Netzwerk Recherche ehrt Can Dündar

 

Hamburg/Berlin, 27. Juni 2016

Can Duendar (tuerkischer Journalist, Dokumentarfilmer und Buchautor) spricht in der Pressekonferenz von Reporter ohne Grenzen„Der Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen“ der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche geht in diesem Jahr an Can Dündar. Der Chefredakteur der türkischen Zeitung Cumhuriyet wird für die mutigen Recherchen seiner Zeitung sowie für seinen Kampf um die Pressefreiheit ausgezeichnet. Obwohl ihm knapp sechs Jahre Haft drohen, kämpft er weiter für die Meinungsfreiheit in der Türkei. Das Netzwerk Recherche ehrt mit dem Preis an Dündar auch die gesamte Redaktion seiner Zeitung.

Vergeben wird der „Leuchtturm“ im Rahmen der zweitägigen Jahrestagung von Netzwerk Recherche beim NDR in Hamburg. Die Verleihung findet am Freitag, 8. Juli 2016, um 16.30 Uhr statt. Can Dündar wird persönlich anwesend sein. Die Laudatio wird der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, halten.

Wir haben Can Dündar bereits vor wenigen Tagen getroffen und ihm gratuliert. Hier das Interview mit Can Dündar zur Auszeichnung und zur Wirkung des Preises.

„Der Mut und die Standhaftigkeit Can Dündars und seiner Kolleginnen und Kollegen verdienen größte Anerkennung und auch Unterstützung“, sagt Julia Stein, Vorsitzende des Netzwerk Recherche. „Er lässt sich nicht einschüchtern, er trotzt der politischen Repression und hat keine Angst vor dem Gefängnis. Can Dündar kämpft unter schwierigsten Umständen für die Pressefreiheit.“ Für Can Dündar sendet der Erhalt des Leuchtturm Preises eine starke Nachricht an seine Kollegen und die Regierung. Er bedankt sich „für die Unterstützung und Hilfe gegen die staatliche Unterdrückung.“

Ein Gericht in Istanbul verurteilte Anfang Mai Dündar und seinen Kollegen, den Hauptstadtkorrespondenten Erdem Gül. Sie hatten über geheime Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes an Islamisten in Syrien berichtet, was die türkische Justiz als Geheimnisverrat bewertete. Dündar soll für fünf Jahre und zehn Monate ins Gefängnis, Gül für fünf Jahre. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.

Staatspräsident Erdogan hatte die beiden Journalisten angezeigt. In der Anklageschrift wird behauptet, Dündar und Gül hätten sich „geheimer Regierungsdaten“ bemächtigt, um „politische und militärische Spionage“ zu betreiben und die Regierungsgeschäfte zu sabotieren. Der Sturz der Regierung sei Ziel der Journalisten gewesen. Dündar und Gül kamen im November 2015 in Untersuchungshaft. Drei Monate später erklärte das türkische Verfassungsgericht die Inhaftierung für rechtswidrig und ordnete ihre Freilassung an. Den Vorwurf der Spionage musste die Staatsanwaltschaft im Prozess fallen lassen.

Die Cumhuriyet ist eine der letzten unabhängigen Zeitungen in der Türkei. „Noch nie war es so schlimm wie heute“: So beschrieb Can Dündar kürzlich die Situation der Pressefreiheit in seinem Land. Er selbst äußerte auch im Prozess, der unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, offen seine Kritik an der Regierung und an Präsident Erdogan.

Neben dem „Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen“ vergibt das Netzwerk Recherche am zweiten Tag seiner Jahrestagung, am Samstag, 9. Juli 2016, eine weitere Auszeichnung. Traditionell würdigt die Journalistenvereinigung den „Informationsblockierer des Jahres“ mit der „Verschlossenen Auster“. Dieser Preisträger wird erst am Tag der Verleihung bekanntgegeben.

„Journalismus heute – An der Grenze.“ So lautet der diesjährige Titel der Jahrestagung des Netzwerk Recherche. Journalistinnen und Journalisten aus Deutschland, Amerika, Großbritannien, der Ukraine, Island und weiteren Ländern werden zu Gast sein. Thematische Schwerpunkte sind der mediale Umgang mit Populisten, die Flüchtlingskrise, die Panama Papers, die Finanzierung von Journalismus sowie viele Veranstaltungen zum journalistischen Handwerk wie Recherche, Presserecht und Datenjournalismus. Auch Hamburgs Erster Bürgermeister, Olaf Scholz, wird sich der Diskussion stellen.