Journalistinnen und Journalisten nicht länger als „Landesverräter“ verfolgen

Die Antikorruptionsorganisation Transparency Deutschland und die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche haben die deutsche Bundesregierung aufgefordert, Konsequenzen aus dem umstrittenen Vorgehen der britischen Justiz gegen Julian Assange zu ziehen. Journalistinnen und Journalisten dürfen auch hierzulande nicht länger als „Landesverräter“ strafrechtlich verfolgt werden, wenn sie vom Staat als geheim eingestufte Dokumente veröffentlichten. Die Bundesregierung sollte darüber hinaus die britische Regierung zu einer Freilassung Assanges drängen.

Dazu Ulrike Fröhling, Leiterin der Arbeitsgruppe Transparenz in den Medien von Transparency Deutschland: „Die grundrechtlich geschützte Freiheit der Presse darf nicht dadurch untergraben werden, dass der Staat Journalisten wegen Beihilfe zum Landesverrat verfolgt, wenn sie als geheim eingestufte Dokumente veröffentlichen. Staatliches Handeln muss grundsätzlich öffentlich sein und wir brauchen klare gesetzliche Ausnahmeregeln, unter welchen Voraussetzungen Informationen geheim gehalten werden dürfen.“

„Der Fall Julian Assange betrifft uns alle“, so Julia Stein, Vorsitzende von Netzwerk Recherche.  „Denn Missstände aufzudecken, ist eine zentrale Aufgabe der Medien. Julian Assange hat mit Wikileaks bewiesen, dass die US-Regierung den Bürgern nicht die Wahrheit über den Krieg gesagt hat. Dies öffentlich zu machen, war unerlässlich. Wenn diejenigen wegen Spionage verfolgt werden, die Journalisten Material über gravierendes staatliches Fehlverhalten übermitteln, ist das ein Angriff auf die Pressefreiheit.“

Bereits im Jahr 2015 hatte der damalige Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) eine Gesetzesreform angekündigt, damit Journalisten nicht mehr wegen Beihilfe zum Landesverrat bestraft werden können. Bislang bleiben nach § 353b StGB zur Verletzung des Dienstgeheimnisses Journalisten straffrei, wenn sie sich auf die „Entgegennahme, Auswertung oder Veröffentlichung des Geheimnisses“ beschränken. Maas hatte sich seinerzeit dafür ausgesprochen, nicht nur beim Geheimnisverrat, sondern auch beim Landesverrat Beihilfe straffrei zu stellen. Er zog damit die Konsequenz aus dem Skandal um die Internetplattform Netzpolitik.org, leider ist seit seiner Ankündigung nichts passiert.

„Wenn Regierungen Menschenrechtsverstöße zum Staatsgeheimnis erklären, ist eine freie Presse unverzichtbar“, so Helena Peltonen-Gassmann, Stellvertretende Vorsitzende von Transparency Deutschland. „Wir haben sowohl beim Fall Assange als auch bei der britischen Hinweisgeberin Katherine Gun gesehen, dass selbst demokratisch gewählte Regierungen illegitime Vorgänge zu verschleiern versuchen, in dem sie diese zu Staatsgeheimnissen erklären. Zur Aufdeckung von Missständen ist die Berichterstattung freier und unabhängiger Medien unverzichtbar – sie darf deshalb auch in Deutschland nicht länger mit Haftstrafen bedroht werden.“

Hintergrund

Die Plattform Netzpolitik.org hatte im Jahr 2015 Ausschnitte aus einem als „Verschlusssache“ eingestuften Bericht des Bundesamtes für Verfassungsschutz veröffentlicht. Darin ging es um den Aufbau einer neuen Einheit zur Überwachung des Internets, die Verbindungen und Profile von Radikalen und Extremisten in sozialen Netzwerken wie Facebook analysieren und überwachen soll. Der damalige Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz Hans-Georg Maaßen hatte daraufhin Strafanzeige erstattet und Generalbundesanwalt Harald Range ein Ermittlungsverfahren wegen Landesverrats gegen die Journalisten Andre Meister und Markus Beckedahl eröffnet. Das Verfahren war damals nach massiven Protesten eingestellt und Generalbundesanwalt Range entlassen worden.