Informationsfreiheitsgesetz: Bürger dürfen nicht mit Gebührenkeule auf Distanz gehalten werden
Die Journalistenorganisation Netzwerk Recherche kritisiert die heute veröffentliche Gebührenverordnung zum Informationsfreiheitsgesetz. Der zulässige Kostenrahmen lädt nach Auffassung des Verbandes dazu ein, dass kooperationsunwillige Behörden die Bürger von der Wahrnehmung ihrer neuen Rechte abschrecken: „Ein Bürgerrecht darf nicht zur Sanierung der öffentlichen Kassen missbraucht werden“, forderte Dr. Manfred Redelfs, der Informationsfreiheitsexperte des Netzwerk Recherche. „Wir werden daher sehr genau beobachten, wie die Behörden das neue Gesetz anwenden, ob zum Beispiel die Gebührenobergrenze von 500 Euro wirklich nur in Ausnahmefällen ausgeschöpft wird.“
Das Informationsfreiheitsgesetz erleichtert seit dem 1. Januar den Zugang zu Informationen von Bundesbehörden. Grundsätzlich sind die Akten der Behörden jetzt öffentlich, d.h. jeder Bürger kann Auskunft begehren, Gutachten der Behörden anfordern oder selbst Akteneinsicht nehmen, ohne seinen Antrag begründen zu müssen. Die öffentlichen Stellen des Bundes dürfen die Informationen nur zurückhalten, sofern dies nach den im Gesetz definierten Ausnahmegründen erforderlich ist. „Leider ist der Katalog der Ausnahmen vom Grundsatz der Transparenz sehr lang ausgefallen. Dies ist der größte Schwachpunkt des Gesetzes“, so Redelfs. „Daran sieht man, wie erbittert der Widerstand der Verwaltung gegen diese überfällige Reform gewesen ist. Dass die Gebührenordnung erst veröffentlicht wird, nachdem das Gesetz schon in Kraft getreten ist, zeigt ebenfalls, dass es in der Verwaltung mehr Bremser als Förderer gegeben hat.“
Die Gebührenverordnung sieht vor, dass nur mündliche und einfache schriftliche Auskünfte sowie die Herausgabe weniger Kopien kostenlos sind. Für Kopien werden ansonsten 0,10 Euro pro DIN A4-Seite berechnet. Die Unterscheidung zwischen „Gebühren“ (für die Arbeit eines Behördenmitarbeiters) und „Auslagen“ (für Sachkosten) lässt zu, dass bei vielen Kopien Gesamtkosten von weit mehr als 500 Euro berechnet werden können. Außerdem ist es nach der heute veröffentlichen Gebührenordnung möglich, auch die Arbeitszeit der Behördenmitarbeiter in Rechnung zu stellen, die bei einer Akteneinsicht im Amt dabei sind. „Wenn man dieses Prinzip zu Ende denkt, könnte auch jemand auf die Idee kommen, die Kosten für den Hausmeister und den Stromverbrauch anteilig auf die Antragsteller umzulegen“, kommentiert Redelfs. Weil es beim Umweltinformationsgesetz immer wieder zum Missbrauch dieser Abrechnungsmöglichkeit gekommen war, hatte der Bundestag auf Druck der EU die Kostenverordnung beim Umweltinformationsgesetz ausdrücklich so gestaltet, dass für Akteneinsicht nicht bezahlt werden muss. Beim Informationsfreiheitsgesetz fehlt eine solche bürgerfreundliche Regelung. Für die Akteneinsicht inklusive der vorbereitenden Maßnahmen können Gebühren von 15 bis 500 Euro erhoben werden.
„Trotzdem ist das Informationsfreiheitsgesetz ein Fortschritt, denn endlich wurde der alte Zopf des Amtsgeheimnisses abgeschnitten“, bilanziert das Netzwerk Recherche. „Wir hätten uns zwar ein mutigeres Gesetz gewünscht. Aber jetzt kommt es darauf an, das neue Recht bekannt zu machen und es eifrig zu nutzen. Die Praxis muss erweisen, wie engstirning oder großzügig die Behörden mit dem Gesetz und der überzogenen Kostenregelung umgehen.“
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