Förderung und Beratung. In der Förderlinie A (kleinere Ideen) könnt ihr bis zu 10.000 Euro beantragen und in der langfristigen Förderlinie B bis zu 75.000 Euro. Die Bewerbungsfrist endet am 22. August 2024.

Stipendium der Hapag-Lloyd Stiftung

Mit Stipendien in Höhe von 5.000 Euro fördert die Hapag-Lloyd Stiftung gezielt freie Journalist:innen, den berufsbegleitenden Master Digitaler Journalismus an der Hamburg Media School zu studieren. Die Bewerbungsfrist endet am 15. August 2024.

Hedwig-Dohm-Recherchestipendium für Nachwuchsjournalistinnen

Der Journalistinnenbund (jb) möchte gezielt Nachwuchsjournalistinnen mit dem Hedwig-Dohm-Recherchestipendium unterstützen. Die Bewerberin soll ein journalistisches Vorhaben zu einem Thema mit geschlechtergerechter und gesellschaftlicher Relevanz verfolgen. Das Stipendium ist mit 2.000 Euro dotiert. Die Bewerbungsfrist endet am 1. September 2024.

Tutzinger Radiotage: Programm online

Das Programm zu den diesjährigen Tutzinger Radiotagen „Zwischen Fakten und Emotionen: Journalismus in angespannten Zeiten“ ist online gegangen. Die Panels und Workshops finden vom 9. Bis zum 11. September 2024 statt.

Fortbildungen

Zum Schluss

Offizielle Verabschiedung von Günter Bartsch auf der NR24. Foto: Nick Jaussi

Danke, Günter!

Emotionaler Auftakt zum zweiten Konferenztag. Nach 14 Jahren als NR-Geschäftsführer haben wir den wunderbaren Günter Bartsch verabschiedet. Sein Nachfolger und langjähriger Wegbegleiter Thomas Schnedler sagt völlig zurecht: Wir können uns NR ohne Günter noch gar nicht so richtig vorstellen. Wir verneigen uns und sagen: Danke, Günter!